Leihen statt kaufen: „Kleiderei“ eröffnet in Freiburg STADTGEPLAUDER | 25.06.2019 | Angela Woyciechowski

Kleidung leihen im Monats-Abo. Das ist ab Samstag in Freiburg möglich. Dann eröffnet Maria Schorn (Bild) in der Klarastraße die „Kleiderei“. Angela Woyciechowski hat mit der 32-Jährigen über Second Hand, Umweltschutz und einen gescheiterten Anlauf in Spanien gesprochen.

chilli: Maria, wie funktioniert die Kleiderei?

Schorn: Die Kleiderei ist ein Second-Hand- und Fair-Fashion-Laden. Mit der Besonderheit, dass man bei uns alles auch leihen kann. Keiner ist gezwungen, zu leihen. Das Leihen ist quasi die Kirsche auf der Sahne. 

chilli: Wie kann man mitmachen?

Schorn: Für einen monatlichen Beitrag von 29 Euro kann man bei uns Mitglied werden und sich dann immer vier Teile aus dem Laden gleichzeitig mit nach Hause nehmen. Die kann man so lange behalten wie man möchte. Oder sie austauschen, wenn man sich sattgesehen hat. Man kann auch jederzeit pausieren, alles ist sehr flexibel.

chilli: Warum ist leihen besser als kaufen?

Schorn: Die Bekleidungsindustrie ist der drittgrößte Umweltverschmutzer. Von den Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter ganz zu schweigen. Wer Kleider leiht, hat Abwechslung im Schrank ohne Ressourcen zu verschwenden. Es gibt schon wahnsinnig viel Kleidung im Umlauf und der Lebenszyklus ist einfach sehr kurz in den meisten Fällen. 

chilli: Vieles wird nicht oft getragen …

Schorn: Ja. Man kauft sich ein Teil für eine Saison. Danach verschwindet es im Schrank oder im Müll oder anderswo. Die Teile sind oft in perfektem Zustand, sogar manchmal noch mit Etikett dran. Hier setzten wir an und wollen die Textilien vor der Tonne retten! Durch gemeinschaftliches Nutzen können wir den Lebenszyklus verlängern und damit die Ressourcen schonen. Natürlich ist auch der Aspekt der Vielfalt wichtig: Ich habe es auch gerne, neue Sachen zu tragen, oder was anderes auszuprobieren und zu experimentieren. Aber jedes Mal neu kaufen und dann nur einmal tragen, ist halt nicht die Lösung. 

Schuhe, Schmuck, Taschen: Auch Accessoires können in der Kleiderei geliehen oder gekauft werden.

chilli: Was treibt dich an?

Schorn: Die Leidenschaft zur Mode und der Gedanke der Nachhaltigkeit. Zudem habe ich drei Kinder, denen ich gerne etwas mitgeben möchte. Als ich vor sieben Jahren nach Spanien gegangen bin, war ich ganz klassischer Konsument und habe mich immer verleiten lassen von den Angeboten und Trends. Doch dann habe ich festgestellt, dass ich etwas ändern muss. Außerdem hat mich die Flut meiner Kleider in meinem Kleiderschrank unter Druck gesetzt. Ich habe die „Kleiderei Köln“ entdeckt und beschlossen, ein Pendant in Barcelona, die Ropateca, zu gründen. Es liegt auf der Hand: Man teilt Autos, Wohnungen et cetera – warum nicht auch Kleidung? 

chilli: Die Ropateca musstest Du aufgeben. Woran lag das?

Schorn: Ich glaube, wir waren mit der Ropateca einfach zu früh dran. In Spanien ist die nachhaltige Modewelt noch nicht so stark angekommen wie in Nordeuropa. Und wir hatten schließlich einfach nicht genug Mitglieder. Es reichte als Selbständige zum Überleben, aber eben nicht zum Leben. 

chilli: Was tust Du dafür, dass die Kleiderei in Freiburg nicht scheitert?

Schorn: Ich bin auf jeden Fall mit viel Leidenschaft und Einsatz dabei. Ich schlage mir die Nächte um die Ohren momentan. Ich bin mir aber auch ganz bewusst dessen, dass Scheitern dazu gehört. Und ich muss sagen, dass ich mit Lena Schröder, der Geschäftsführerin der „Kleiderei“ in Köln, eine sehr kompetente Partnerin an meiner Seite habe. Außerdem glaube ich einfach an die Idee.

Die Kleiderei

Die Eröffnungsfeier der Kleiderei ist am Samstag, 29. Juni. Los geht’s um 12 Uhr in der Klarastraße 80. Zur Feier gibt DJs, Hofeis und Drinks.

Das Monats-Abo kostet 29 Euro (für Studierende 25 Euro). Die Kleidung sollte vor der Rückgabe gewaschen werden. Bei grober Beschädigung oder Verlust wird der Verkaufspreis fällig. Angeboten werden die Größen 34 bis 44. Kleider können dort auch abgegeben werden, dafür gibt’s Rabatte. Mehr Infos auf Facebook: Kleiderei Freiburg

Fotos: © Angela Woyciechowski