Klebrig, aber erfolgreich: Die Pfandjäger der Sea You STADTGEPLAUDER | 15.07.2019 | Till Neumann

40.000 feiern, diese zwei Jungs sammeln die Reste auf: Zwei Schüler waren am Wochenende zum zweiten Mal in Eigenregie als Pfandsammler am Sea-You-Camping in Reute. Ein paar Hundert Euro kommen so in zweieinhalb Tagen rein. Eine klebrige und kraftraubende Angelegenheit. Angepisste Feierbiester lassen die beiden kalt.

 „Das ist die Mafia, Alter“, grölt ein angetrunkener Mittzwanziger mit Sonnenbrille, als die beiden Schüler kommen. Flaschen mitnehmen dürften sie trotzdem. Unbeeindruckt packen die Pfandjäger ein, was geht. Am Ende kauft der Pöbler ihnen sogar noch zwei Dosenbier ab – auch wenn er eigentlich Vodka wollte. „Die Bierdosen haben wir draußen unter einem Baum gefunden“, erzählen Michael und Matthias (Namen geändert). Einnahmequellen gibt’s viele.

2018 haben sie das Sammeln bei der Sea You zum ersten Mal probiert – mit Erfolg. Sie seien zwar noch etwas schüchtern gewesen. Dennoch kamen mehrere hundert Euro in die Kasse. Auch andere Gruppen seien als Pfandjäger unterwegs, doch sie sind sicher: Keiner jagt mit so viel Einsatz wie sie. Zumal die beiden über Kontakte aufs Campinggelände kommen.

Selbstgebaut: Der Transportwagen

„Können wir die mitnehmen?“, fragt Matthias eine Gruppe, die vor ihren Zelten sitzt – umringt von auf dem Boden liegenden Flaschen und Dosen. „Klar, gerne“, sagen die Sea-You-Gäste. Schon sind die Schüler mit ihren dunkelblauen Müllsäcken da und lesen auf, was Geld bringt. Rund 20 Stunden sind sie so an diesem Wochenende unterwegs. Manchmal fischen sie dabei auch Flaschen aus dem Mülleimer. Eine klebrige Angelegenheit, „aber man gewöhnt sich dran“, sagt Michael.

Den Feiernden bieten sie sogar einen Transportdienst an: Vom Supermarkt zum Campingplatz liefern sie auf Wunsch Bierkästen oder größere Einkäufe. Einen Anhänger des Vaters haben sie dafür extra umgebaut. Was der Bringdienst kostet? „Verhandlungssache“, sagt Michael und grinst. 

Auf das Gelände kommen die beiden dank Connections. Mit wachen Blicken laufen sie über den Platz und nehmen mit, was zu kriegen ist. „Ich denke, wir sind dieses Jahr die stärkste Truppe, die anderen letztes Jahr an der Garage und haben gesoffen“, sagt Michael. „Was geht, Bro?“, ruft ihm ein halbnackter Camper zu. Viele kennen die Jungs schon. 

Mal liegen vor Zelten die Reste wild vertstreut und keiner ist da. Dann greifen die beiden einfach zu. Ein ander Mal sitzen die Feiernden auf der Wiese. Dann fragen sie bestimmt: „Können wir die mitnehmen?“ Meistens geht das klar. Manchmal gibt’s ein Nein. Das akzeptieren die Sammler ohne Widerrede. Und ziehen weiter.

Nehmen mit, was geht: Die zwei fleißigen Pfandjäger auf dem Camping des Sea-You-Festivals in Reute.

Das Campinggelände ist riesig, die Ausbeute groß. In rund 40 Minuten haben die beiden vier dicke Müllsäcke voll. „Sechs Säcke sind etwa 100 Euro“, sagt Michael. Was sie mit dem Geld machen wollen? „Sparen.“ Einer für ein Motorrad, der andere für ein Headset.

In den zweieinhalb Tagen holen sie eine ordentliche Summe rein und räumen ein wenig auf. Ordentlich ins Zeug legen sie sich dafür: Freitags waren sie mehrere Stunden am Abend unterwegs. Samstags von 10 bis 21 Uhr. Und Sonntag nochmal den ganzen Tag. „Ganz schön anstregend“, sagen sie und tragen ihre Säcke zum selbst umgebauten Anhänger des Vaters. Die Beute bringen sie damit in ihr Lager. Dann geht’s weiter: Mindestens 300 Euro wollen sie noch reinholen bis zum Abend. 

Stress haben sie bei der Arbeit selten. „Die Security kennen uns schon, die sind richtig cool dieses Jahr“, sagt Michael. Nur manche seien pissig. Doch genervte Camper lassen ihn kalt: „Die meinen’s nicht ernst.“ 

Fotos: © Till Neumann