Aus gutem Holz geschnitzt: Horl-1993 geht durch die Decke business im Breisgau | 27.07.2019 | Dr. Stefan Pawellek

Horl-8_Rollschleifer

Über eine halbe Million Start-ups gab es 2018. Am 1. Januar machte sich auch Timo Horl mit seiner Firma HORL-1993 in Freiburg selbstständig. Was ihn von den meisten Gründern des vergangenen Jahres unterscheidet?

Er erwirtschaftete gleich im ersten Geschäftsjahr mit nur einem Produkt 1,4 Millionen Euro Umsatz.

Begonnen hatte alles vor 25 Jahren. Otmar Horl, Konstruktionsleiter eines großen Freiburger Maschinenbauunternehmens, fühlte sich herausgefordert:
War eine Lampe kaputt, er reparierte sie. Musste eine Küche gefliest werden, er machte sich an die Arbeit. Nur seine Messer, die der Hobbykoch benutzte, widersetzten sich beim Schleifen: mal stimmte der Winkel nicht, dann gab es kleine Kerben oder das Messer wurde nur stellenweise scharf.

Horl entwickelte erste Ansätze, die aber zunächst im Sand verliefen. Erst 2014 kamen diese wieder auf den Tisch. Diesmal entwickelten Otmar und Sohn Timo gemeinsam diese Ideen bis zur Marktreife weiter. Timo Horl, zu Hause im Bereich Design und Marketing, war bei mehreren Agenturen beschäftigt, bis er sich entschloss, die familiäre Eigenentwicklung als „wertiges Produkt“ auf den Markt zu bringen: edles Nussbaum- oder Eichen-Holz für den Griff, massive Achse, langlebige Diamant- und Abziehscheibe. Aus dem gleichen Holz wie die dazugehörige Magnet-Schleiflehre für den perfekten Schleifwinkel, verpackt in einer unprätentiösen braunen Schachtel aus festem Karton. „Der erste physische Kontakt mit einem Produkt ist die Verpackung“, sagt Horl: Sie sei „Vorbote dessen, was einen erwartet“.

Horl-Rollschleifer-Portrait

Senior und Junior: Otmar Horl und Sohn Timo mit dem Rollschleifer made in Freiburg.


2016 starteten Vater und Sohn
den Handel mit dem Rollschleifer, reisten von Messe zu Messe und konnten so immer mehr jener Menschen überzeugen, die sich im Bereich Kochen, Grillen, Kulinarik tummeln – darunter auch etliche Top-Köche der Region. Bodenständigkeit ist Trumpf, das Familienunternehmen – Start im elterlichen Keller mit Vater, Mutter und Sohn, heute insgesamt zwölf Mitarbeiter – ist stolz darauf, dass fast alle Bestandteile des Rollschleifers in Freiburg und im Schwarzwald gefertigt werden. Seit 2018 ist Timo Horl alleinverantwortlich, er bezog ein eigenes Firmenquartier an der Ensisheimer Straße und sucht schon neue Räume: Die Nachfrage steigt.

Wurden die Rollschleifer zunächst nur online vermarktet, so spann Horl mit seinem Team ein Netz, das nun gut 130 Fachhändler umfasst, über die inzwischen der Großteil des Umsatzes erzielt wird. 14.000 Rollschleifer fanden allein 2018 ihren Käufer – eine Zahl, die 2019 bereits im März erreicht wurde. Ehrgeiziges Umsatzziel des Jungunternehmers in diesem Jahr: acht Millionen Euro.

Anleitung von dem Rollschleifer

Horl will eine Marke aufbauen, neudeutsch „Brandbuilding“, denn so einen Erfolg mit einem so einzigartigen Produkt gebe es nur einmal. HORL soll, so das Ziel, eine Top-Marke im Küchenbereich werden – Zusatzprodukte wie spezielle Schleifscheiben für den Sushi-Freund oder ein Abziehleder, um Klingen noch feiner zu bekommen, sind schon im Sortiment.

Was noch in der Pipeline ist, darüber hüllt er sich in Schweigen. Auch über Export wird nachgedacht, ein potenzieller Partner für die Schweiz ist schon gefunden. Ist der fulminante Erfolg unbemerkt geblieben? Nein, sagt Horl, es habe bereits ein großes Solinger Messerunternehmen Interesse an dem Rollschleifer gezeigt – zwecks Kooperation oder mehr. Aber Horl will lieber selbstständig bleiben: „Wir haben schon so viel erreicht und so viel hinter uns, und dennoch fühlt es sich jeden Tag an, als hätten wir gerade erst angefangen. Wir haben Großes vor.“

Fotos: © Horl-1993, Stefan Pawellek