„Das wird unterschätzt“: Petra Wolf trainiert die Vizeweltmeister-Cheerleader Freiburg Nuggets Sport | 01.09.2019 | pt

Cheerleader Freiburg Nuggets

Seit mehr als 20 Jahren trainiert Petra Wolf die Freiburg Nuggets. In ihrer Anfangszeit stellten die Cheerleader den Footballern die Stühle hin. Heute füllen die Goldstücke den Trophäenschrank der FT 1844. Nach Titeln bei der Landes- und Europameisterschaft wollen sie im November zur WM nach Japan. Ihre beste Pyramide dürfen sie dort nicht zeigen.

„Gegründet haben wir uns 1993, weil die Freiburger Footballer nach Cheerleadern gefragt haben. Damals mussten wir vor Spielen beim Aufbau helfen, mittlerweile sind wir leistungsorientiert und konzentrieren uns ganz auf uns. Wenn wir Zeit haben, feuern wir die Jungs aber noch an. Das ist Training. Wie in jeder anderen Sportart darf man nicht aus der Übung kommen.

Cheerleading vereint Elemente aus Tanz, Turnen und Akrobatik. Dazu kommt ein hohes Maß an Kraft und Ausdauer. Auch auf Ausstrahlung kommt es an, schließlich müssen Spaß und Energie beim Publikum ankommen. Dazu kommen Teamwork und Timing: Die Mädels müssen sich aufeinander verlassen und viel Vertrauen haben. Bei einer Pyramide müssen die unten wissen, was oben abgeht und umgekehrt. Sonst bekommt man beim Runterkommen schnell einen Ellenbogen ab.

Leute, die den Sport nicht kennen, denken oft, wir sind eine Sporttanzgruppe und kommen mit Poms in der Hand. Bei den ersten Pyramiden und Baskets, wenn also jemand in die Luft geworfen wird, entgleisen schon mal Gesichtszüge. Cheerleading wird unterschätzt. Das ist Leistungssport. So gehen wir die Turniere auch an, dementsprechend stolz sind wir auf unsere Titel. Bei der Weltmeisterschaft im November stehen aber andere Teams im Rampenlicht.

Petra Wolf

Hat schon viel erreicht: Trainerin Petra Wolf

Gastgeber Japan zum Beispiel. Das ist die absolute Elite. Sehr höflich, fair und gastfreundlich, aber sportlich mit brutalem Drill. Unter die Sprünge kann man ein Lineal legen. Der Erfolg ist allerdings teuer erkauft: Die meisten Mädels sind stark bandagiert. Fällt eine aus, rückt direkt die nächste ins Glied. In der Trainingshalle herrscht dort Totenstille. Bei uns wird auch mal gequatscht, die ganze Sache soll schließlich auch Spaß machen.

Trotzdem arbeiten wir hart an uns. Unsere Spezialität ist der LiB-Tower, bei dem der Flyer ganz oben eine Figur zeigt. Die Pyramide können wir bei der WM in Japan aber leider nicht zeigen, weil sie in Wettbewerben außerhalb Deutschlands verboten ist. Bei falschem Timing ist die Verletzungsgefahr sehr hoch. Wir haben das allerdings drauf. Ich kenne mein Team und weiß, was funktioniert.

Die Choreografie, die wir bei der WM zeigen wollen, entsteht mit Zettel und Papier sowie zu Hause vor dem Spiegel. Bis die Musik ausgesucht wird und es zur WM geht, werden wir unsere Routine rund 1000 Mal geprobt haben. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Leider sind der Flug nach Japan und das Hotel nicht billig. Schon die Startgebühr beträgt mehrere tausend Euro.

Von insgesamt 30.000 Euro fehlen aktuell noch 25.000 in der Kasse. Wir sind leider nicht der SC Freiburg, deswegen fehlen uns Sponsoren und Geld. Das ist schade, weil wir genauso hart trainieren wie die Kicker. Um das auszugleichen, veranstalten wir Kuchenverkäufe, Tombolas und absolvieren auch Auftritte im Europa-Park. Letztendlich sind wir aber zuversichtlich und haben den Flieger schon reserviert. Schließlich müssen wir dort Deutschland vertreten. Wer, wenn nicht wir?“

Aufgezeichnet von Philip Thomas

Nachtrag, 17. Dezember 2019

Trotz starker Konkurrenz aus aller Welt sind die Nuggets in Japan aufs Treppchen gesprungen: Das Team sicherte sich in der Kategorie Urban Cheer Dance die Vizeweltmeisterschaft. Im Allgirl und Team und Allgirl Groupstund landeten die Cheerleaderinnen auf Platz drei. Das Juniorteam erreichte im Urban Cheer Double den vierten Rang.

Fotos: © Petra Wolf, Andree Kaiser