Neues SC-Stadion: Fast alle Business-Plätze schon ausgebucht business im Breisgau | 18.03.2020 | Lars Bargmann

Fußballstadion Neubau

Tatort Baustelle SC-Arena. 30 Journalisten in Warnwesten marschieren durch den Rohbau auf die neue Südtribüne. Der beeindruckt. Eindruck macht auch, was Oliver Leki, Finanzvorstand des SC Freiburg, kurz zuvor im Baubüro erzählt hatte. Die Vermarktung der Businessplätze und Hospitalitybereiche „lief sehr erfreulich, wir sind nahezu ausverkauft“. Knapp 100 neue Sponsoren habe der Sportclub gewinnen können, die Einnahmen aus der Vermarktung der neuen Arena würden sich im Vergleich zum Schwarzwaldstadion „deutlich verbessern“. Viel konkreter wurde Leki auf Nachfrage aber nicht.

„Sportlich dürfte ja nichts mehr anbrennen, dass das Stadion auch in der kommenden Saison erstklassig eingeweiht wird“, sagte Baubürgermeister Martin Haag an diesem 12. Februar. „Auf dem Platz nicht“, pflichtete Leki ihm bei. Die Aufgabe aber, das Stadion tatsächlich bis zur Saisoneröffnung im August fertigzustellen, bleibe sehr sportlich. Vorsorglich lässt der SC bei der DFL beide Spielstätten für die Bundesliga lizenzieren.

Bei der Begehung der Baustelle schütteln die Bauarbeiter über die Pressevertreter die Köpfe. Wie kann man nur so im Weg stehen? Wenn der Totalunternehmer Köster das Rund bis zum zweiten Spieltag (der SC wünscht sich für den ersten ein Auswärtsspiel) spielfähig hätte, wäre das eine championsleaguetaugliche Leistung.

Auf ein neues Niveau will der SC auch die Einnahmen aus der Stadionvermarktung hieven – in der industrieschwachen Region Südbaden ein Kraftakt. Einer, der gelingt: Mit den 100 neuen Partnern vergrößert sich die Mannschaft hinter der Mannschaft auf 350. Es gibt rund 10.000 Plätze mehr – wenn die auch verkauft und im Schnitt 35 Euro kosten würden, wären das allein knapp sechs Millionen Euro Mehreinnahmen. Da sind aber vor allem auch 2000 Businessplätze, 900 mehr als im altehrwürdigen Stadion an der Dreisam. Und die sind teuer.

Und fast alle sind schon weg. Ärger, dass man vielleicht auch 2500 VIP-Tickets an den Mann oder die Frau hätte bringen können? Nein, heißt es vom SC. In den Planungen gebe es auch Szenarien, in denen es sportlich nicht so gut läuft, die erste Euphorie des Neubaus verflogen ist, der SC vielleicht in die zweite Liga absteigt. Dann wäre ein noch größeres Stadion mit einem noch größeren Business-Bereich auch eine noch größere Herausforderung.

In der vergangenen Saison erlöste der SC aus Ticketverkäufen 10,9 Millionen Euro. Mit welcher Steigerung der Club kalkuliert? Man müsse Verständnis haben, dass er dazu keine detaillierten Planzahlen herausgibt. In derselben Bilanz standen bei den Sponsoring-Erlösen 14,3 Millionen Euro zu Buche. Mit welchen Zahlen rechnet der SC in der neuen Arena? Keine Details. Nicht einmal zur laufenden Pachthöhe im Schwarzwaldstadion möchte sich der Sportclub äußern. Dabei sind die nicht nur im Gemeinderat bekannt.

Fussballstadion Neubau

Stylisch mit dem Charme der Region: Hospitality-Bereich in der neuen Arena.

Der SC zahlt in der laufenden Saison als Grundmiete fürs Stadion brutto- rund 260.000 Euro. Dazu zahlt er anteilige Umsatzerlöse aus der Gastronomie. Liegen Grundmiete und Umsatzpachten über 418.000 Euro, fließt das Geld in einen Topf im Rathaus, aus dem dann Investitionen ins alte Stadion oder ins Nachwuchsleistungszentrum Möslestadion bezahlt werden können. Zieht der SC mit den Profis im Sommer um, zahlt er für die Saison 2020/2021 nur noch 77.000 Euro.

Im neuen Rund klettert die Pacht auf 3,8 Millionen Euro für jede Saison, in der der SC in der ersten Liga kickt. Steigt er ab, zahlt er 2,5 Millionen. Damit wird der Kapitaldienst für die Kredite für die knapp 77 Millionen Euro teure Arena refinanziert. Nur wenn der SC wieder drittklassig wird (die Älteren erinnern sich, das war zuletzt 1978), muss neu verhandelt werden – am Ende müsste vielleicht der Steuerzahler in die Bresche springen.

Noch sucht Leki gemeinsam mit dem Vermarkter Infront einen Namenssponsor für die neue Arena. Seit der Saison 2014/2015 bekommt der Club pro Saison 500.000 Euro für den Namen Schwarzwaldstadion: 150.000 von der Schwarzwald Tourismus GmbH, 100.000 Euro von der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH, 250.000 Euro von den fünf Partnern Hermann Wein GmbH, Hochschwarzwald Tourismus GmbH, AHP Merkle, Julabo GmbH und Schleith GmbH. Nach Informationen des business im Breisgau ruft der SC für die Rechte im neuen Stadion 1,8 Millionen Euro auf. Viel Geld? Es wäre der vorletzte Platz bei den aktuellen Erstligisten. An der Spitze der Nahrungskette liegt – nach Informationen des Kicker – Schalke mit 6,5 Millionen vor Bayern und Dortmund mit je 6. Den drittletzten Platz teilen sich Mainz und Augsburg mit je 2 Millionen. Paderborn erwirtschaftet als Schlusslicht 300.000 Euro. Gladbach, Hertha und Union Berlin haben die Rechte nicht verkauft.

Für den Sportclub wird die neue Arena- mit oder ohne Namenspatron eine neue Ära einläuten. Dass der vergleichsweise kleine Verein am Rande der Republik überhaupt schon so lange erstklassigen Fußball spielt, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Die Arena bietet die Chance, auch jenseits des Rasenrechtecks auf der Einnahmenseite deutlich mehr Punkte einzufahren. Man darf auf die erste Bilanz nach Ablauf der ersten Saison am Flugplatz gespannt sein. Dann wird Leki Farbe bekennen. Ein Sponsor erzählt, dass er für sein Paket statt 18.000 Euro im neuen Stadion für etwa dieselbe Gegenleistung das Doppelte bezahlen muss. Er hat eingewilligt. Im Rohbau war er noch nicht.

Foto: © bar, Visualisierung: © HPP SC Freiburg