Dokumentation eines Dramas: Tourismusbilanz – Zurück auf 2007 STADTGEPLAUDER | 23.03.2021 | Lars Bargmann

Luftbild Freiburg Blick über Freiburg vom Lorettoberg: Der Tourismus hat durch die Pandemie eine starke Bremsung hingelegt – in Freiburg aber deutlich sanfter als in anderen Städten im Ländle.

Trotz der weltweiten Corona-Pandemie verzeichneten im vergangenen Jahr die Freiburger Beherbergungsbetriebe mit mindestens zehn Betten 1,13 Millionen Übernachtungen. Auf den ersten Blick eine positive Meldung. Auf den zweiten ist die Tourismusbilanz 2020 ein Dokument eines Dramas: Die Zahl der Übernachtungen ging im Vergleich zum Vorjahr um knapp 700.000 zurück, die Bettenauslastung um 22 auf noch 35,4 Prozent.

Mit den 1,13 Millionen Übernachtungen fällt die alljährliche Statistik ins Jahr 2007 zurück. Besonders hart getroffen ist die Hotellerie, die ein Minus von 43,3 Prozent in ihre Bücher schrieb. Für stark auf ausländische Gäste ausgelegte Häuser war es noch schlimmer, denn deren Anteil ging um 65,3 Prozent zurück. Da sie es sind, die vergleichsweise mehr Umsatz bringen und auch länger bleiben, macht sich ihr Fehlen zudem noch stärker bemerkbar. „Die Lage ist nicht drastisch, sondern dramatisch“, sagt Franziska Pankow, Abteilungsleiterin Tourismus bei der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM).

Josef Dold, Inhaber des Hotel Barbara und Vorsitzender der Fachgruppe Tourismus und Hotellerie des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Freiburg, berichtet, dass in seinem Haus 53 Prozent der Übernachtungen fehlten: „Weil das Überangebot von Hotels in Freiburg durch den weiteren Bau neuer Häuser noch größer wird, droht ein schmerzhafter Preisverfall.“ Wie er ärgern sich auch Hotelier Christoph Glück, Erster Vorsitzender der Dehoga in Freiburg-Stadt, Wiltrud Rösler vom Management im Hotel Oberkirch, Kirsten Moser, die die Geschäfte im Colombi Hotel und dem Hotel Stadt Freiburg führt, oder Patrick Graf-Mathias, der Direktor des Mercure Hotels am Münster, darüber, dass die lautstark verkündeten staatlichen Hilfen nur äußerst kleinlaut kommen. „Novemberhilfe bis heute null Euro, Dezemberhilfe bis heute null Euro, letzte Woche kam die Hälfte des Stabilisierungsgeldes, das wir im Sommer beantragt haben“, sagt Moser.

Glück fordert nun auch die kommunale Politik: „Der Gemeinderat muss deutlich touristischer denken. Wir wollen ein kommunales Konjunkturprogramm, eine engere Verzahnung von Kultur und Hotellerie, von dem auch der Einzelhandel und die Gastronomie profitieren sollen.“ Der Schützen und Schiff-Wirt will einen Freiburger Festivalkalender mit festen Veranstaltungen, die jedes Jahr stattfinden und damit auch Gäste anlocken. „Es gibt in Freiburg viele Plätze, die coronakonform bespielbar sind, davon würden auch die Künstler profitieren, die Gastronomie, der Handel.“ Zudem soll die Bettensteuer während der Pandemiezeit komplett ausgesetzt werden. Als Anreiz für Geschäftsreisende.

Mercure-Direktor Graf-Mathias glaubt an einen grundlegenden Wandel im Tagungsgeschäft: „Das wird aufgrund der Videokonferenzen gar nicht mehr so zurückkommen, wie es war.“ Das denkt auch Dold: „Für die Stadthotellerie werden damit die Umsätze aus geschäftlichen Übernachtungen dauerhaft sinken.“ Für Rösler vom Oberkirch ist es indes wichtig, dass Freiburg sich als sichere Stadt zeige, die drohenden Einschnitte beim Kommunalen Ordnungsdienst sieht sie mit Sorge.

Die FWTM plant fürs Frühjahr eine zweite Re-Start-Kampagne mit 100.000 Euro und dem Slogan „Fühl Dich Freiburg“– die erste „Ab nach Freiburg“ hatte im Netz 71.649.580 Impressionen. Die Tourismusförderer wollen zudem einen Open-Data-Online-Veranstaltungskalender für die ganze Stadt aufbauen, neue Themenwege mit Exponaten auf dem Schlossberg eröffnen und das in die Jahre gekommene Fußgänger-Leitsystem erneuern. Zudem arbeitet die Stadttochter an einem neuen Kern der Marke Freiburg und werkelt an einem Beherbergungskonzept, das die künftige Ansiedlung neuer Häuser steuern und im Sommer vorgestellt werden soll. „Es ist wichtiger denn je, zu versuchen, den Bau zusätzlicher Übernachtungskapazitäten zu steuern“, sagt Glück. Trotz der Zweckentfremdungssatzung geht die Stadtverwaltung aktuell von bis zu 900 AirBnB-Unterkünften in Freiburg aus. Auch die machen den Hotels und Pensionen das Leben zusätzlich schwer.

„In der Krise wird die hohe Bedeutung des Tourismus als wichtiger Wirtschafts und Standortfaktor für Freiburg umso deutlicher“, sagt FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme. Umso mehr gelte es, Freiburg als Reisedestination nachhaltig weiterzuentwickeln und „Reisende für unsere Stadt zu begeistern“. 

Tabelle: Die Top 10 der ausländischen Gäste 2020

Foto: © FWTM/Spiegelhalter