Milch macht Energie: Freiburg bekommt Millionenförderung für intelligentes Wärmenetz STADTGEPLAUDER | 17.05.2021 | Till Neumann

Wärmeverbund aus der Luft

Mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs in Deutschland macht die Wärme aus. Lösungen sind gefragt. Die Stadt Freiburg hat gerade eine präsentiert: „Wärmenetz 4.0“ heißt das 36,5 Millionen Euro schwere „Vorzeigeprojekt“. Mit 11,6 Millionen Euro fördert der Bund. Damit soll Abwärme der Schwarzwaldmilch ins Netz eingespeist werden.

Tagtäglich leitet die Schwarzwaldmilch an der Haslacher Straße Indus-triewärme in die Luft. Sie entsteht beim Kühlen in der Produktion und bei Reinigungsprozessen. Was bisher mit rund 30 Grad entweicht, soll ab 2024 in Freiburg mehr als 5000 Personen Wärme liefern. Das haben Vertreter von Badenova, Schwarzwaldmilch und Oberbürgermeister Martin Horn Anfang Mai bei einer digitalen Pressekonferenz durchaus stolz verkündet.

„Ein Leuchtturmprojekt“, schwärmte Thorsten Herdan vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Seine Behörde hat die üppige Vergabe von 11,6 Millionen Euro Fördergeldern zugesagt. Horn nahm das gerne an: „Man spricht viel über die Energiewende, zu wenig über die Wärmewende.“

Die Schwarzwaldmilch ist mit ihrer zentralen Lage ein Volltreffer. Mit ihrer Hilfe soll der Wärmeabsatz in Freiburg von derzeit 24.000 Megawattstunden auf 41.000 Megawattstunden steigen. Die Verantwortlichen der Badenova-Tochter Wärmeplus haben für Freiburg-Süd eine CO²-Einsparung von 74 Prozent errechnet. Der Grund: Was durch bestehende Wärme erhitzt wird, reduziert den Gasverbrauch. Weil gleichzeitig der Primärenergieeinsatz um 35 Prozent kleiner wird, würde das Projekt jedes Jahr den Co²-Ausstoß um 5000 Tonnen entlasten. 

Der Clou: Die Fördergelder und die Wärme der Molkerei ermöglichen es, gleich drei Netze in Freiburg zu verbinden: das nahe gelegene Wärmenetz Staudinger, das in der Vauban und das im Stühlinger. Die Wärme kommt damit auch im Metzgergrün und Teilen Haslachs an. Dafür müssen rund zwölf Kilometer Leitungen verlegt werden – auch unter der Dreisam und der B31. „So können wir viele fossile Heizungen ersetzen“, sagt Projektleiter Christian Paul von Badenova Wärmeplus. Drei Jahre lang hat sein Team an dem Vorhaben gearbeitet. Jetzt wird es umgesetzt.

Mit Wärmepumpen wird die Abwärme auf 85 Grad erhitzt und ins Netz eingespeist. Smarte LoRaWAN-Technologie überwacht das Ganze und steuert nach Bedarf – daher das „4.0“ im Wärmenetz. Schwarzwaldmilch-Chef Andreas Schneider ist vom Ansatz überzeugt: „Wir sind Treiber für den Klimaschutz, das macht uns stolz.“

Einfach sind solche Vorhaben nicht, erklärt Wärmeplus-Geschäftsführer Klaus Preiser: „Es ist extrem schwierig, Industriepartner mit der notwendigen Offenheit zu finden.“ Schließlich könne es Vorbehalte geben, etwa dass die Produktion beeinflusst wird. Das sei hier ausgeschlossen, betont Paul. Preiser ergänzt zur Kooperation mit der Molkerei: „Wir haben das Glück, uns zu kennen – so was geht nur, wenn man sich vertraut.“ 

Foto: © Badenova