Mit Kompensation, Crowdfunding und Quarantäne: So sind Freiburgs Vereine bisher durch die Krise gekommen Sport | 21.06.2021 | Philip Thomas

Rotstift reichte nicht. Ohne staatliche Hilfe hätten viele Freiburger Bundesligisten die Pandemie gar nicht überstanden. Ihre Manager·innen berichten von leeren Hallen, halbierten Etats und geplatzten Transfers. Und von den Problemen, halbwegs verlässliche Etats für die kommende Saison aufzustellen.

 

Basketball

Eisvögel-Manager Uwe Stasch musste den Etat halbieren

Uwe Stasch

„Vor Corona waren wir weiter, den siebten Platz nehmen wir hin“, sagt Uwe Stasch, Manager der USC Eisvögel, über die abgelaufene Saison des Basketball–Bundesligisten. Das jüngste Team der Liga blieb zwar von Corona-Infektionen verschont, finanziell hat das Virus den Verein aber fest im Griff.  In der Clubkasse fehlen laut Stasch 100.000 bis 150.000 Euro. Der Etat habe praktisch halbiert werden müssen. „Eine Katastrophe“, kommentiert der 43-Jährige.

Die außergewöhnliche Situation erforderte eine außergewöhnliche Maßnahme: In ihrer 20. Bundesligasaison starteten die Eisvögel eine Crowdfunding-Kampagne. 5000 Euro hatte sich der Verein gewünscht, gespendet wurden schließlich 12.000 Euro. „Das war sensationell“, sagt Stasch, der betont, dass es sich dabei nicht um eine Notfall-Aktion handelte. Das Geld solle vor allem in die Jugend fließen: „Wir planen eine Academy.“

Stasch bemerkt, dass der Breitensport in der Stadt wieder Fahrt aufnimmt. Der Profibereich sei wichtig, letztendlich lebe Freiburg aber vom Amateursport. „Die beschissene Pandemie hat uns den genommen“, sagt er. Die sinkenden Infektionszahlen machten sich beim Universitätssportklub bereits bemerkbar: „Uns laufen sie die Bude ein. Da hat sich einiges angestaut.“ 

 

Eishockey

Plant die Quadratur des Eises: 2. EHC-Vorstand Marc Esslinger

Marc Esslinger

Bis vor zwei Jahren spielte eine Pandemie in den Plänen des EHC Freiburg keine Rolle. Umso zufriedener ist Vorstandsmitglied Marc Esslinger mit dem Krisenmanagement des Eishockey-Zweitligisten. „Alle Investitionen, die nicht Priorität eins hatten, haben wir eingefroren. Die Saison 2020/2021 wird sicherlich als die Saison des Sparens in unsere Vereinsgeschichte eingehen“, sagt er.

Staatliche Fördergelder haben den Verein über Wasser gehalten: „Ohne diese Hilfen hätte der EHC – wie so viele andere Vereine – diese Saison finanziell nicht überstehen können.“ Wölfe-Präsident Michael Müller berichtete dem chilli vergangenes Jahr, die abgebrochene Saison 19/20 habe den Verein sechsstellig gekostet. Heute sagt Esslinger: „Wir können sagen, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind, werden aber in der kommenden Saison – wie alle anderen auch – etwas kleinere Brötchen backen müssen.“

Mit knapp 100 Sponsoren sei der Verein derzeit im Austausch. „Unsere Ausgaben werden wir definitiv etwas kürzen müssen. Wir gehen jedoch davon aus, dass wir in dieser Hinsicht nicht allein sind“, so Esslinger. Nach dem Abgang von Erfolgscoach Peter Russell soll nun Ex-EHC-Profi Robert Hoffmann Impulse setzen. „Uns ist vor der Saison 2021/2022 keinesfalls bange.“

 

Fußball

„Alle versuchen, die Mannschaft zusammenzuhalten“: SC-Sportdirektor Klemens Hartenbach

Klemens Hartenbach

„Das Saisonfazit? Gut. Wir haben über dieses wirklich sehr lange Jahr hinweg gute Spiele gezeigt und viele Tore geschossen. Das ist nicht selbstverständlich. Ich bin extrem zufrieden mit der Entwicklung der einzelnen Spieler und freue mich einfach, dass wir so eine gute Mannschaft beisammenhaben“, sagt SC-Cheftrainer Christian Streich.

Geht es nach Sportdirektor Klemens Hartenbach, soll dieses Team auch in der kommenden Saison zusammen Fußball spielen: „Es wird keinen Umbruch geben, das ist auch mal schön. Um den Konkurrenzkampf hochzuhalten, wollen wir schauen, ob sich personell auf ein oder zwei Positionen etwas realisieren lässt. Noch ruht der Markt aber. Alle versuchen erst mal, die eigene Mannschaft zusammenzuhalten.“

Über das dazu nötige Kleingeld spricht man beim SC Freiburg nur ungern. Der Deutschen Fußball-Liga (DFL) meldete der Bundesligist aber erfreuliche Zahlen für das noch bis zum 30. Juni laufende Geschäftsjahr 2020. Zwar sanken die Umsätze darin im Vergleich zum Vorjahr um knapp sieben Millionen Euro, unterm Strich steht beim Sport-Club aber ein Plus von 95.000 Euro. Und: In diesen Zahlen fehlen noch die Abgänge von Alexander Schwolow (Hertha Berlin), Luca Waldschmidt (Benfica Lissabon) sowie Robin Koch (Leeds United). Alle drei zusammen dürften auf dem Transfermarkt mindestens 25 Millionen Euro eingespielt haben.

 

Handball

Jeden Euro umgedreht: Gisela Schoritz, Sportliche Leiterin bei der HSG

Gisela Schoritz

In der zweiten Bundesliga waren Freiburgs beste Handballerinnen chancenlos. „Der Abstieg ist für uns kein Beinbruch“, erklärt Gisela Schoritz, sportliche Leiterin der HSG Red Sparrows. Auswirkungen habe das Virus trotzdem: Summen möchte Schoritz nicht nennen, insgesamt sei der Etat aber um ein Drittel geschrumpft. „Das ist hart“, kommentiert die 58-Jährige.

Um die Betriebskosten in der zweithöchsten Spielklasse zu decken, förderte das Freiburger Rathaus den Verein mit 50.000 Euro, auf Reserven habe die HSG aber nicht zurückgreifen können: „In Liga 2 waren wir die Mannschaft mit dem geringsten Budget und mussten jeden Euro zweimal umdrehen.“ Auch den Sparrows fehlt ein Großsponsor, die meisten Werbepartner konnten aber gehalten werden. In Liga 3 fallen nun Kosten weg. „Wir sind nur noch in Süddeutschland unterwegs“, erklärt Schoritz. An der dänischen Grenze vor leeren Rängen zu spielen habe mehr geschmerzt als das Verletzungspech und die 23 Niederlagen. „Der Spirit hat immer gestimmt“, lobt Schoritz. 

Der Verein steht vor einem Umbruch: Nach 16 Jahren an der Seitenlinie ist für Erfolgscoach Ralf Wiggenhauser Schluss. Sein Nachfolger Igor Bojic soll Zeit bekommen: „Es gibt keine Vorgabe für den Wiederaufstieg.“ Neue Spielerinnen konnte die HSG zum Redaktionsschluss noch nicht präsentieren: Kandidatinnen aus der Schweiz haben abgesagt, ihnen sei der Grenz-übertritt wegen der Corona-Verordnung zu heikel.

 

Volleyball

Sechs Spieler in Quarantäne: FT-Teammanager Florian Schneider

Florian Schneider

Gleich sechs Corona-Infizierte verzeichnete die Volleyballmannschaft der Freiburger Turnerschaft (FT) seit März 2020. Andere Vereine in der zweiten Bundesliga seien besser durchgekommen, mussten ihre Spieler nicht bis zu 17 Tage in Quarantäne schicken.

Auch neben dem Feld hat Corona Spuren hinterlassen: Der Mannschaft mit dem höchsten Zuschauer-schnitt der zweiten Liga fehlen außerdem die Erlöse von durchschnittlich 620 verkauften Tickets – pro Heimspiel. „Das ist weggebrochen“, sagt Teammanager Florian Schneider. Immerhin 80 Prozent der Hinrunden-Einnahmen des Vorjahres habe der Verein über die „Coronahilfe Profisport 2021“ des Bundes zurückbekommen. Fast 40 Millionen Euro aus 267 Anträgen wurden zum Redaktionsschluss bundesweit aus dem insgesamt 200 Millionen Euro tiefen Topf bewilligt. Die Rückrundeneinnahmen fehlen der FT noch.

Angesichts der Umstände ist Schneider mit dem neunten Platz in der abgelaufenen Saison nicht unzufrieden. Für die Zukunft ist er optimistisch: Mit einer Mischung aus Routiniers und Jugendspielern soll sich die „Affenbande“ mittelfristig unter den Top 5 der Liga etablieren.

Fotos: © pixabay.com/phillipkofler; USC Eisvögel Freiburg; BZ Medien; SC Freiburg; HSG Red Sparrows Freiburg; FT Freiburg