150 Millionen Euro für mehr Nachhaltigkeit – Badenova will bis 2035 klimaneutral sein STADTGEPLAUDER | 30.05.2022 | Lars Bargmann

Angela Hinel, Fabian Burkard, Heinz-Werner Hölscher und Leonie Bank Ein Quartett von Nachhaltigkeitsarbeitern: Angela Hinel, Fabian Burkard, Heinz-Werner Hölscher und Leonie Bank.

Der südbadische Energieversorger Badenova AG will bis 2035 klimaneutral sein. Das verkündete Vorstand Heinz-Werner Hölscher unlängst vor Journalisten. Dafür hat das Unternehmen jetzt unter anderem ein eigenes Klimakonto eingerichtet, mit dem Projekte zur CO2-Vermeidung oder -Verminderung finanziert werden sollen.

Um Klimaneutralität zu erreichen, will sich die Badenova den Stempel „CO2-neutral“ nicht durch Zertifikate erkaufen, sondern in sich selbst investieren. „Die Mittel sind sehr gut angelegt, da sie im Sinne der sozio-ökologischen Nachhaltigkeit dem Unternehmen, der Gesellschaft und der Umwelt zugute kommen“, so Hölscher. Jahr für Jahr würden dafür – in Abhängigkeit vom CO2-Preis – interne Budgets gebildet. Höhere Ausgaben dafür könnten aber auch geringere Auszahlungen an die kommunalen Gesellschafter – die Stadt Freiburg hält ein knappes Drittel der Aktien – bedeuten.

Die Badenova will nun auch peu à peu weg vom Erdgas. „Der Umbau unserer Energieversorgung ist nicht nur sozio-ökologisch zwingend notwendig, sondern auch ein aktiver Beitrag zur europäischen Sicherheitspolitik“, sagte Hölscher. Rund 150 Millionen Euro werde man in den Ausbau der Fernwärmenetze und die Erdwärme investieren. Eine Wiederinbetriebnahme der Gaskugel (wir berichteten) ist auf Nachfrage aber kein Thema an der Tullastraße. Neue Erdgasanschlüsse für Neubauten soll es indes nur noch bei Nachverdichtungen geben. Dennoch müssen weiter Millionenbeträge in die vorhandenen Erdgasnetze fließen.

Das neue Nachhaltigkeitskonzept hat sechs Leitbilder: Klimaneutralität, Biodiversität, Vielfalt, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Beschaffung und Bewusstseinsbildung. Alle seien mit messbaren Zielen und Maßnahmen versehen. Ein Beispiel für nachhaltiges Handeln ist der Innovationsfonds für Klima- und Wasserschutz. Seit der Gründung vor 20 Jahren verzichten die Anteilseigner auf drei Prozent des Unternehmensgewinns. Seit 2001 sind so 33 Millionen Euro in mehr als 300 Umweltprojekte investiert worden. Das zweite Instrument ist die Schwarzwald-Crowd. Über die werden seit 2019 kleinere, lokale Initiativen mit ökologischen, sozialen oder gesellschaftlichen Zielen unterstützt. 

Die eigenen Handlungsfelder liegen größtenteils im Bereich der Erneuerbaren und der Wärmeerzeugung. Das Projekt Erdwärme Breisgau, das regenerative Wärme aus der Tiefe holen will, hat das größte Potenzial, weil es fossiles Erdgas ersetzen hilft. Die verstärkte Nutzung von industrieller Abwärme, der Ausbau von Windkraft-, Photovoltaik- und Biogasanlagen stehen ebenfalls weiter auf der Agenda. 

Bei der Beschaffung will die Badenova künftig nur noch Materialien nach definierten Nachhaltigkeitsstandards einkaufen. Für die Kreislaufwirtschaft würden produktbezogene Mechanismen wie Sharing, Recycling und Wiederaufbereitung untersucht. Auch die Leitbilder „Bewusstseinsbildung“ und soziale „Vielfalt“ seien wichtig, weil letztlich auch die Belegschaft dazu beiträgt, dass der Arbeitgeber seine Ziele ereichen kann. Für die Biodiversität wurden Standorte so umgestaltet, dass sie für Vögel und Insekten wertvoller sind. 

Aktivist•innen von Extinction Rebellion Freiburg werfen dem Unternehmen derweil Greenwashing vor. Mitte April verbrannten sie vor dem Rathaus – mit Pappmasken von Wladimir Putin und dem Badenova-Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Horn vor den Gesichtern – eine Erdkugel mit Erdgas. Sie kritisieren, dass sich die Badenova nicht komplett vom Erdgasbezug verabschieden will und sich damit weiter von Russland und anderen nicht-demokratischen, kriegstreiberischen Ländern abhängig mache. Den Greenwashing-Vorwurf weist Hölscher zurück. Alle Kunden könnten Ökostrom kaufen. Viele gewerbliche aber wählten – noch – den günstigeren Graustrom. Den bietet Badenova auch weiter an. 

Foto: © Badenova / Jonas Conklin