FRezi: Die schmutzige Frau – In der selbst gewählten Falle 4Literatur & Kolumnen | 16.02.2023 | Erika Weisser

Cover: Die Schmutzige Frau

Beim Blick aus dem Fenster ihres schicken Lofts sieht die namenlose Frau über die Dächer einer namenlosen Stadt. Sie steht oft dort. Denn sie hat nichts zu tun, sie langweilt sich, sie verlässt nicht einmal die Wohnung.

Auch nicht zum Einkaufen oder Haareschneiden: Das besorgt ihr gleichfalls namenloser Gatte, den sie durchgängig Meinmann nennt. Er ist im einst gemeinsamen Haus geblieben, als er ihr das Apartment besorgte, wo sie „endlich und ohne Alltagsbelastung ihre literarische Seite verwirklichen“ sollte.  Fast täglich kommt er vorbei, füllt den Kühlschrank auf, putzt, kocht und leistet ihr nach dem Essen gelegentlich Gesellschaft im Bett.

Das klingt nach Komfortzone – wissend, dass die Autorin Annette Pehnt in Freiburg lebt, drängt sich beim Lesen die Vorstellung von Häusern in Herdermer Hanglage auf. Ist es aber nicht: Meinmann, der sie mit ihrer erschlichenen Zustimmung hierher verfrachtete, um ihr vorgeblich zur Freiheit zu verhelfen, spielt ein perfides Spiel mit Verachtung und Abhängigkeit.

Sichtbar werden ihre dadurch ausgelösten inneren Abgründe in den Episoden, die sie über eine freundliche, aber „schmutzige“ Frau schreibt, die in beklemmende Situationen gerät.

Lesung: 17. Februar, 19.30 Uhr,
Literaturhaus Freiburg

Cover: Die Schmutzige FrauDie schmutzige Frau
von Annette Pehnt
Verlag: Piper, 2023
176 Seiten, Hardcover
Preis: 22 Euro