„Kanonen holen“: Besuch in der versteckten Waffenwerkstatt in Freiburg-Zähringen STADTGEPLAUDER | 30.04.2018 | Till Neumann

Ist Büchsenmacher aus Leidenschaft: Lutz Lorberg

Eine Waffenschmiede. Mitten in Zähringen. Gut versteckt in einem Hinterhof. Das ist der Arbeitsplatz von Büchsenmacher Lutz Lorberg. Gesichert ist die vollgepackte Gewehr-Werkstatt mit einer dicken Metalltür.

Den Zahlencode kennt nur Lutz Lorberg. Der 50-jährige Büchsenmacher hat sie fürs chilli ausnahmsweise geöffnet.

Antilopen in Namibia erlegt

Selbst für Ortskundige ist Lorbergs Waffenschmiede schwer zu finden. In einem Hinterhof liegt sie unscheinbar in einem Treppeneingang. Nur ein goldenes Schild an der braunen Metalltür verrät, was sich dahinter verbirgt: einer der letzten Büchsenmachermeister des Landes.

Schwarz-graue Haare, senffarbene Cordhose, kariertes Hemd. Lutz Lorberg sieht man an, dass er gerne auf die Jagd geht. Das Gewehr, mit dem er zum Beispiel Antilopen in Namibia erlegt, ist selbst gefertigt. Schließlich ist das sein Job. Der gebürtige Frankfurter stellt Schusswaffen her, repariert sie und handelt mit ihnen.

„Irgendwo Kanonen holen“

Alle paar Minuten klingelt das Telefon. „Ich soll wieder irgendwo Kanonen holen“, sagt Lorberg. Damit meint er den Ankauf alter Waffen. Der hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Von Karlsruhe bis zur Schweizer Grenze ist er dafür unterwegs. Sein Kerngeschäft hat sich verlagert. Denn das eigentliche Handwerk – Büchsen zu bauen – ist immer weniger gefragt.

Zwei Gewehre hat er 2016 für Kunden gefertigt. Seitdem keins mehr. Hauptgrund sei die billige Konkurrenz: „Ein Gewehr von der Stange kostet 5.000 Euro. Baue ich es, liegt es bei 10.000 Euro oder mehr.“ Mindestens 300 Stunden brauche er für den Bau. Qualität und Optik der Unikate seien dafür kein Vergleich zu Massenprodukten.

12 Zentimeter dicke Tür

Rund die Hälfte seiner Kunden sind Jäger, die übrigen Sportschützen oder Sammler. Viele kaufen gebrauchte Gewehre. Diese finden sie auch bei Lorberg. Unzählige davon stehen sauber aufgereiht in der Werkstatt. Außerdem Patronen und Tierschädel als Trophäen seiner Jagd.

Bei so vielen scharfen Waffen sind Unauffälligkeit und Abriegelung gefragt. 12 Zentimeter dick ist die Sicherheitstür. „Wer auf der Straße rumläuft und damit nichts zu tun hat, den kann ich hier nicht brauchen“, sagt Lorberg. Dann greift er zu einem Gewehr, zeigt, wie einfach sich heute ein Zielfernrohr montieren lasse. Früher war das komplizierter. Also mehr Arbeit für ihn.

Liebt sein Handwerk: Lutz Lorberg repariert ein Gewehr in seiner Waffenschmiede in Freiburg-Zähringen.

»Wir sterben aus«

Der Handel macht die eine Hälfte seines Geschäfts aus. Die andere sind Reparaturen. „Entscheidend sind Zuverlässigkeit und Präzision der Waffen“, betont er. Was seine Werkstatt verlasse, komme selten zurück. Er ist überzeugt: „Die Kunden können mir vertrauen.“

Aufgewachsen ist er in einer Landwirts- und Jägerfamilie. „Ich wollte schon mit 15 jagen, war nicht davon abzubringen“, erzählt Lorberg. Mit 17 begann er eine Lehre als Büchsenmacher. Seit 1999 betreibt er die Werkstatt in Freiburg. „Die Faszination für Waffen und das Handwerk muss da sein“, sagt er. Wer jedoch denke, dass man als Büchsenmacher den ganzen Tag damit rumspielt, liege falsch. Die meiste Zeit verbringe er in der Werkstatt.

Blick nach Rumänien

Sein Beruf ist selten geworden. Die nächsten Kollegen sind in Efringen-Kirchen und Ichenheim. „Auf Dauer sterben wir aus“, sagt Lorberg. Gerne denkt er an die 70er zurück. „Für die Branche war das ein Traum, da haben wir noch Geld verdient.“ Bis 1972 konnte jeder Volljährige in Deutschland eine Schusswaffe erwerben. Das deutsche Waffenrecht findet er heute „gut und klar geregelt“.

Dass sein Handwerk an Bedeutung verliert, ist für ihn ein Jammer. In Rumänien, wo er regelmäßig Gewehre verkauft, sei das anders: „Dort schätzen sie das enorm.“ Wenn es ihm reicht, mache er dort eine Werkstatt auf, scherzt Lorberg. Er wäre dann wohl noch exotischer als hier: Denn echte Büchsenmacher gibt’s dort überhaupt nicht.

Fotos: © Till Neumann