Abtreibung oder nicht? „24 Wochen“ ab heute im Kino Kinonews | 22.09.2016

„Eltern dürfen alles sagen“, antwortet Markus, als Astrid fragt, ob man überhaupt „Downie“ sagen dürfe. Wie er es meint, bleibt unausgesprochen, wird aber trotzdem deutlich: Wenn wir dieses Kind nur wirklich annehmen, lieben und achten.

Wie gelähmt sitzen die beiden im Auto vor der der gynäkologischen Praxis, in der sie gerade das Ergebnis einer pränatalen Untersuchung erfuhren. Doch langsam weicht die Schockstarre, die sie erfasste, als sie erfassten, dass nach dem genetischen Befund zu 98 Prozent davon auszugehen sei, dass der Junge in Astrids Bauch ein Down-Syndrom habe. Und ziemlich bald ist auch ohne weitere Worte zu spüren, dass für sie das Kind zu ihrer Familie gehört. So wie die neunjährige Tochter Nele, die sich schon lange ein Brüderchen wünscht.

24 Wochen

Auf die angebotene Spätabtreibung, die in Deutschland in solchen Fällen bis zum Ende der Schwangerschaft erlaubt ist, wollen Astrid und Markus sich nicht einlassen. Sie diskutieren nicht einmal darüber, sind sich einfach einig, dass sie den Schritt wagen sollen, dass sie die in den ersten 24 Wochen der Schwangerschaft entstandene Beziehung zu ihrem Kind nicht aufgeben können. Dass diese Beziehung selbstverständlich bleibt, auch wenn sie nun eine neue Qualität bekommt. Und das Kind einen Namen.

Behutsam bereiten sie die Tochter Nele auf das Anderssein des Brüderchens vor, kündigen auch im privaten Freundes- und Familienkreis an, dass ihr kleiner Moritz zwar nicht wie erwartet, aber dennoch willkommen sei.

24 Wochen

Die Entscheidung bleibt indessen nicht lange privat; Astrid und Markus sind öffentliche Personen: Sie ist eine sehr gefragte und erfolgreiche Kabarettistin, er ihr Manager. Und so ist die Nachricht – ohne ihr Zutun – denn auch bald im Radio zu hören. Was freilich dazu führt, dass ihre nächsten Auftritte vollkommen ausverkauft sind, sich ihre Fangemeinde noch vergrößert.

Bis zu dem Zeitpunkt, da es Buhrufe hagelt, da Astrid auf der Bühne steht – und kein einziges Wort über die Lippen bringt, weil selbst ihre ansonsten so zuverlässige freche Berliner Schnauze versagt. Denn inzwischen hat sie erfahren, dass Moritz einen sehr schweren Herzfehler hat, der vermutlich sein ganzes Leben lang nicht wirklich heilbar sein wird. Und für ihn mit großen Leiden verbunden ist. Und plötzlich steht sie vor einer Entscheidung, vor der sie nie stehen wollte – und vor der niemand jemals stehen sollte: Vor der Entscheidung über Leben oder Tod. Und sie zerbricht fast daran.
Ein unfassbar eindringlicher und schmerzlicher Film, mit einer großartig spielenden Hauptdarstellerin: Julia Jentsch.

Text: Erika Weisser / Fotos: © Neue Visionen Filmverleih

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24 Wochen
Deutschland 2016
Regie: Anne Zohra Berrached
Mit: Julia Jentsch, Bjarne Mädel, Emilia Pieske, Johanna Gastdorf u.a.
Verleih: Neue Visionen
Laufzeit: 103 Minuten
Start: 22.9.2016