Willkommen, Bienvenue, Welcome im Café Ü! – Vielsprachiger Austausch im Literaturhaus Kulturtipp | 24.09.2021 | Erika Weisser

CafeÜ Eröffnung

Noch sieben Tage ist das Café Ü geöffnet. Und täglich gibt es hier, im Saal des Literaturhauses, die Gelegenheit, nicht nur Freiburger Übersetzerinnen und Übersetzer kennenzulernen und mit ihnen über ihre Arbeit ins Gespräch zu kommen. Über ihre wichtige Arbeit: Ohne sie blieben die gesamten Werke der Weltliteratur für uns einfach Bücher mit sieben Siegeln, ohne sie würden wir nicht einmal den Inhalt der Bibel oder anderer kulturgrundlegender religiöser Schriften kennen. Manche Autor*innen nenne sie anerkennend und wahrheitsgemäß auch Mit-Autor*innen

Täglich zu sehen ist hier auch die Ausstellung, mit der diese Arbeit dokumentiert wird: Ein Tisch mit zahllosen zerlesenen Originalausgaben mit Randnotizen und anderen Markierungen, ein vergessenes Notizbüchlein auf einem Tresen, stapelweise Neuerscheinungen, mit Titeln, die mit dem ursprünglichen, originalsprachlichen Titel  oftmals nicht mehr viel zu tun haben. Dauerausgestellt sind hier auch etwa 80 Bücher, die in Freiburg übersetzt wurden und in den Jahren 2020 und 2021 erschienen sind. Jedes Jahr sind es etwa 40 Titel und jedes Jahr werden sie eine Woche lang in der Stadtbücherei präsentiert; da dies letztes Jahr aus bekannten, noch immer nicht ganz überwundenen Gründen nicht möglich war, haben die Café-Ü-Betreiber den 2020-er Jahrgang einfach kurzerhand mit auf den Tisch gelegt.

Nun, in der Zusammenschau wird erst erkennbar, wie erstaunlich viele Übersetzerinnen und Übersetzer in Freiburg leben – und wie fleißig sie sind. Und dass sie in vielen Sprachen der Welt zu Hause sind – und in unterschiedlichen Genres. Hier ist alles zu finden: vom Comic bis zum Krimi, vom Sachbuch bis zum Lyrikband, vom Kinderbuch bis zum Theaterstück, vom Klassiker bis zum Experimentalroman. Bekannte und weniger bekannte Autorinnen und Autoren aus vieler Damen und Herren Länder und Sprachen sind darunter – auch hier gibt es viel zu staunen. Selbst die Kuratoren der Ausstellung, Frederik Skorzinski und Jürgen Reuß, geben zu, dass sie bei der Vorbereitung des Ü-Festivals nicht aus dem Staunen herauskamen.

CafeÜ Präsentation

Eröffnet wurde das anregende Café Ü schon am vergangenen Sonntag, mit einer Mini-Revue durchs übersetzte Bücherjahr und mit einem Speed-Dating mit den vielsprachigen Weltliteraturvermittlern Yvonne Eglinger, Judith Elze, Ruth Mader-Koltay, Katja Meintel, Tobias Scheffel, Christoph Trunk und Maja Ueberle-Pfaff. Nicht nur die Eröffnungsveranstaltungen waren gut besucht, auch an den anderen Tagen zog das ausgezeichnete und sehr abwechslungsreiche Programm viele Interessierte ins Literaturhaus. Ein weiteres Speed-Dating mit den bereits erwähnten Mit-Autor*innen gibt as am Samstag, 25. September, von 17.30 bis 18.30 Uhr, danach sorgt DJ Herkules für polyglotte Musik.

Einer der Höhepunkte des Ü-Festivals geht zweifellos am Sonntag, 26. September, 17.30 Uhr über die Bühne: Hier ist mit Anne Weber (Deutscher Buchpreis 2020 für “Annette – ein Heldinnenepos“) eine Übersetzerin zu Gast, die sich als Autorin nicht nur selbst übersetzt, sondern die auch eine Autorin übersetzt, die über eine Übersetzerin schreibt, die eine Autorin übersetzt, die diese Autorin selbst übersetzt hat. Und diese Autorin ist ebenfalls zu Gast: Cécile Wajsbrod, deren aktueller, von Anne Weber ins deutsche übersetzter Roman „Nevermore“ von einer Übersetzerin erzählt, die Virginia Woolfs „Tot he Lighthouse“ in Französische überträgt. Guillaume Fiedler-Plas vom Frankreich-Zentrum der Universität Freiburg navigiert alle Anwesenden durch die komplexen Bezüge zwischen Sprachen, Realitäten und Berufungen und spricht mit Cécile Wajsbrot und Anne Weber über das Übersetzen in Fiktion und Realität, seine Bedeutung für Leser*innen und Verfasser*innen und sein ungeheures Potential, Welten neu zu erschließen.

Nach weiteren Veranstaltungen(s. www.café-ü.de) schließt das Café Ü am Donnerstag, 30. September schließlich wieder seine Türen. Allerdings mit einem Festakt: Die Freiburger Übersetzerin Cornelia Holfelder-von der Tann ist die allererste Preisträgerin des frisch gestifteten Rebekka- Preises. Dazu die Kuratoren:

„Die Rebekka gebührt Übersetzer*innen, die seit vielen Jahren kenntnisreich, begeistert, beharrlich und häufig schlecht bezahlt Belletristik und Sachbücher übersetzen und trotz ihrer langen Titelliste zu wenig Beachtung finden. Dabei erreichen die von ihnen übersetzten Bücher – beispielsweise aus den Bereichen Unterhaltung, Krimi, Science- Fiction, Fantasy sowie Kinder- und Jugendliteratur –, oft hohe Auflagen und bilden das finanzielle Fundament vieler Verlage. Sie sind die Vielgelesenen, die durch ihre Arbeit in und an der Sprache ganz wesentlich zu einer lebendigen und vielfältigen Kultur beitragen. Rebekka wird dieses Jahr erstmals verliehen und feiert ihre Premiere im Café Ü. Im ersten Jahr wird die renommierte Freiburger Übersetzerin Cornelia Holfelder-von der Tann mit dem Preis für ihr beeindruckendes Lebenswerk geehrt.“

Alle Veranstaltungen werden auch gestreamt, in Präsenz sind anmeldepflichtig:
www.literaturhaus-freiburg.de

Fotos: Marc Doradzillo