Eine vergessene Grenzgängerin – Marta Kuhn-Webers fantastische Puppen im Museum für Neue Kunst Kunst & Kultur | 14.03.2025 | Erika Weisser

Fuguren aus Stoff: Marta Kuhn-Webers (li, mit „Marilyn“) imposante Puppen bevölkern das Museum für Neue Kunst in Freiburg

Marta! Puppen, Pop & Poesie“: Unter diesem Titel ist im Freiburger Museum für Neue Kunst vom 14. März bis 21. September eine Ausstellung zu sehen, die sich mit dem Werk von Marta Kuhn-Weber beschäftigt. Zum Glück: Die Künstlerin, die während ihres sehr bewegten Lebens auch ein paar Jahre in Freiburg verbrachte, ist heute fast vergessen.

Sie gehört zu jenen Frauen, die man gerne zu Lebzeiten kennengelernt hätte. Denn die 1903 geborene Performerin und Puppenbauerin war in jeder Hinsicht ihrer Zeit voraus: Eigenwillig war sie, die keine Haushaltsschule absolvierte, sondern mit gerade mal 20 nach einer Steinmetz-Lehre an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe ein Studium begann – als eine der ersten Frauen. Extravagant war sie, die aus ihrem Talent kein Damen-Hobby machte, sondern 1924 nach Paris zog, um dort an der École des Beaux-Arts weiter zu studieren. Selbstbewusst war sie, die nicht brav eines versorgenden Ehemanns harrte, sondern schon 1930 ihre erste eigene Ausstellung in der Berliner Galerie Gurlitt bestritt.

Und sie war experimentierfreudig, unabhängig und grenzenlos – in ihrem Denken, ihrer Kunst, ihrem Leben, ihren Beziehungen. Sie pflegte diverse Liebschaften, heiratete mit 77 einen 23 Jahre jüngeren Mann. In ihrem Werk verband sie bildende Kunst, Theater, Musik, Literatur, Film, Showbusiness und Mode. In den frühen 1930er-Jahren war sie Mitherausgeberin der linken Künstlerzeitschrift Zakpo, zu späteren Zeiten widmete sie sich mit Hingabe der Geschichte und dem Drama von Marilyn Monroe. Eine der Puppen, die sie während der Jahre in der Freiburger Wiehre schuf, stellt diese Leinwandikone denn auch dar – allerdings mit Blick auf deren innere Wahrheit hinter der perfekten Fassade. 

Clown Puppe

Diese Figur wird in der Ausstellung mit insgesamt 36 – teilweise bis zu 1,20 Meter großen – Puppen präsentiert, dazu gesellen sich ihre teils gewagten Interpretationen von Mick Jagger, Julie Driscoll und Janis Joplin. Diese Musiker·innen, die mit ihren Songs die Gefühle einer ganzen Generation ausdrückten, inspirierten auch sie. „Der künstlerische Reiz lag für Marta Kuhn-Weber darin, die Reduktion der Stars auf ihr öffentliches Image, etwa das der ,Hippie Queen‘ oder des ,Bad Boy‘, mittels der Puppen um die jeweils eigene Verletzlichkeit und Wahrhaftigkeit als Mensch zu ergänzen“, betonen die Ausstellungskuratorinnen Christiane Litz und Verena Faber.

Sie bezeichnen es als „Glücksfall“, dass bei der 2021 begonnenen Recherche zu Marta Kuhn-Weber ein komplettes Œuvre zum Vorschein kam, das es erlaubte, ihr Werk anhand vieler Objekte kennenzulernen. Gerade experimentelle Arbeiten, die sich keiner kunsthistorischen Gattung zuordnen ließen, seien besonders gefährdet, in Vergessenheit zu geraten. Aus dieser wird die Künstlerin mit dieser Ausstellung nun herausgeholt.

Info
https://museen.freiburg.de/museen/mnk

Fotos: © Axel Killian; Camille Feveile Ayant-droit