Die Farben der Arktis – Erstmals in Europa: Thematische Kunstausstellung zum borealen Wald Kunst & Kultur | 21.02.2025 | Erika Weisser

Nach der von Besuchern schier überrannten Matisse-Ausstellung, die Galeriechef Sam Keller als „Glanzlicht im internationalen Kunstkalender“ bezeichnete, wendet sich die Fondation Beyeler nun weniger bekannten, doch nicht minder glanzvollen Lichtern zu.
Bis 25. Mai ist die Ausstellung „Nordlichter“ zu sehen, in der 70 Bilder von 13 Künstlerinnen und Künstlern aus Kanada, Norwegen, Schweden, Finnland und Sibirien präsentiert werden – individuelle Sichtweisen auf die borealen Wälder und deren besondere Landschaften.
Menschen sind auf den vom ausgehenden 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts entstandenen, teils großformatigen, teils auch ganz kleinen Bildern nur selten zu sehen. Hinweise auf ihre Existenz schon eher: Da sind etwa in Gustaf Fjæstads „Neu gefallener Schnee“ Fußspuren zu sehen – in einer Landschaft, die er keineswegs einheitlich weiß malt, sondern sie in den unzähligen farblichen Nuancen des Schneeweiß widerspiegelt.
Da ist in Harald Sohlbergs Gemälde von einem fast schwarzen Wald ein kleines weißes Haus, eine Fischerhütte, zu erkennen. Das Bild trägt den Titel „Ein Haus an der Küste“. Und in Edvard Munchs „Zug-rauch“ zeigt eine weiße Dampffahne, dass die Zivilisation per Schiene schon weit zu den endlos und unberührt wirkenden Wäldern und Seen des Nordens vorgerückt ist. Und die Papierindustrie: Munchs „Der gelbe Baumstamm“ deutet die wirtschaftliche Nutzung der Wälder an.

Anna Bobergs eisige Polarlichter
In den beiden ausstellungstitelgebenden Bildern „Nordlichter“ von Anna Boberg und Tom Thomson sowie auf Akseli Gallen-Kallelas „Frühlingsnacht“, Emily Carrs „Abstrakte Baumformen“ oder Iwan Schischkins „Windbruch“ hingegen lässt sich auf den Umstand, dass sich hier ein Mensch aufgehalten hat, nur deshalb schließen, weil dieser Mensch das Gesehene im Bild festgehalten hat.
In „körperlicher Schwerstarbeit im Freien“, wie Kurator Ulf Küster bei der Ausstellungseröffnung betonte – unter Verweis auf die extremen klimatischen Bedingungen mit hierzulande unvorstellbaren Minusgraden in den lichtarmen Wintern oder umgeben von Mückenschwärmen in den fast nachtlosen Sommern.
Impuls für die ungewöhnliche, einem Naturraum gewidmete und in Europa erstmals in dieser Konstellation gezeigte Ausstellung sei „Neugier und die Vertiefung des Themas Nord“ gewesen, sagt Küster. Und die Tatsache, dass der boreale Wald – der größte, die Arktis umgebende und von Alaska bis Sibirien reichende Urwald der Erde – mit seinem speziellen Ökosystem zunehmend bedroht ist. Etwa durch die fortschreitende Erderwärmung, wie die Videoinstallation des 1987 geborenen dänischen Künstlers Jakob Kudsk Steensen verdeutlicht, die im Park der Fondation zu sehen und als Web-Experience weltweit abrufbar ist. Die hier erlebbaren Bilder wirken ebenso lange nach wie die drinnen über neun Säle verteilten Werke, die man zunächst ohne jede Angabe betrachtet: Erläuterungen wie Titel, Künstler und Entstehungsjahr sind auf dem Fußboden vor jedem Bild zu finden.

Emily Carrs abstrakte Baumformen
Fotos: © Akseli Gallen-Kallela, Frühlingsnacht, 1914, Öl auf Leinwand, 115,5 x 115,6 cm, Lillehammer Art Museum, Depositum der Sparebankstiftelsen DNB, Foto: Camilla Damgård; © Anna Boberg, Nordlichter. Studie aus Nordnorwegen, undatiert, Öl auf Leinwand, 97 x 75 cm, Nationalmuseum, Stockholm, Vermächtnis 1946 Ferdinand und Anna Boberg, Foto: Anna Danielsson/Nationalmuseum; © Emily Carr, Abstrakte Baumformen, 1931/32, Öl auf Papier, 61,1 x 91,1 cm, Sammlung der Vancouver Art Gallery, Emily Carr Trust, Foto: Vancouver Art Gallery