Jäger der Lüfte: Faszinierende Libellenvielfalt Natur & Umwelt | 07.06.2024 | Birgit Maier

Seit über 250 Millionen Jahren leben sie schon auf unserer Erde, seit mehr als 150 Millionen Jahren sehen sie so aus wie heute: Libellen. In der Oberrheinebene kann man eine beeindruckende Vielfalt vorfinden.
Obwohl Libellen sehr zerbrechlich wirken, können sie enorme Leistungen vollbringen: Bis zu 50 Kilometer pro Stunde kann eine Großlibelle erreichen und bis zu 2000 Meter hoch sowie rückwärts fliegen. Da sie ihre Flügel unabhängig voneinander bewegen können, sind schnelle Richtungsänderungen kein Problem. Außerdem bestehen die Facettenaugen bei Kleinlibellen aus bis zu 7000 und bei Großlibellen aus bis zu 30.000 Einzelaugen, mit denen sie den Flug ihrer Beute vorausberechnen können. Großlibellen können dadurch Artgenossen aus einer Distanz von über 20 Metern wahrnehmen. In einer Sekunde können sie 175 Bilder getrennt voneinander erkennen.

Faszinierendes Farbspiel: die Große Königslibelle (g. o.). Die Heidelibelle (o.) ist in den Feuchtgebieten am Oberrhein zu beobachten, ebenso wie die Quelljungfer (u.), hier ein frisch geschlüpftes Exemplar.
Die Libellen-Vielfalt am Oberrhein ist aufgrund des milden Klimas beeindruckend. So kann man hier die Südliche Heidelibelle oder den Kleinen Blaupfeil beobachten. Diese Arten leben an Quellaustritten sowie an schmalen, langsam fließenden Bächen und Gräben. Der Rhein mit seinen Altarmen und Zuflüssen hat so seltene Arten wie die Asiatische und die Gelbe Keiljungfer zu bieten. Letztere wird in der Roten Liste in der Kategorie „extrem selten, mit geografischer Restriktion“ geführt. Die Pokal-Azurjungfer ist hier ebenfalls zu finden – eine Rarität. Kiesreiche Flüsse, flache Kiesgruben mit vielen Wasserpflanzen, Tümpel, Verlandungszonen oder zeitweise Wasser führende Senken sind für Libellen eine wichtige Lebensgrundlage, die man am Oberrhein vorfindet.
Man unterscheidet zwischen Klein- (Zygoptera) und Großlibellen (Anisoptera). Bei den Kleinlibellen sind die Augen weit voneinander getrennt, sie haben einen schlanken Körperbau und klappen ihre Flügel in der Ruhestellung oft zusammen. Die Großlibellen besitzen einen robusten Körper und breiten ihre Flügelpaare fast immer waagerecht aus. Ihre Augen stoßen bei vielen Arten aneinander. Zur Familie der Kleinlibellen gehören die Prachtlibellen, die Wasserjungfern, die Teichjungfern, die Federlibellen und die Schlanklibellen. Die Großlibellen werden mit den Familien der Edellibellen, der Flussjungfern, den Quelljungfern, den Falkenlibellen und den Segellibellen besetzt.
Anpassungsfähige Schönheiten
In Deutschland gibt es circa 80 Libellenarten, in Europa leben rund 140 und auf der ganzen Welt fliegen über 6000. Den Verbreitungsschwerpunkt bilden dabei die Tropen, wo immer noch neue Arten entdeckt werden. Mit Ausnahme der Polarregionen, den schneebedeckten Berggipfeln sowie den Trockensteppen und Wüstenregionen kann man die wendigen Insekten in jedem Gebiet der Erde vorfinden. Die größte derzeit bekannte Libellenart ist die Megaloprepus caerultus. Sie lebt in den tropischen Regenwäldern von Süd- und Mittelamerika und hat eine Flügelspannweite von 21,5 bis 23 Zentimeter.
Den Großteil ihres Lebens verbringt die Libelle als Larve im Wasser. Die Entwicklungsdauer beträgt mindestens zwei bis drei Monate und kann sich bei manchen Arten bis auf circa fünf Jahre hinauszögern. Dabei ernähren sie sich von Wasserinsekten, Kleinkrebsen und Würmern. Größere Arten erbeuten auch Jungfische oder Amphibienlarven. Selbst kleinere Artgenossen werden nicht verschmäht.

Quelljungfer
Nach dem Schlüpfen lebt die Libelle je nach Wetterverhältnissen ein paar Wochen lang und verzaubert mit ihren kühnen Flugmanövern und ihren schimmernden Farben.
Fotos: © Birgit Maier