Kampf gegen Klimakiller: Wie Museen und Theater die Nachhaltigkeitsdeklaration mit Leben füllen Natur & Umwelt | 21.02.2023 | Till Neumann

Theater Freiburg: Aufführung Schneekönigin Wiederverwertet: Bei den Kostümen des Stücks „Die Schneekönigin“ war keine Neuware dabei.

Bundesweit wollen Kulturbetriebe nachhaltiger werden. Auch in Freiburg: Im November haben Kulturamt, Theater Freiburg, Stadtbibliothek und städtische Museen die Nachhaltigkeitsdeklaration culture4climate unterzeichnet. Was ändert die Selbstverpflichtung? Das chilli hat beim Theater und den Museen nachgefragt.

Klimakorridore sollen helfen

„Wir schreiben uns das gerne auf die Fahnen“, sagt Christine Litz. Die 55-Jährige ist kommissarische Leiterin der städtischen Museen Freiburg. Sie sieht die Deklaration als ersten Schritt. Jetzt müsse sie mit Leben gefüllt werden. Dazu schaue sich das Team an: „Was sind die größten Klimakiller?“ Ein konkreter Vorschlag steht im Raum: sogenannte Klimakorridore einzurichten. Bei Museen ist der wohl größte CO²-Verursacher der Energieverbrauch für konstante Temperaturen und Luftfeuchtigkeit. „Kunst braucht ein spezifisches Klima“, erklärt Litz. Sonst würden beispielsweise alte Gemälde Risse bekommen.

Christine Litz

Will alle mitnehmen: Christine Litz (städtische Museen)

Permanente 20 Grad Raumtemperatur sind zum Schutz der Exponate vorgegeben. Zudem 50 bis 55 Prozent Luftfeuchtigkeit. Mit den Klimakorridoren sollen die Werte breiter werden: „Wir können so auf 40 bis 60 Prozent Luftfeuchtigkeit öffnen – und auf 19 bis 25 Grad“, erklärt Litz. Doch die Werte dürften sich pro Stunde nur um 0,5 Prozent oder 0,5 Grad ändern. Im Zentralen Kunstdepot seien solche Korridore seit zehn Jahren Standard. Im Raum steht nun, das auch für die Museen zu übernehmen.

Litz findet Nachhaltigkeit wahnsinnig wichtig und sagt: „Es geht nur, wenn man alle mitnimmt.“ Durch die Unterzeichnung habe das Team das Thema noch mehr auf dem Schirm. Die Maßnahmen würden nun strategisch zusammengetragen – und neue Vorschläge eingebracht. Beispiele sind die Wiedernutzung von Vitrinen oder der Bau von Sockeln, die nach einer Ausstellung als Regal weiterverwendet werden könnten.

„Gebäude, Gebäude, Gebäude“

Im Theater Freiburg wird Nachhaltigkeit ebenfalls großgeschrieben. „Viele Anstrengungen unternehmen wir schon seit Jahren“, sagt die kaufmännische Direktorin Tessa Beecken. Der Fokus werde durch die Selbstverpflichtung verstetigt. Das größte Thema im Theater? „Gebäude, Gebäude, Gebäude“, sagt die 56-Jährige. Zugesagte 13,4 Millionen Euro Bundesförderung für die Sanierung sieht sie daher als Glücksfall.

Tessa Beecken

Kümmert sich um Nachhaltigkeit: Tessa Beecken vom Stadttheater

Zu den bisherigen Maßnahmen zählt das Umstellen auf LED-Beleuchtung im Gebäude. Zur effizienteren Steuerung von Heizung und Lüftung seien Sensoren installiert worden. Die Zahl der Drucker im Haus soll von 70 auf 20 reduziert werden. „Wir schaffen spürbare Sprünge in der Vermeidung“, sagt Beecken. Kürzlich habe sich ein interner Umweltausschuss im Theater gegründet. Er soll helfen, noch mehr in Bewegung zu setzen.

Auch Second Hand hilft

Ein weiterer Punkt: Das Nutzen des riesigen Theaterfundus. „Muss es immer etwas Neues sein für ein Stück?“, fragt Beecken. Jüngst hat die Kostümbildnerin Su Bühler für eine Produktion ausschließlich auf Kostüme aus dem Theaterfundus und auf Second-Hand-Ware gesetzt. Auch Alexander Albiker begrüßt das. Der Leiter der Theaterwerkstätten sagt: „Wir bemühen uns seit Jahren um die Wiederverwertung von altem Material – jetzt haben wir einen neuen Fokus gekriegt.“ Hilfreich sei dabei das „Theatre Green Book„, ein Leitfaden für umwelt- und sozialverträgliches Arbeiten im und am Theater. Ziel sei, zwei Drittel der eingesetzten Dinge wiederzuverwerten.

„Das ist ein Lernen, Schritt für Schritt“, sagt der Mann, der seit 23 Jahren beim Theater Freiburg ist. Ein Beispiel: Die Werkstatt versucht keine Verbundsstoffe mehr zu nutzen, so können die Objekte danach wieder auseinandergebaut werden. Zudem können Bühnenbilder nun nach Wünschen der Werkstatt gezeichnet werden. „Wir können mit den Bühnenbildnern frei diskutieren“, sagt Albiker. Früher sei das anders gewesen. Die neue Offenheit ermöglicht, verstärkt auf Vorhandenes zurückgreifen. Als Pflicht sieht er das nicht: „Wir müssen nicht, wir wollen es.“

Bis 2035 möchte das Theater Freiburg klimaneutral sein. Beecken ist überzeugt, es zu schaffen. Die Deklaration helfe – als Push für Kommunikation, Vernetzung und Verstetigung.

Foto: ©  Theater Freiburg, Patrick Seeger, Britt Schilling