Wohnbau statt Dombau – Das Siedlungswerk feiert sein 75-jähriges Bestehen Bauträger | 09.09.2023 | Lars Bargmann

Es war der 19. Juni 1948, ein Samstag, als der Rottenburger Bischof Carl Joseph Leiprecht mit Mitstreitern das Siedlungswerk der Diözese Rottenburg in Stuttgart als GmbH gründete. Deutschland lag vielerorts noch in Schutt und Asche, zwei Tage später wurde die D-Mark in den Besatzungszonen als Zahlungsmittel eingeführt. Bis heute, 75 Jahre später, hat das Siedlungswerk 32.500 Wohnungen gebaut. Mehr als 1000 davon seit 2006 im Raum Freiburg.
Der Bischof hatte mit seiner Formel „Wohnbau statt Dombau“ große Weitsicht bewiesen, das Bauprojekt einer neuen Kathedrale gestoppt und stattdessen 1950 die ersten 15 Familienhäuser in Sindelfingen eingeweiht. Nach Freiburg kam das Wohnungsbauunternehmen erst vor 17 Jahren. Heinz-Dieter Störck, damals wie heute Geschäftsstellenleiter, hatte ein kleines Büro in der Herrenstraße bezogen. Das erste große Projekt war „Freiburg Leben“ an der Kartäuserstraße. Es folgte neben vielen anderen etwa die Bebauung des VAG-Depots an der Komturstraße.
Insgesamt hat das Siedlungswerk im Raum Freiburg 9000 Quadratmeter für Büros, Gewerbeflächen und soziale Einrichtungen, vor allem aber rund 700 Eigentums- und 330 Mietwohnungen gebaut – und dafür 450 Millionen Euro investiert. Und acht Architektenwettbewerbe ausgelobt. Gerade übergeben wurden in Schliengen 34 Eigentumswohnungen und 35 im Preis reduzierte oder öffentlich geförderte Mietwohnungen. Im Bau sind in Opfingen aktuell eine Tagespflegeeinrichtung, 16 Eigentumswohnungen, 11 Mietwohnungen und 8 geförderte.
Ebenfalls Ende kommenden Jahres werden in Waltershofen 22 Kaufwohnungen, 30 geförderte, ein Nahversorger und eine Apotheke fertig. Gemischte Quartiersentwicklungen sind typisch für das Unternehmen. Untypisch läuft es indes auf den Baustellen: Die Fertigstellungstermine einzuhalten, sei aufgrund der Handwerkersituation „sehr nervenaufreibend, ein täglicher Kampf“, sagt Störck.
Durch die bisherigen Förderungen habe sich der soziale Wohnungsbau „noch einigermaßen gerechnet, und wir wollen den auch nicht durch teure, frei finanzierte Miet- oder ebenfalls teure Eigentumswohnungen subventionieren.“ Derzeit aber machten Bund und Land dafür „deutlich zu wenig“. Es brauche „unbedingt“ eine bessere Förderkulisse. Und vertretbare Grundstückspreise.
Die kann Störck bei den in Freiburg anstehenden großen Entwicklungen Kleineschholz und Dietenbach, wo das Siedlungswerk nur allzu gern bauen würde, nicht erkennen. „Mit den derzeitigen Rahmenbedingungen funktioniert das für uns noch nicht.“ Und das, obwohl das kirchlich geprägte Siedlungswerk bei einer Baulandvergabe an „gemeinwohlorientierte“ Unternehmen sicher infrage käme. Mehr als 5300 Wohnungen hat es im Bestand, 2900 haben geförderte Mieten. In mehr als 4200 Wohnungen liegt der Mietzins nach eigenen Angaben unter neun Euro.
Das nächste Freiburger Projekt des elfköpfigen Teams liegt an der Ecke Merzhauser- und Wippertstraße. Hier sollen neben einer Kita je 15 geförderte Miet- und Eigentumswohnungen gebaut werden. Nachdem nicht nur die Rohbaupreise viel zu hoch waren, hat Störck die Arbeiten jetzt neu ausgeschrieben. Baubeginn ist daher erst im kommenden Jahr. Dem Jahr 76 also, nachdem Bischof Leiprecht seine kluge Idee hatte.
Siedlungswerk in Zahlen
Die Bilanzsumme kletterte im vergangenen Jahr um 89 auf 823 Millionen Euro. Im Jahr 2021 wurde ein Gewinn nach Steuern von knapp 40 Millionen Euro ausgewiesen. Ein knappes Drittel des Umsatzes steuert mittlerweile der Standort Freiburg bei. 8 Millionen Dividende werden an die Gesellschafter ausgeschüttet. 74,6 Prozent gehören dem Bistum Rottenburg-Stuttgart, 25 Prozent der L-Bank, 0,4 Prozent drei weiteren kirchlichen Einrichtungen. Ende 2022 arbeiteten 254 Menschen für das Siedlungswerk.
Visualisierung: © Siedlungswerk GmbH