Die Fraktionen scheren nur leicht aus business im Breisgau | 09.03.2023 | Lars Bargmann

Geldgrafik

In Freiburg haben die Fraktionen ihre Anträge für den Doppelhaushalt 2023/24 vorgelegt. Ende März gibt es die öffentliche zweite Lesung, am 9. Mai soll das 2,4-Milliarden-Euro-Paket beschlossen werden. Für Oberbürgermeister Martin Horn und Finanzbürgermeister Stefan Breiter, die den Entwurf kurz vor Weihnachten ins Gremium getragen hatten, ist es der dritte Haushalt. Der große Wirbel ist bisher ausgeblieben. Ein Überblick.

Die Grünen (13 Sitze) haben in Sachen Klimaschutz kein großes Konfliktpotenzial mit der Rathausspitze. Sie wollen bei 72 Anträgen vor allem mehr Geld (5,15 Mio.) aus den Autofahrern rausholen (Bußgelder, Blitzer, Parkraumbewirtschaftung) und die Vergnügungssteuer (Spielautomaten, sexuelle Dienste) um gut eine Million erhöhen. Mehr Geld ausgeben will die stärkste Fraktion für den Ausbau des Ganztagsangebots an den Tuniberg-Schulen, die Sanierung der Schultoiletten (je 1 Mio.), Inklusionsfachkräfte für Kitas (0,28 Mio.) und Kulturimmobilien (0,25 Mio.). Leitlinie: Autofahrer zahlen für Kultur und Soziales.

Die Fraktionsgemeinschaft Eine Stadt für Alle (7 Sitze) will die Gewerbesteuereinnahmen um 22 Millionen Euro erhöhen, wie die Grünen die Vergnügungssteuer (1 Mio.) erhöhen und die Eigenheimförderung um eine Million kürzen. Dafür soll unter anderem die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren (4,9 Mio.) kassiert werden, zwei Millionen in die Planung der Tuniberg-Schule und den Ausbau von Ganztagsschulen, drei Millionen mehr in Bildung, Kultur, Soziales und Integration/Migration investiert werden. Wenn alle 89 Anträge durchgingen, wäre der Haushalt um 10,5 Millionen Euro entlastet. Leitlinie: Unternehmen zahlen für Bildung und Soziales.

Die SPD/Kulturliste (7 Sitze) will bei 59 Anträgen eine Million Euro in die Planung der neuen Tuniberg-Schule investieren, eine halbe in Park-and-Ride-Parkplätze, eine halbe in die Jugendarbeit in Sportvereinen, die Wohnungslosenhilfe und in Räume für die Musikschule. Mehr Fördergelder für den P+R-Ausbau und die Erhöhung der Automatensteuer (1 Mio.) sollen einen Ausgleich schaffen. Leitlinie: Soziale Härten abfedern.

Auch die CDU (6 Sitze) will die Planung der Tuniberg-Schule voranbringen (damit dürfte es dafür eine Mehrheit geben), einen 675.000 Euro schweren Sportinvestitionsfonds gründen, 150.000 Euro für die Musikschule und 100.000 für ein Feuerwehrhaus in Kappel aufwenden. Dafür soll die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) 4,4 Millionen Euro ans Rathaus zurückzahlen, bei Großprojekten sollen zudem 4,2 Millionen, bei der Digitalisierung eine Million weniger ausgegeben werden. Leitlinie: Mehr für Sport und Kultur, weniger für Stadtbau und Großprojekte.

Die JUPI-Fraktion (5 Sitze) plädiert auch für eine höhere Automatensteuer (mehrheitsfähig), will 600.000 Euro weniger an die FWTM auskehren, vier Millionen mehr durch Bußgelder einnehmen. Im Gegenzug sollen öffentliche Räume aufgewertet werden (0,78 Mio.), mehr in Inklusion und Barrierefreiheit (0,68 Mio.), in den Gewaltschutz für Frauen, die Obdachlosenhilfe (je 0,26 Mio.) und zwei neue Stellen für die Einbürgerung (0,19 Mio.) investiert werden. Leitlinie: Autofahrer und Spielautomaten finanzieren öffentliche Räume, Inklusion und Barrierefreiheit.

Die Fraktionsgemeinschaft FDP/BfF (4 Sitze) will Grundstücke im Wert von zwei Millionen Euro verkaufen und einen globalen Minderaufwand (den Ämter irgendwie einsparen müssen) in gleicher Höhe beschließen. Dafür 200.000 Euro mehr in die Aufwertung der Rathausgasse, mit 80.000 das Marienbad, je rund 50.000 ZMF und Refudocs sowie den Treffpunkt Bildung mit 40.000 Euro unterstützen. Unterm Strich entlasten die 15 Anträge den Haushalt um 3,5 Millionen Euro. Leitlinie: Sparen und unwichtige Grundstücke verkaufen, Infrastruktur (vor allem kulturelle) stärken.

Die Freien Wähler (3 Sitze) haben kräftig in die Tasten gegriffen, wollen die Eigentums-/Mietwohnungsquote der FSB beim Neubau von 25/75 in 60/40 drehen und somit eine Haushaltsentlastung um 16 Millionen Euro erreichen, für 10 Millionen Euro „Handtuchgrundstücke“ verkaufen, dafür die Kita-Gebühren nicht erhöhen, drei Millionen ins Feuerwehrhaus in Kappel und eine in den Umbau der Wache in Hochdorf, 150.000 in eine Umnutzung der Gaskugel und 100.000 mehr ins ZMF investieren. Wenn alle Anträge beschlossen würden, wäre der Haushalt um 16 Millionen Euro leichter. Leitlinie: Stadtbau stärker wirtschaftlich als politisch führen, Eltern entlasten, in Feuerwehren und Kultur investieren.

Die AfD (2 Sitze) untermauert ihre Oppositionsrolle durch Einsparungen und Mehreinnahmen in Höhe von 67,6 Millionen Euro. 14 Millionen sollen weniger in den Klimaschutz, 5,5 weniger in den Radwegeausbau investiert werden. Dafür soll der – längst beschlossene und laufende – Bau des NS-Dokuzentrums gestoppt (3,8 Mio.) und stattdessen das Rotteckhaus verkauft werden (7 Mio.). Zudem soll das Rathaus für neun Millionen Euro Erbpachtgrundstücke verkaufen. Dann könnten die Kita-Gebühren so bleiben, das Berthold-Gymnasium erweitert (3 Mio.), das Feuerwehrhaus in Kappel gebaut (3 Mio.), noch einmal drei Millionen fürs Eisstadion auf die Seite gelegt und der Ordnungsdienst mit 1,5 Millionen aufgestockt werden. Leitlinie: „Klima-ideologische Überfrachtung“ im Haushalt beenden, mehr in Schulen und öffentliche Ordnung investieren.

Und schließlich will Freiburg Lebenswert (1 Sitz) den geplanten Stadtteil Dietenbach sofort stoppen (11,4 Mio Einsparung), dafür das Lycée Turenne sanieren (10 Mio.), die Feuerwehr in Kappel bauen, je 1,2 Millionen für die Planung einer Mooswaldhalle und die Sanierung des Michael-Denzlinger-Hauses sowie 300.000 Euro für die Umnutzung der Gaskugel und der Freifläche bereitstellen. Leitlinie: Dietenbach muss weg, dann können Gebäude saniert, mehr in Kultur, Soziales und Sport investiert werden.

Die zweite Lesung des Doppelhaushalts geht am 27. und 28. März über die öffentliche Bühne. Am 9. Mai soll der Gemeinderat, der bisher nur leicht den von der Verwaltung vorgeschlagenen Weg verlässt, den 2,4 Milliarden Euro schweren Haushalt beschließen. Auch wenn er höhere Vergnügungssteuern beschließt, wird es kein vergnügungssteuerpflichtiger sein: Der Haushalt ist mit rund 140 Millionen Euro unterfinanziert.

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