Die Landentwickler – 30 Jahre fwi: 90 Fußballfelder, 750 Vermittlungen, ein Ziel Unternehmen | 13.11.2023 | Lars Bargmann

Deutschlands größter Abbruchbagger: Bevor die ehemalige Cerdia-Fläche für den aktuell im Bau befindlichen Campus der Intuitive Surgical bereit war, musste nicht nur ein 30 Meter hoher Turm abgerissen werden.

Anfangs bekämpft, heute renommiert: Die Freiburg-S-Wirtschafts­immobilien GmbH & Co. KG (fwi) hat ihren 30. Geburtstag gefeiert. Finanzbürgermeister Stefan Breiter fand bei der Festrede viele lobende Worte. Die fwi hat seit ihrer Gründung indes viele Taten sprechen lassen. Meist ohne viel Aufhebens. Mit dem Kauf von 20 Hektar am Rande des Cerdia-Areals ist ihr unlängst der bisher größte Coup gelungen. Nicht der einzige.

Bevor die gemeinsame Tochter der Sparkasse Freiburg und – damals – der Freiburg Wirtschaft und Touristik (FWT) am 13. Januar 1993 gegründet wurde, hatten sich mehrere Gerichte mit dem bundesweit bis dahin einmaligen Joint Venture einer Kommune mit einer kommunal verfassten Bank auseinandergesetzt. Ein Makler, offenbar mit anderer Bankverbindung, hatte gegen die Konstruktion geklagt, weil die zu einer marktbeherrschenden Stellung der fwi führen würde.

Diese Einschätzung teilten die Richter in Mannheim nicht. Das Regierungspräsidium Freiburg genehmigte sodann die Firmengründung – mit der Einschränkung, dass die fwi ausschließlich als Gewerbeflächenentwicklerin tätig sein dürfe. „Das sind Restriktionen, an die wir uns bis heute halten“, sagt fwi-Geschäftsführer Thomas Stoffel beim Redaktionsbesuch.

Die Idee zur Gründung hatten der FWT-Geschäftsführer Bernd Dallmann und Manfred Tritschler. Der Sparkassen-Vorstand wollte seinerzeit die heute auf Wohnflächen spezialisierte Immobiliengesellschaft der Bank umstrukturieren. Bei Dallmann, damals Freiburgs oberster Wirtschaftsförderer, landeten derweil immer wieder gewerbliche Flächenanfragen von Unternehmen auf dem Tisch, mit denen er nicht mehr machen konnte, als sie an private Makler weiterzureichen – denen also auch Geschäfte zu ermöglichen. Das änderte sich nach 1993.

Aber es ging und geht bei der fwi, die von den Geschäftsführern Thomas Stoffel (64) und Markus Hildmann (56) geführt wird, nur am Rande ums Maklergeschäft: Das Unternehmen kaufte und entwickelte das elf Fußballfelder große Kasernenareal St. Gabriel vom Bund – wo heute nicht zuletzt die Freiburger Abfallwirtschaft ihren Sitz hat. Eher kein Job, für den sich ein Makler gemeldet hätte. Die fwi entwickelte als Dienstleister für die Stadt Emmendingen das Gewerbegebiet „Über der Elz“ und wandelte dort auch das 14 Hektar große Ramie-Areal in die Gartenstadt Emmendingen um – womit quasi nebenbei noch die Betriebsrenten der Beschäftigten der Textilfabrik ge­sichert wurden.

Ebenfalls vom Bund erwarb die fwi das sieben Fußballfelder große Kasernenareal Pradère in Teningen, entwickelte in Freiburg die Brache „Kläranlage Nord“, kaufte und entwickelte das Kyburg-­Areal, wo damals der SWR residierte, sprang nach der Pleite eines Bauträgers in die Entwicklung des Kepler-Parks mit ein oder vermietete nach der Fertigstellung des neuen Freiburger Hauptbahnhofs dort sämtliche Flächen. So ganz ohne Maklertätigkeit agiert die Firma nicht. Aber das ist eher ein Nebenjob.

„Wir machen insofern Wirtschaftsförderung, dass wir die ­Infrastruktur für ­Unternehmensansiedlungen entwickeln. Unser Auftrag ist sparsames Flächenmanagement, Innenentwicklung und Flächenrecycling“, erklärt Stoffel. Ein Ausrufezeiten verdient sich dieses Statement mit dem Kauf der Cerdia-Flächen. 16 Hektar waren es im ersten Schritt vor drei Jahren, 5,5 Hektar kommen demnächst dazu, wenn der SV Rhodia seine Rasenrechtecke an der Hermann-Mitsch-Straße verlassen muss. Drei Hek­tar hat die fwi an die Intuitive Surgical Optics GmbH verkauft, die dort deutlich über 60 Millionen Euro in einen neuen Campus investiert – was nicht nur in Freiburg für Aufsehen sorgte. Zwei Hektar samt einer großen Halle verkaufte sie an die Reuter Chemische Apparatebau. Der Verkauf von weiteren 2,3 Hektar an die Komtur Pharmaceuticals (wir berichteten) wurde aber inzwischen rückabgewickelt. 16,5 Hektar oder gut 23 Fußballfelder sind also noch zu haben. Die muss man an den Mann oder die Frau bringen.

Sorgen machen sich die Geschäftsführer deswegen nicht. „Wir entwickeln dort ein hochwertiges, innovatives Quartier, wir haben tolle Spin-offs in der Stadt, fünf Fraunhofer Institute, zwei Max-Planck-Institute, das Universitätsklinikum, es gibt da kaum Vermarktungsrisiko“, so Stoffel. Der Run auf Freiburg ist auch bei den Gewerbeflächen ungebrochen. Für drei Viertel der Flächen lägen schon Reservierungen vor.

Markus Hildmann und Thomas Stoffel

Haben derzeit gut lachen: Die beiden Geschäftsführer Markus Hildmann (l.) und Thomas Stoffel

„Wir sind zwar eine Gesellschaft mit Gewinnabsicht“, betont Hildmann, im Hauptberuf stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse, „aber unter denen zählen wir zu den Gemäßigten.“ Ein internationaler oder nationaler Projektentwickler hätte den Cerdia-Deal nicht gemacht, weil die „mit höheren Renditevorstellungen“ unterwegs wären. Das Cerdia-Areal zu entwickeln, sei für die fwi der Vorstoß in eine „völlig neue Dimension“ – nicht nur finanziell. Auch der Artenschutz, es gibt allein dazu ein 140 Seiten dickes Gutachten, sei eine „enorme Herausforderung“.

Stoffel schmunzelt. Was heute der Artenschutz ist, waren früher bei der Entwicklung der Kasernenareale die Altlasten: „Das war mindestens so aufregend wie heute der Artenschutz.“ Der Artenschutz war auch auf dem Freiburger Güterbahnhof ein dominantes Thema. Die fwi hatte von der Aurelis Asset vor zehn Jahren für fünf Millionen Euro vier Hektar im Norden des Areals erworben. Vor allem, um dort Handwerksbetriebe anzusiedeln. Das jedoch ist nur mittelüberzeugend gelungen: Handwerker muss man auf dem Güterbahnhof mit ähnlich guten Augen suchen wie die kleinen, geschützten Mauereidechsen.

Die fwi ist unternehmerisch nicht nur Tochter, sondern auch Mutter: So gehört ihr etwa die Auwald 13 GmbH und damit das Grundstück des einstigen Autohauses Kannengießer am Eingang zum Stadtteil Landwasser. Dort plant der Projektentwickler Peter Unmüßig vis-à-vis des neuen Zentrums den Bau eines weiteren Hochhauses. Bekommt er das Baurecht, kauft er von der Auwald 13 das Grundstück, baut aber von 120 Wohnungen auch 40 für Beschäftigte der Sparkasse.

Wenn im Freiburger Rathaus Bürgermeister von „aktiver Liegenschaftspolitik“ sprechen, könnten sie sich bei der fwi durchaus eine Scheibe abschneiden. Der Wirkungskreis der fwi geht allerdings auch weit über die Stadtgrenzen hinaus und ist durch die Fusion der Sparkasse Freiburg mit der Sparkasse Nördlicher Breisgau 1998 und drei Jahre später mit der Sparkasse Elztal noch größer geworden. Die Geschäftsgebiete von Bank und fwi decken sich. In ihrer 30-jährigen Geschichte hat die fwi 600.000 Quadratmeter – oder fast 90 Fußballfelder – entwickelt und 750 gewerblich genutzte Flächen vermittelt.

Wenn es nach Stoffel und Hildmann geht, dann braucht allein die Stadt Freiburg jedes Jahr vier bis fünf neue Hektar fürs Gewerbe. Aufsummiert bis ins Jahr 2040, der Flächennutzungsplan 2040 wird im Rathaus derzeit im Schneckentempo bearbeitet, sind’s rund 800.000 Quadratmeter. Oder zwei Mal den Güterbahnhof Nord. „Ich bin in großer Sorge, dass wir für 80 Prozent unserer Arbeitsplätze, das sind Dienstleistungen, keine Expansionsmöglichkeiten mehr haben. Aktuell haben wir für Büroflächen nur minimale Potenziale“, hebt Stoffel den Finger. An der Bahnhofsachse habe man gesehen, wie schnell 100.000 Quadratmeter Büroflächen vermietet sind. Auch Laborflächen seien vehement nachgefragt, ergänzt Hildmann: „Und wenn wir keine Flächen haben, kommt auch keiner mehr nach Freiburg.“

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