Gänsehaut garantiert: Justiz in alter Zeit Erkunden & erleben | 13.08.2024 | Beat Eglin

Richtbeil und Richtschwert Richtbeil und Richtschwert, mit denen 1820 Meuterer in Flensburg hingerichtet wurden.

Das Henkermuseum in Sissach zeigt als einziges Museum in der Schweiz Gerätschaften des Strafvollzuges aus längst vergangenen Zeiten. Das Vorgehen damals war brutal. Im Museum wird das Thema aber pietätvoll und nicht blutrünstig behandelt. Somit ist ein Besuch für Personen aller Altersklassen geeignet, die Treppen steigen können. Ein Aufzug ist nicht vorhanden.

Das Gebäude war ursprünglich ein Brückenzollhaus, da die Gemeinde Sissach das Marktrecht besaß. Durchziehende Bauern mussten Zoll bezahlen. Später wurde es zum Gefängnis, Leichenschauhaus und Schlachthaus. Guido Varesi richtete es dann als Museum mit einigen exklusiven Exponaten aus. Zu sehen sind das einzige existierende Bild des ehemaligen Scharfrichters von Basel, Martin Mengis, oder das Richtschwert, mit dem Anna Göldi, die letzte Hexe Europas, am 13. Juni 1782 hingerichtet wurde. Das Schwert ist bedeutend länger als eines von 1580, denn die Leute waren damals kleiner, erzählt Varesi. Der Hexenstuhl ist mit der Haut einer Hexe bezogen. Das machte beim Volk Eindruck, denn man glaubte, dass sich eine darauf sitzende Person verriet.

Museumseigentümer Guido Varesi

Museumseigentümer Guido Varesi erzählt gerne Anekdoten über seine Exponate.

Im Untergeschoss erfährt man mehr über Gefängnisse und Folterkammern. Im Erdgeschoss geht es um Henker und die Todesstrafe. Das Obergeschoss behandelt die Hexenverfolgung und die Guillotine. Pius Buser, ein sehr bekannter Entfesselungskünstler, hat dort ebenfalls seinen Stammplatz: Der 1898 in Sissach geborenen Entfesselungskünstler befreite sich aus einem unter Strom stehenden elektrischen Stuhl. Eine Vorstellung pro Tag funktionierte gut. Nach mehreren Shows zeigten sich Grippesymptome. Er verstarb an einer Lungenentzündung, da es noch kein Penicillin gab. Offenbar übertrieb er es mit dem Strom, denn bei der Obduktion stellte man Narben an seinem Herz fest.

Ein Arztkoffer

Hinrichten und heilen: Im Zweitberuf arbeitete der Henker als Arzt und Apotheker.

Das Treppenhaus wird genutzt, um den Zweitberuf des Henkers vorzustellen. Nebenbei war er Arzt und Apotheker. Ausgestellt sind seine chirurgischen Werkzeuge und Fläschchen mit Tinkturen. Eine Anekdote erzählt Varesi: Einmal besuchten Nachfahren eines Hingerichteten das Museum. Zufällig erschienen auch die Nachkommen eines Henkers. Die Familien unterhielten sich friedlich und gingen sogar gemeinsam zum Nachtessen.

Info

Henkermuseum Sissach
Kirchgasse 2
CH-4450 Sissach
Öffnungszeiten: Jeden 1. & 3. Sonntag des Monats, 14–17 Uhr
www.henkermuseum.ch

Fotos: © Beat Eglin www.presstime.ch