Wachgeküsst: Mühlenwanderweg Simonswald Freizeit in der Regio | 06.05.2023 | Kornelia Stinn

Die Schlossmühle im Simonswald Die Schlossmühle gehört zu den ältesten Mühlen im Simonswälder Tal.

In Simonswald entdecken Wanderer auf einem reizvollen Rundweg gleich neun alte Schwarzwaldmühlen. Am Deutschen Mühlentag, dem Pfingstmontag, lässt sich im Simonswälder Tal beobachten, wie mit Wasserkraft gemahlen und gesägt wird.

Am Sägplatz in Simonswald ist mächtig was los: Musik ertönt, allerlei Grillspezialitäten duften verlockend. Bunte Wandergrüppchen starten zum Mühlenrundweg. Vor einhundert Jahren klapperten noch auf rund hundert Bauernhöfen des Ortes Mühlen. Viele Höfe gaben sie auf, industrielle Herstellung machte das Handwerk unrentabel. Bei der Panorama-Wanderung zwischen der Wilden Gutach, dem Haslachsimonswälder Bach und dem Ettersbach lassen sich nun immerhin neun wieder flottgemachte Wasserräder bewundern. Im Gegensatz zu den Flügeln von Windmühlen sind es bei den Schwarzwaldmühlen ja die Räder, die die Energie erzeugen – und das mit der Kraft des Wassers.

Gleich am Ausgangspunkt laden die Kronenmühle und die Schlossmühle zur Besichtigung. Letztere war seit 1678 am Schlossberg zu Hause und gehört zu den ältesten Mühlen im Simonswälder Tal. Sie musste einem Neubaugebiet weichen und erwachte im Jahr 2004 am neuen Standort in alter Schönheit. Die Kronenmühle hingegen verrichtete ihre Arbeit von 1800 bis 1950 am Adamshof in St. Märgen. Die Technik dieser alten Getreidemühle erklärt die weithin bekannte Liedzeile: „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“. Es ist nicht das Wasserrad, auch nicht der Mühlstein, der da klappert, sondern das Geräusch entstand beim Mehlsieben: Das Mahlgut wurde durch einen Trichter, den „Tremel“, eingefüllt, später in den sogenannten Bittelsack gesiebt und schließlich von dort mit einem Stock herausgeklopft. Es ist dieses Klopfgeräusch, das die Mühle „klappern“ lässt.

Die Getreidemühle des Vitztinerhofs

Die Getreidemühle des Vitztinerhofs erzeugt heute dank moderner Wasserkraftanlage Strom.

„Stillstand führt zum Zerfall“

Mit Wissenswertem im Gepäck geht es weiter auf Entdeckungstour, zunächst zur Mühle des Vitztinerhofes am Haslachsimonswälder Bach. Eingebettet in saftige Wiesen steht sie da. Sie gehört Hubert Weis, dessen Vater die ehemalige Getreidemühle 1994 in ein Kraftwerk für Ökostrom umbaute. Weis berichtet, dass sie allein mit der Kraft des Wassers aktuell 5000 Kilowattstunden Strom im Jahr produziert. Das deckt den Bedarf einer vierköpfigen Familie. So zeigt diese Mühle, wie altes Kulturgut nicht nur überdauern, sondern auch einen zeitgemäßen Einsatz finden kann. Sie ist nicht für Besucher geöffnet.

Es ist die Getreidemühle des Schwanenhofes, die als Nächstes am Weg liegt. Die Besitzerin Regina Hummel berichtet, dass die Mühlräder während des Jahres in Bewegung gehalten werden müssen, auch wenn kein Mehl gemahlen wird: „Stillstand führt zum Verfall!“ Sie hat ihren Großvater noch bei der Arbeit in der Mühle erlebt und möchte, dass dieses alte Kulturgut erhalten bleibt. Für ihre Familie, so Regina Hummel, waren der Getreideanbau, die Mühle zum Mahlen des Getreides und auch ein Backhaus, in dem sie bis zu hundert Brote gleichzeitig backen konnte, notwendig, um zu überleben. Über eine Umlenkrolle konnte außerdem die durch die Wasserkraft gewonnene Energie für den Antrieb landwirtschaftlicher Geräte genutzt werden. Am Mühlentag können die Gäste zusehen, wie Weizenmehl gemahlen wird. Der Gesangverein kümmert sich um das Vesper. 

Gestärkt geht’s weiter auf dem Wanderweg. Bald bietet sich noch einmal ein schöner Blick zurück auf die Schwanen-Mühle, und vom Neuenberg aus öffnet sich das Panorama ins Haslachtal und nach Simonswald. Am Neuenberg kuschelt sich dann auch die Wehrlehof-Mühle umrahmt von Bäumen in die Wiesen. Sie hat einen Teich als Wasserspeicher. Ihre Tür steht immer offen.

Eine Öl- und eine Getreidemühle die nebeneinander liegen

Einträchtig liegen Getreide- und Säge-Mühle des „Bur“ im Ettersbach nebeneinander.

Kulturhistorische Prachtexemplare

Vorbei an stattlichen Höfen führt der Wanderweg weiter Richtung Ölmühle. In diesem kulturhistorischen Prachtexemplar aus dem frühen 18. Jahrhundert wurden noch bis 1955 Walnüsse, Raps, Mohn und Bucheckern zu Öl verarbeitet. Dann verfiel es und wurde von einem Architekten innerhalb von zehn Jahren fachgerecht aufgemöbelt. Schließlich übernahm es die Gemeinde. Dank des Brauchtumsvereins Simonswäldertal e.V. wird hier heute sogar wieder Walnussöl hergestellt. Bis zu 100 Liter am Tag sind möglich, wie der Vereinsvorsitzende Erwin Weis erklärt. Bereits seit 40 Jahren setzt sich der 85-jährige ehemalige Vorsitzende Erich Schwär für die Ölmühle ein. Er sorgte auch dafür, dass die benachbarte Getreidemühle wieder in Fahrt kam. Von der Wilden Gutach wird das Wasser über einen Kanal hergeleitet. Die nebeneinander liegenden Räder von Öl- und Getreidemühle sind die einzigen am Wanderweg, die unterschlächtig durch Wasserdruck angetrieben werden. Bei allen anderen wird das Wasser über die Räder – also oberschlächtig – zugeleitet.

Von der Ölmühle aus führt der Weg in zwanzig Minuten zurück zum Sägplatz. Gut neun Kilometer lang ist diese Runde. Sie lässt sich kurz nach der Ölmühle durch einen einstündigen Schlenker zu den Mühlen des „Bur“ im Ettersbach verlängern. Hier zeigen eine Getreidemühle und eine Sägemühle ihre Power. Der im Forst tätige Besitzer Albert Wehrle nutzt die Sägemühle manchmal, um Bretter für Hochsitze zu sägen. Von dem Schrot der Getreidemühle profitieren seine 15 Hirsche, die in einem kleinen Park oberhalb der Mühlen leben.

Dass sich am Mühlentag alle „wachgeküssten“ Schönheiten am Rundweg in festlichem Rahmen präsentieren, ist dem Brauchtumsverein zu verdanken, der das Fest rund um die Wasserräder am Pfingstmontag auf die Beine stellt.

Info

Mühlenwanderweg Simonswald
Start & Ziel: Sägplatz, Simonswald
Auf- und Abstieg: zirka 280 Meter
Länge: 9 Kilometer
Dauer: 3 Stunden

Am Mühlentag, Pfingstmontag, verkehrt ein Shuttle-Bus zwischen Sägplatz und den Mühlen des „Bur“ im Ettersbach.

Die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung e.V. rief im Jahre 1982 den Deutschen Mühlentag ins Leben. Die Vereinigung hat weltweit 42.690 Mühlen erfasst, davon 986 in Baden-Württemberg.

www.deutsche-muehlen.de

Fotos: © Winftried Stinn