100 neue Arbeitsplätze geschaffen – Intuitive Surgical gewinnt Preis und investiert in Freiburg STADTGEPLAUDER | 20.05.2022 | Lars Bargmann

Martin Horn (l.), Dirk Barten, Hanna Böhme und der da Vinci-Roboter Drei Menschen und ein Roboter: Martin Horn (l.), Dirk Barten, Hanna Böhme und der da Vinci-Roboter.

Jobmotor-Preis gewonnen, Spatenstich für Neubauten mit deutlich über 60 Millionen Euro vor der Brust: Die 1998 gegründete Intuitive Surgical Deutschland GmbH (ISD) besticht zwar mit minimalinvasiver Intelligenz, drückt aber maximal aufs Gaspedal der Expansion – vor allem in Freiburg. 

Dirk Barten, Geschäftsführer der ISD und in Personalunion auch fürs Europageschäft zuständig, erzählt im Gespräch mit dem business im Breisgau die Gründungsgeschichte des ISD-Erfolgsmodells, das auf den Namen da Vinci hört und roboterbasierte Operationen ermöglicht. Demnach hatte das US-Militär ursprünglich in eine Technik investiert, die ermöglichen sollte, dass irgendwo in den USA ein Chirurg sitzt, der einen verletzten Soldaten an irgendeiner Kriegsfront ferngesteuert operieren kann: „Dieser Fall hat zwar nie stattgefunden, aber die Basis-Patente dafür waren die Keimzelle von da Vinci.“

Heute arbeiten bereits 6700 dieser Systeme in 69 Ländern auf der ganzen Welt. Tendenz steigend. In Deutschland sind es 210, in Freiburg hat das Uniklinikum zwei, das Lorettokrankenhaus eines. Das starke Wachstum wurde durch die Pandemie zwar deutlich abgebremst – statt des geplanten ISD-Umsatzes von 132 Millionen Euro waren es nur knapp 100. Die „Delle ist aber nicht tragisch“, sagt der gebürtige Freiburger Barten.

Viele Krankenhäuser hätten planbare Operationen verschieben müssen und es ist nicht selten, dass die Finanzierungsmodelle so aufgestellt wurden, dass die ISD bei jeder Operation mitverdient. „Wir verleasen die Systeme, wir finanzieren sie, wir verkaufen sie, es gibt viele Möglichkeiten“, sagt der 55-Jährige.

Von der da Vinci-Technik, die siebenstellige Investitionen erfordert, profitieren die Operateure, vor allem aber die Patienten: Wenn sie früher nach einer Operation im Bauchraum erst nach vier, fünf Tagen wieder mobil waren, können sie heute häufig schon nach einer Nacht wieder nach Hause. Minimalinvasive, robotergestützte Operationen sind fehlerreduzierter als händische, verursachen zudem nur ein minimales Schadensbild und verringern damit auch die Menge an Schmerzmitteln, die die Patienten postoperativ schlucken müssen. 

Zwar könnte der Operateur im Prinzip auch in Mailand sitzen und einen Patienten in Helsinki operieren. In der Regel sind aber beide in einem Raum. „Wenn bei der OP irgendetwas nicht Planbares passiert, kann das Team vor Ort sofort eingreifen“, erzählt Barten. Er hatte am Technischen Gymnasium in Freiburg sein Abi gemacht, an der Fachhochschule in Ulm Medizintechnik studiert, war ein paar Jahre in Schweden, kam zurück nach Freiburg, arbeitete für den Hellige-Nachfolger GE Healthcare in Freiburg, dann für Schölly Fiberoptic in Denzlingen. 2019 hatte die Intuitive Surgical das Robotik-Endoskopie-Geschäft von Schölly übernommen, so landete auch Barten bei der ISD.

2019, als der Sitz der Gesellschaft von Essen nach Freiburg verlegt wurde und die Firma am Flugplatz in Freiburg und in Emmendingen Gebäude anmietete, hatte sie 39 da Vincis ausgeliefert. Im ersten Pandemiejahr waren es dann noch 32. Der Umsatz sackte ab, nach Zinsen und Steuern blieben immerhin 1,2 Millionen Euro Ergebnis. In 2021 werden die Zahlen „deutlich darüber liegen“, so Barten.

Für die ISD arbeiteten in Freiburg zum Jahresende 143 Menschen, in Emmendingen 221. Für mindestens 600 ist der Neubau an der Hermann-Mitsch-Straße geplant. 22.000 Quadratmeter Nutzfläche waren die Zielmarke im vergangenen Juni – es werden wohl deutlich mehr werden. Ob die veranschlagten 60 Millionen Euro bei der Preisexplosion auf dem Bau reichen, ist unwahrscheinlich. Bauen wird die Vollack-Gruppe aus Karlsruhe. Den Jobmotor-Preis gab es, weil die ISD allein im vergangenen Jahr in Südbaden knapp 100 neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Weltweit arbeiten für den Konzern 9700 Menschen.

Foto: © FWTM/Michael Spiegelhalter