Blaumann statt Badehose – Warum in der menschenleeren Keidel-Therme die Duschen laufen STADTGEPLAUDER | 28.04.2021 | Philip Thomas

Keidel-Therme Schwimmbecken

Wo im Freiburger Keidel normalerweise Kinder kreischen, Teenager knutschen und Senioren relaxen, werkeln derzeit Handwerker. Hinter verschlossenen Türen werden die Arbeiter Zeuge eines eigenartigen Schauspiels. Viermal am Tag erwacht die Therme im Winterschlaf sprudelnd zum Leben.

Schließphasen gab es früher schon, einen Lockdown hat der Geschäftsleiter der Freiburger Keidel-Therme noch nicht erlebt. „Das ist für uns eine besondere Herausforderung“, sagt Oliver Heintz im Bistro des menschenleeren Bades. Die Stühle darin wurden zu Seite geschoben und gestapelt, in der Mitte des Bereichs steht eine Holzleiter, hinter dem Tresen blinkt die Kaffeemaschine. Einzig: Die Handwerker sind im Haus. „Wir nutzen die Zeit, um Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen vorzuziehen“, erklärt Heintz. Gerade werden neue Elektroleitungen verlegt.

Whirlpool im Keidel-Bad

Der 53-Jährige plant, Freiburgs Freibäder sukzessive aus dem Winterschlaf zu holen. Für eine Therme wie das Keidel brauche er drei Wochen Vorlaufzeit, Freiburgs Freibäder benötigen drei Monate, um für Besucher bereit zu sein. Dafür müsse Vorarbeit geleistet werden. „Wenn ein Auto lange stand, kann man auch nicht direkt Vollgas geben“, sagt er.

Die Technik im Keidel ist deswegen auch nicht komplett heruntergefahren. „Wir sind im absoluten minimalen Erhaltungsbetrieb“, betont Heintz. Ganz ausgeschaltet werden können die Anlagen der Therme nicht – in den Rohren steht Wasser. „Die müssen durchgespült werden, sonst kommt es darin wegen des Mineralanteils im Thermenwasser zu Ablagerungen“, erklärt der Experte. Um Kondenswasser und Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden, läuft auch die Lüftung. Wie viel Energie das Keidel im Winterschlaf verbraucht, könne Heintz pauschal nicht sagen.

Geschäftsleiter: Oliver Heintz

Hält die Keidel-Therme am Laufen: Geschäftsleiter Oliver Heintz

Im Keidel riecht es noch nach Chlor. Auf der Ostseite der Therme plätschert das volle Innenbecken leise vor sich hin, als warte es auf Schwimmer. „Das Wasser müssen wir drinlassen. Das gleicht den Druck vom Boden aus. Sonst kann sich das Becken verziehen und Fliesen lösen“, erklärt Heintz. Im Perl- und Warmbecken hingegen herrscht Ebbe. Darin steht ein Handwerker, statt Badehose trägt er Blaumann. Auch dahinter, im großen Behandlungs- sowie Fitnessbecken, ist das warme Nass komplett abgelassen. Wo normalerweise das Leben tobt, hallen heute Schritte.

Pool Keidel-Bad

In wenigen Stunden wird die Stille wieder durch eine kleine Einlage unterbrochen: Viermal am Tag schalten sich im Keidel alle Duschen und Massagedüsen ein und der Strömungskanal und Wasserfall beginnen wie durch Zauberhand zu sprudeln. Selbst Heintz ist von dem zuschauerlosen Schauspiel jedes Mal kurz überrascht. „Wir fragen uns dann manchmal: Huch, wer duscht denn da?“ Die Show sei skurril, aber notwendig. „Der heiße Wasserdurchlauf reinigt die Leitungen. So können sich darin keine Mineralablagerungen bilden“, betont er.

In den Kassen sprudelt es weniger. Im vergangenen Juni hatte die Freiburger Stadtbau (FSB) gemeldet, dass – im Vergleich zur Schließung – allein die pandemiebedingte Öffnung des Keidel, des Strandbades sowie des Freibads in St. Georgen 400.000 Euro an zusätzlichen Kosten verursacht – monatlich. Aktuell sind vier von fünf Keidel-Mitarbeitern in Kurzarbeit. In der Regio Bäder GmbH wird die Belegschaft peu à peu zurückgeholt. Im Pandemie-Modus sei der Personalaufwand aber in allen Bädern gestiegen: Statt zwei Bademeistern werden vier benötigt. Dazu kommen Kosten für Reinigung und Security.

Freibad St.Georgen Pool, halbvoll mit Rutsche

Pool, halbvoll: Im Freibad St. Georgen laufen die Vorbereitungen.

Für die kommende Freiluftsaison sehen sich Freiburgs Bad-­Betreiber gerüstet. Vergangenes Jahr habe man wertvolle Erfahrungen gesammelt. Eineinhalb Meter Abstand, vier Quadratmeter im Nichtschwimmerbecken, insgesamt zehn Quadratmeter Schwimmerbecken pro Badegast. „Die Corona-Verordnung ist klar definiert“, so Heintz. Zwischenfälle sind dem Geschäftsleiter nicht bekannt: „Das lief alles optimal.“ Das Westbad und das Haslacher Bad wurden bereits für Vereins- und Schulschwimmen geöffnet. Das Strandbad soll, abhängig von Infektionsgeschehen und Wetter, demnächst öffnen. Im Mai könnten das Freibad in St. Georgen und das Lorettobad aufschließen.

Freibad St. Georgen Pool halbvoll

Für die Keidel-Therme gibt es zum Redaktionsschluss noch kein Öffnungsdatum. Normalerweise tummeln sich um diese Jahreszeit täglich knapp 2500 Besucher unter ihren Glaskuppeln. „Eigentlich ist gerade Hochsaison“, sagt Heintz. Er sehnt sich danach, die Türen der Therme wieder zu öffnen. Im Foyer steht derzeit ein Fahrrad, wenn der Startschuss aber fällt, will Heintz das Keidel so schnell wie möglich aus dem Winterschlaf wecken.

Fotos: © Stadt Freiburg / © pt