Rustikal: Polizei und Staatsanwalt ermitteln in EHC-Affäre STADTGEPLAUDER | 19.12.2020 | Lars Bargmann

Daniel Heinrizi und Maskottchen Daniel Heinrizi: Sportchef klagt vorm Arbeitsgericht gegen den EHC.

Der EHC Freiburg und sein ehemaliger Sportlicher Leiter Daniel Heinrizi liefern sich vor dem Freiburger Arbeitsgericht ein juristisches Nachspiel: Heinrizi ficht einen Auflösungsvertrag an, weil er diesen nur unter massiven Drohungen unterzeichnet habe. EHC-Präsident Michael Müller lässt chilli-Anfragen unbeantwortet, der Vorstandsvorsitzende Werner Karlin wird „während des laufenden Verfahrens keinerlei Stellungnahmen abgeben“. Die Polizei bestätigt, dass gegen Müller mehrere Anzeigen erstattet wurden. Die Ermittlungsergebnisse sind der Staatsanwaltschaft übergeben worden.

In dem durchaus als Trauerspiel zu bezeichnenden juristischen Nachspiel fordert Heinrizi 180.000 Euro, die er bis Ende Mai 2022, so lange wäre sein Vertrag gültig gewesen, an Gehältern und – bei Erfolgen – auch Sonderzahlungen und Prämien vom EHC bekommen hätte. So trägt es sein Anwalt Steffen Lang vor Gericht vor. Sein Mandant sei aber zu einer gütlichen Einigung in der Mitte bei 90.000 Euro bereit. Auf diese Weise die Kuh vom Eis zu holen, das war mit EHC-Anwalt Markus Czech nicht zu machen. Der Prozess soll im April fortgesetzt werden.

Heinrizi war ein guter Griff für die Wölfe. Offiziell hatte er am 1. Juni 2019 seinen Job übernommen, der EHC steckte im Abstiegskampf. Er holte Peter Russell an die Echte-Helden-Arena, der im vergangenen März nach dem Ende der regulären DEL-2-Saison von Kollegen, Kapitänen und Experten direkt zum Trainer des Jahres gewählt wurde. Auch der Kader wurde – bei nahezu unverändertem Budget – unter Heinrizi merklich verstärkt. Zum Bruch kam es nicht – wie sonst branchentypisch – aus sportlichen oder geschäftlichen Gründen, sondern auf privatem Geläuf.

Was hernach passierte, ist mit „boulevardesk“ nur euphemistisch beschrieben. Es soll unter anderem abfotografierte Mails von Heinrizis Account geben, die dann ausgedruckt und an Vorstände verschickt wurden. Die Pressestelle der Freiburger Polizei bestätigt auf Anfrage, dass sie in mehreren Fällen gegen Michael Müller, seit Oktober 2018 im Amt, ermittelt hat. Heinrizi hatte den Präsidenten angezeigt; auch Müllers Frau Martina, bis zum Zerwürfnis Schatzmeisterin des EHC, hatte gegen ihren Mann eine Anzeige erstattet. Die Polizei ermittelte, die Ergebnisse hat sie mittlerweile der Staatsanwaltschaft übergeben. Ein Verfahren sei eingestellt worden, sagt der Erste Staatsanwalt Ralf Langenbach, ein weiteres noch anhängig. Ob Anklage erhoben oder die Akten für etwaige zivilrechtliche Auseinandersetzungen freigegeben werden, ist noch offen.

Am 27. März hatte der Club gemeldet, dass Heinrizi auf den Verein zugekommen und um Auflösung seines Vertrages gebeten habe. Karlin hatte sich in der Meldung voll des Lobes über den 34-Jährigen geäußert. Nach dieser heute umstrittenen Auflösung auf Ende April arbeitete Heinrizi weiter für den Club, bearbeitete etwa das Lizenzierungsverfahren, hörte sich aber auch um und hatte eigenen Angaben zufolge zwei Angebote aus der DEL. „Ende Juni hat Werner Karlin mir während einer Vorstandssitzung vor sieben Leuten gesagt, ich solle den Clubs absagen, man will mit mir weitermachen.“

Es kam anders, denn vier Wochen später, am 21. Juli, teilte Karlin dem Sportchef mit, er sei endgültig raus – und der erst Anfang Februar verpflichtete neue Geschäftsführer Tim Talhoff ebenso. Beide waren vom Liga-Rivalen EC Bad Nauheim gekommen. Martina Müller, die im Juli ihren Posten als Schatzmeisterin quittiert hatte, hatte als Gesellschafterin der Müller Immobiliengruppe ihren Mann bereits im April als Geschäftsführer der Müller Gewerbe- und Wohnbau Verwaltungs GmbH abberufen.

Dem EHC droht nun nicht nur eine kräftige Zahlung an Heinrizi – der Vorsitzende Richter am Arbeitsgericht, Matthias Mohn, hatte erklärt, dass er 60.000 bis 70.000 Euro als angemessen erachte. Der Zweitligist sieht sich zudem damit konfrontiert, dass Martina Müller nun Darlehen in sechsstelliger Höhe einfordert. 

Foto: © Achim Keller