Der härteste Wettkampf meines Lebens: Warum der 82-jährige Günter Birnbaum niemals aufgibt STADTGEPLAUDER | 22.05.2021 | Christian Engel 

Günter Birnbaum

Der Opa ist verrückt“ – diesen Satz hat Günter Birnbaum schon häufiger von Enkeln oder Außenstehenden gehört. Wenn man allerdings einen Rentner sieht, der mit 82 Jahren noch regelmäßig Marathons läuft, der mit rasendem Puls auf 2000 Metern in Andorra einen Wintertriathlon absolviert, der sich für Bergläufe fit macht, liegt solch eine Aussage durchaus auf der Hand. 

Für Birnbaum ist die Sache ganz einfach: „Ich nehme an diesen Wettkämpfen teil, weil ich es eben noch kann.“ Der Freiburger ist in einer Zeit groß geworden, als er und seine Kumpels der Freien Turnerschaft in Freiburg noch mit der Dampflok zum Wettkampf nach Mannheim fuhren und mit Lorbeerkränzen auf den Häuptern zurückkehrten. Er arbeitete als gelernter Maurer und studierter Bauingenieur fürs Regierungspräsidium Freiburg im Prüfamt für Baustatik, ernährte vier Kinder, spielte nebenher Handball. Einmal, erzählt er, wurde er bei einem Spiel in Innsbruck interner Torschützenkönig – beim 1:20 hatte er den einzigen Treffer für Freiburg erzielt. 

Birnbaum mit Medaille

Birnbaum mit Medaille, Sportgerät und beim World Triathlon in Andorra: „Solange es geht, laufe ich immer weiter.“

Nachdem er mit Handball aufgehört hatte, suchte Birnbaum neue sportliche Herausforderungen. Er schipperte mit einem Segelboot über den Atlantik und bestieg Berge. „Ich habe den Kilimandscharo überquert“, sagt er. Und eines Tages dachte er: Probiere ich es doch mal mit Laufsport. Da ist er 63 Jahre alt.

Seinen ersten Marathon läuft er ein Jahr später in Hamburg. Seine Frau reicht ihm alle zehn Kilometer Getränke, nach fünf Stunden kommt er ins Ziel. Die Zeit sei ihm damals egal gewesen, sagt er heute. Und auch heute noch gehe es ihm nur darum, den Weg zu meistern. „Aber ja, Erfolge zu feiern und Anerkennung zu bekommen, ist schon schön.“

Günter Birnbaum läuft noch Marathons

Die Erfolge fliegen ihm nicht zu, er erläuft sie sich. Birnbaum wird in seiner Altersklasse baden-württembergischer Berglaufmeister, nimmt an den großen Marathons in New York, Berlin und auch Freiburg teil, sattelt auf Triathlon um und wird Teil der Senioren-Nationalmannschaft. Im vergangenen März lässt er sich zum zweiten Mal als Vizemeister beim Wintertriathlon feiern – in 2000 Metern eisiger Höhe in Andorra mit rasendem Puls.

„Das war der härteste Wettkampf meines Lebens“, sagt Günter Birnbaum. „Der Wind pfiff, es war bei Minusgraden hundekalt, meine Lungen brannten.“ Auf der Strecke bricht sich ein Mitstreiter beim Sturz den Arm, den Wettkampf bestreitet Birnbaum mit Zahn- und Herzschmerzen, auf der zwölfstündigen Rückfahrt rumpelt er über herabgefallene Spanngurte eines vor ihm fahrenden Lasters und verliert dabei die Stoßstange. Na ja, die Frage ist da schon angebracht: Wieso machen Sie das, Herr Birnbaum?

»Auch im Kopf gesund sein«

Der 82-Jährige verweist auf einen Spruch, der in seinem Haus in Günterstal an der Treppe hängt und dem er täglich begegnet. Dort steht: „Du weißt erst, was du kannst, wenn du es versuchst.“ Nach diesem Motto hat er schon immer gelebt: Probiere dich aus, denk nicht ans Scheitern, gib niemals auf. „Ich bin froh, dass ich das mit dem Laufen noch so gut machen kann“, sagt er. Dass er so aktiv Sport treibe, sei auch ein Beweis für sich selbst, noch gesund zu sein – „auch im Kopf gesund zu sein“, wie er sagt. An ein Ende seiner Sportkarriere will Günter Birnbaum nicht denken: „Solange es noch geht, laufe ich immer weiter.“ 

Fotos: © privat