Der Lachs und die Erdbeere: Wiederansiedlung in der Elz STADTGEPLAUDER | 10.10.2021 | Erika Weisser

Baumwurzel in Elz Sie darf wieder mäandern: Die Elz ist ihr Korsett los. Ob die Lachse wiederkommen?

Spätestens 2027 soll die Elz bis zum Oberlauf durchgängig sein, damit Lachse und andere Wanderfische wieder zu ihren Laichplätzen gelangen. Doch das geht laut Verein Regiowasser nur mit „genügend Wasser unterm Kiel“. 

„Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“ So heißt es in der im Jahr 2000 verabschiedeten EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Sie sieht vor, dass alle Flüsse, Seen, Küstengewässer wie auch das Grundwasser in der Europäischen Union in einen „guten ökologischen Zustand“ versetzt werden. Eine der Bedingungen für diese Bewertung ist das Vorhandensein ansiedlungsfreundlicher Lebensräume für Fische und alle anderen Gewässerorganismen. Dazu gehört bei Flüssen und Bächen neben einer optimalen Wasserqualität auch der Bau von Auf- und Abstiegen für Wanderfische sowie eine ausreichende Mindestwassermenge.

Das gilt auch für die etwa 120 Kilometer lange Elz, die bei Furtwangen entspringt und bei Riegel zusammen mit der Dreisam in den Rhein mündet. Wie in vielen Rheinzuflüssen aus dem Schwarzwald waren in ihr früher Lachse heimisch. Früher: Vor 200 Jahren, als die Fließgewässer noch durch die Landschaft mäanderten und vielen Tieren und Pflanzen Lebensräume boten. Als die Lachse über natürliche Fischtreppen ihre Laichplätze erreichen konnten, was die Erhaltung ihrer Arten sicherte.

Seit mehr als 50 Jahren gelingt das nicht mehr: Nach Angaben der gemeinnützigen Organisation „Wanderfische Baden-Württemberg“ stammen die letzten Nachweise von Lachsen im Elz-Dreisam-System aus dem Jahr 1958. Das soll sich ändern.

Ein Teil der Voraussetzungen für die Wiederansiedlung wurde bereits geschaffen. Ab 2015, dem Jahr, in dem die besagte EU-Wasserrahmenrichtlinie eigentlich hätte umgesetzt sein müssen, wurde der erste Elz-Abschnitt zwischen Riegel und Köndringen revitalisiert: Das enge Korsett der Dämme wurde entfernt, der Auwald aufgeforstet, der Flusslauf neu verlegt und Hindernisse eingebaut, damit das Wasser eine eigene Dynamik entwickeln kann. 2020 waren die Arbeiten abgeschlossen, jetzt ist der Abschnitt bei Emmendingen-Wasser an der Reihe, er soll 2025 fertig sein. Zwei Jahre später läuft die letzte Frist ab, die für die Erfüllung der WRRL-Richtlinie gewährt wurde – in begründeten Ausnahmefällen.

Durstige Erdbeeren

Nikolaus Geiler von dem im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) organisierten Freiburger Verein Regiowasser ist nicht sicher, ob diese Frist eingehalten werden kann. Denn seit vielen Jahren weise die mittlere Elz für die Rückkehr der Lachse zu wenig Wasser auf: Der in diesem Bereich sehr intensiv betriebene Anbau von Erdbeeren „verschlucke“ so viel, dass die erlaubte Entnahme von jährlich 250.000 Kubikmeter Oberflächen- und Grundwasser längst überschritten und beinahe bei der doppelten Menge angelangt sei. 

Erdbeeranbau mit Bewässerungsanlage

Der Erdbeeranbau braucht viel Wasser, das den Lachsen fehlt.

„Das Bett ist zwar gerichtet, doch das Plumeau fehlt“, sagt der freiberuflich tätige Limnologe. Und für dieses „Plumeau“ will er sorgen – mit seiner „Vision des Lachskompatiblen Erdbeeranbaus“. Dieses von Natur- und Wasserschutzverbänden sowie von Landwirtschaftsminister Peter Hauk und anderen Politikern unterstützte Projekt soll zu einer „smarten, wassersparenden und klimaschonenden Bewirtschaftung“ führen. Dazu sei der Einsatz alternativer und kostspieliger Bewässerungstechnologien und multifunktionaler Speicherbecken nötig – auf reduzierten und weniger intensiv genutzten Anbauflächen. 

Dennoch soll „der bäuerlichen Landwirtschaft wieder eine Perspektive eröffnet“ werden: Damit die heimischen Beeren gegenüber der Billigware aus Südspanien und Marokko auch weiterhin konkurrenzfähig bleiben können, brauche es eine neue Vermarktungsinitiative. Diese müsse Verbraucher, Händler, Kantinenbetreiber oder Marmeladenhersteller einbeziehen und sie überzeugen, dass es sinnvoll ist, dieses regionale und lachsfreundliche Produkt zu kaufen und dafür mehr als bisher zu bezahlen. Beim Ernährungsrat Freiburg stieß sein Konzept auf Wohlwollen, beim Buchholzer Beregnungsverband hingegen noch nicht. Doch Geiler gibt die Hoffnung nicht auf. 

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