„Eine Nachhaltigkeitsmaschine“: WEtell holt 700.000 Euro über Crowdinvest rein STADTGEPLAUDER | 09.04.2021 | Till Neumann

Die drei WEtell-Gründer:innen: Andreas Schmucker, Alma Spiribille und Nico Tucher.

Rekordergebnis: Das Freiburger Start-up WeTell hat seit dem gestrigen Donnerstag allen Grund zu feiern. In nur einer Stunde und 40 Minuten waren bei einer Crowdinvest-Kampagne die erhofften 700.000 Euro im Topf. Damit haben die Mobilfunk-Revoluzzer die schnellste Kampagne geschafft, die je auf dem Portal der GLS Crowd gelaufen ist.

Den sechstelligen Betrag benötigt das Start-up aus dem Freiburger Kreativpark, um weiter zu wachsen. 3000 Kund:innen sind bisher an Bord. Ab 15.000 Konsumenten wird das grüne Mobilfunk-Unternehmen rentabel, berichten die Macher. Ab dem 8. April konnten Supporter 250 bis 25.000 Euro an WEtell zahlen. Das zehnköpfige Jungunternehmen aus dem Freiburger Kreativpark bietet dafür sechs Prozent Basiszins und bis zu zehn Prozent Bonuszahlungen – je nachdem wie erfolgreich sich das Unternehmen entwickelt. Wenn das Unternehmen insolvent werden sollte, ist das Geld futsch.

„Mobilfunk geht auch nachhaltig“

Die WEtell-Macher waren schon im Vorfeld optimistisch, genügend Unterstützung für ihre Crowdinvest-Kampagne zu finden. Es gab sogar die leise Hoffnung, es nur an einem Tag zu schaffen. Dass es dann doch so schnell ging, hat sie dennoch überrascht: „Wir sind hellauf begeistert! Damit hätten wir nicht gerechnet“, jubelt Andreas Schmucker. Der 36-Jährige hat mit Alma Spribille (36) und Nico Tucher (34) WEtell gegründet. Seit September 2020 sind sie am Markt. Mit ihren vier Mobilfunktarifen von 15 bis 30 Euro versprechen sie, vieles anders zu machen: „Mobilfunk geht auch nachhaltig“, lautet ihr Slogan. Statt maximal günstige Preise setzt WEtell auf Klimaschutz, Datenschutz, Fairness und Transparenz.

Kümmert sich um Finanzen: Alma Spiribille

Das Crowdinvest soll ihnen ermöglichen, keine Firmenanteile an sich einmischende Risikoinvestoren abzutreten, sondern mit einer gemeinwohlorientierten Finanzierungsstrategie die eigenen Werte hochzuhalten. „Wir sind keine Profitmaschine, sondern eine Nachhaltigkeitsmaschine“, betont Alma Spribille. Nach rund acht Monaten hat WEtell 1000 Solarmodule bauen lassen. Ein Versprechen an die Kunden, als Unternehmen die Klimawende voranzutreiben. Ob das wirtschaftlich sinnvoll ist? „Man könnte sagen, wir haben eigentlich kein Geld für so einen Quatsch“, sagt Spribille. „Aber es ist eben kein Quatsch.“ Dafür arbeiten sie unter anderem mit dem grünen Suchmaschinenbetreiber Ecosia und dem Ökostromanbieter Naturstrom zusammen.

Halbierte Simkarten

Auch bei Simkarten wollen WEtell ein Zeichen setzen: Ihr Plastikkärtchen liefern sie mittlerweile halbiert. Und sparen somit nach eigenen Angaben zwei Gramm Plastik pro Karte. Mit Kleinem Großes bewirken, so die Idee. „Wenn alle SIM-Karten in Deutschland so verschickt werden würden, würden wir 282 Tonnen Plastik sparen!“, sagen die drei Gründer.

Andreas Schmucker ist überzeugt, dass die Firma wachsen kann: „Wir merken: Das Produkt ist cool und hat voll die Relevanz.“ 99 Prozent ihrer Kund:innen seien zufriedenen. „Wir merken, dass nachhaltiger Mobilfunk gebraucht wird.“ Doch der Weg ist noch weit: „Wir sind ein winziges Licht in einer riesigen Branche“, sagt Spribille, die mit ihren zwei Mitstreitern früher beim Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme arbeitete.

10.000 Euro Preisgeld

Eine starke Bestätigung für ihre Arbeit haben sie im März erhalten: WEtell hat den Georg-Salvamoser-Preis als „Helden der Energiewende“ erhalten. 10.000 Euro gab es dafür – und viel Rückenwind: „Das ist eine wahnsinnige Ehre“, sagt Schmucker. Insbesondere da Branchenkenner in der Jury sitzen. Den Schwung möchten sie mitnehmen, um sich weit über Freiburg hinaus bekannt zu machen. Auch wenn schon jetzt mehr Kunden in Berlin gibt als in Freiburg.

Schon 2019 holten WEtell mit einem Crowdfunding 180.000 Euro rein. Das Rekord-Crowdinvest in Kooperation mit der GLS Bank ist jetzt ein weiterer Meileinstein. Das Team wisse, dass es eine starke Community habe. „Aber dass sie so stark ist, dass sie sogar die Server zeitweise in die Knie zwingt, hätte hier keiner für möglich gehalten“, schwärmt Schmucker. Der Betrag soll in Marketing- und Vertrieb sowie die Weiterentwicklung ihrer Produkte und Werte investiert werden.

Fotos: © WEtell

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