Wen soll das zu Investitionen reizen?: Mathias Hecht über die neue Wohngemeinnützigkeit Finanzwelt | 16.07.2024 | Mathias Hecht

Mathias Hecht Mathias Hecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Gesellschafter bei der Hecht, Budai & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg

Das Bundeskabinett hat Anfang Juni die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit beschlossen. „Damit schaffen wir neben dem sozialen Wohnungsbau eine weitere starke Säule für mehr bezahlbaren Wohnraum in unserem Land“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz. Soziale Unternehmen, Vereine und Stiftungen könnten künftig vergünstigten Wohnraum bereitstellen und dabei von den umfassenden Steuererleichterungen der Gemeinnützigkeit profitieren. So weit Geywitz. Es spricht bei näherem Hinsehen aber wenig dafür, dass das ernsthafte Investitionen auslöst.

Gut 59 Quadratmeter in einem Neubau auf dem Güterbahnhof für 1235 Euro kalt oder 76,5 Quadratmeter für 1350 Euro kalt in Landwasser – nur zwei Freiburger Miet-Beispiele von einem Immobilienportal Anfang Juli. Da klingt mehr bezahlbarer Wohnraum durch Steuererleichterungen erst einmal gut. Wer günstiger vermietet, bezahlt weniger Steuern.

In der Wohnungsgemeinnützigkeit erhalten Wohnungsunternehmen dauerhafte Befreiungen von Körperschafts-, Gewerbe-, Grund- oder Grunderwerbsteuer. Aber erstens: Die begünstigte Körperschaft kann etwa anfallende Gewinne nicht privatisieren, Gewinne der Gesellschaft dürfen auch nicht an Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern unterliegen der zeitnahen Mittelverwendung und dürfen nur wieder für satzungsgemäße, steuerbegünstigte Zwecke eingesetzt werden. Auch überhöhte Vergütungen an Gesellschafter oder nahestehende Personen sind schädlich.

Und zweitens sind soziale Träger beim Vermieten ohnehin schon steuerbegünstigt. Profitieren also, obwohl adressiert, nicht von der „neuen“ Regelung. Mir fehlt die Phantasie, wen das zu mehr Investitionen veranlassen soll. Wenn Unternehmen Werkswohnungen bauen und die Miete zwei Drittel unter der Marktmiete liegt, dann ist das für den Nutzer positiv, weil er den geldwerten Vorteil nicht versteuern und darauf auch keine Sozialabgaben zahlen muss. Aber fürs Unternehmen gibt es keinen oder kaum einen Mehrwert. Ähnlich ist es bei einer Stiftung.

Die Förderung der neuen Wohngemeinnützigkeit liegt in der vergünstigten Vermietung von Wohnraum vor allem an Personen, deren Einkommen nicht mehr als das Fünffache, bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden das Sechsfache der Sozialhilfe beträgt. Von der Regelung könnten, so Geywitz, rund 60 Prozent der deutschen Haushalte profitieren.

Laut Bundesinnenministerium muss die angebotene Miete dabei dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden, da andernfalls keine Unterstützungsleistung der jeweiligen Körperschaft vorläge. Die Marktmiete würde sich in Freiburg wohl am Mietspiegel orientieren. Wie hoch jedoch die vergünstigte Vermietung dabei sein muss oder darf, ist bisher gar nicht festgeschrieben.

Eine Prüfung der Einhaltung der Einkommensgrenze erfolgt nur am Anfang des Mietverhältnisses. Steigende Einkommen der Mieter sind für die Gemeinnützigkeit unschädlich. Damit will das Bundesbauministerium die Möglichkeiten für die steuerbegünstigte Vermietung gegenüber den derzeit einschlägigen Möglichkeiten der Mildtätigkeit (§ 53 AO) erweitern.

Zudem erfolgt eine rechtliche Klarstellung für die Bildung von Rücklagen für langfristige Investitionsvorhaben (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO), die bei Investitionen in Wohnraum, wie Sanierungen, langfristig zu planen sind. Dies bedeutet, Gewinne dürfen in der Gesellschaft für Reinvestitionen oder Instandhaltungen „angespart“ werden.

Wie aber sollen Unternehmen Gewinne machen, wenn sie weit unter dem Markt vermieten? Es ist deutlich weniger wahrscheinlich, dass die neue Wohngemeinnützigkeit zu einem Bau-Boost führt als dass wir es mit einem weiteren Rohrkrepierer zu tun haben.

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