Für 900 Euro ins Bächle: Stadtjubiläum setzt auf die Bürger STADTGEPLAUDER | 27.09.2019 | Till Neumann

Freilicht

Genau 900 Jahre alt wird Freiburg im kommenden Jahr. „900 Jahre jung“, lautet das Motto der Jubiläumsfeier. Statt wenigen Highlights setzen die Macher auf Masse und Engagement. Bürger sollen mitgestalten und mitfinanzieren. Vielleicht kommen sogar zwei politische Schwergewichte.

„Das Team arbeitet hart wie die Brunnenputzer“, betont Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach. Glaubt man ihm und den weiteren Jubiläumsmachern, OB Martin Horn und Projektleiter Holger Thiemann, geht es hoch her hinter den Kulissen. Das hat gute Gründe: Zum einen schnürt das Team ein enormes Bündel an Events zum großen Ganzen. Zum anderen sind die Finanztöpfe alles andere als prall gefüllt.

Daher sollen die Bürger mithelfen, um das nötige Kleingeld zusammen- zubekommen. „Wir suchen 900 Freunde, die das Jubiläum mit 900 Euro unterstützen“, sagt Horn. Für jeden Spender der Aktion 900 x 900 lege der Gemeinderat die gleiche Summe obendrauf. Die oder der Spender (es können auch Gruppen sein) bekommen dafür eine Gravur ihres Namens in die Bächle der Stadt.

„Wir wollen mit minimalen Ressourcen Maximales erreichen“, frohlockt von Kirchbach. Was toll klingt, lässt auch Not durchklingen. Drei Millionen Euro beträgt das Budget für die Riesengeburtstagsparty. Mehr als die Hälfte gehe allein für Personalkosten, Technik und Sicherheit drauf. Die übrigen 1,2 Millionen sind wenig für 365 Tage Programm. Von Kirchbach zitiert sogar John F. Kennedy: „Frag nicht, was die Stadt für dich tun kann, sondern was du für die Stadt tun kannst.“

FreiRäume

Öffentliche Räume sollen bei der Veranstaltung „FreiRäume“ neu erlebt werden.

Alle Freiburger konnten Ideen einreichen, wie sie das Jubiläum mit Leben füllen wollen. Rund 500 Vorschläge sind so auf Thiemanns Tisch gelandet. Etwa 200 hat sein Team ausgewählt. Bei 365 Tagen heißt das: Im Schnitt fast jeden zweiten Tag wird gefeiert, gestaltet und getanzt.

Der rote Faden dabei? „Das Engagement der Bürger“, so Horn. Vielfalt sei Trumpf des Ganzen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist schwer zu finden. Horn kennt die Kritik, teilt sie aber nicht: „Ich finde die Vielfalt gut.“. Zwölf Monate, zwölf besondere Projekte. So lautet die erste Auswahl für die Öffentlichkeit. Darunter vertreten: Eine World Press Photo Ausstellung im Januar, die Pressefotos zeigt. Als Inspiration für Themen wie Klimaschutz und politische Konflikte. Aber auch als starkes Zeichen für die Pressefreiheit. Oder ein Enduro-Mountainbike-Rennen im Mai über zwei Trails der Stadt. Partylastiger wird’s im Oktober mit der SoundCity, bei der Club-, Pop- und Subkultur erlebbar gemacht werden sollen. Ein Kombiticket wird den Eintritt zu allen Locations ermöglichen.

Großes Festwochenende ist im Sommer. Auf 900 Metern Festmeile soll die Stadt vom 10. bis 14. Juli ihr Potenzial zeigen. Gleich drei große Klangkörper dürfen auftreten: Barockorchester, Phil- harmonisches Orchester und SWR Symphonieorchester. Zudem zwei Rock- Pop-Acts von außerhalb der Stadt. Freiburger Bands sollen anderweitig Bühnen geboten werden.

Einen Coup plant der OB zum Abschluss: Am 14. Juli (französischer Nationalfeiertag) soll es einen deutsch-
französischen Schwerpunkt geben. Gerne würde er dafür Angela Merkel und Emmanuel Macron in die Stadt holen. Ob’s klappt, ist noch offen. An Überzeugungskraft scheint’s aber nicht zu fehlen: Jörg Pilawa hat ihm sein Kommen bereits zugesagt – mit eigenem Quizformat für Freiburg. Eine mögliche Frage dabei: Wie verbindet man rund 200 knallbunte Events zu einer Jubiläumsfeier? Die Antwort ist noch offen.

Fotos: © Juli Richter, Theater Pro