Heimspiel: »Sehr wild und improvisiert« Gesellschaft | 12.05.2025 | David Pister

Sandra Riegger

Der Abenteuerspielplatz Freiburg in Weingarten wird 50 Jahre alt. Sandra Riegger war fast von Anfang an dabei. Die 44-Jährige ist dem „Abi“ immer treu geblieben – erst als Kind, dann als städtische Budgetverantwortliche, inzwischen als  und Ehrenamtliche.

„Es kann 1985 gewesen sein. Ich weiß definitiv, dass ich im Kindergarten war. Da habe ich einen Roller zum Geburtstag bekommen und bin damit dann zum ‚Abi‘ gerollert. Alle haben ihn damals so genannt. Meine älteren Schwestern konnten darüber bestimmen, ob und wann ich hier spielen durfte. Die mussten mich begleiten. Alleine durfte ich nicht. Das hat meine Mutter nicht erlaubt.

Damals war es urbaner in Weingarten. Rauer. Es gab Ecken, die wir gemieden haben. Der Abenteuerspielplatz dagegen war ein geschützter Raum. Ich habe immer gewusst: Wenn ich hier reinkomme, dann passiert nichts, dann passt alles.

Gleichzeitig war alles ziemlich improvisiert und sehr wild. Es lagen Nagelbretter herum, man musste aufpassen, wo man hintritt. Die Hütten waren alle selbst gebaut – von uns Kindern. Aus dem Sperrmüll haben wir Matratzen, Decken und Kissen gezogen und damit unsere Hütten ausgestattet.

Gänse sind frei herumgerannt. Da gab es auch mal eine unschöne Begegnung. Ich war kein reiner Sonnenschein und habe eine Gans geärgert. Die hat sich dann halt zur Wehr gesetzt. Auch die Ziegen waren frei auf dem Gelände unterwegs. Da, wo heute das hölzerne Piratenschiff steht, war früher ein Erdhügel. Das war mega. Mit einer Plane haben wir eine Wasserrutsche in den Bach gebaut.

Ich war, so oft ich konnte, hier. Trotz der Vorschriften, die heute gelten und des gestiegenen Sicherheitsbedürfnisses gibt es dieses Wilde noch heute. Hier kann man Kind sein. Wenn ich heute vorbeikomme, und ich sehe die Pferde, die Hütten, den Bach – da kommt ein Gefühl hoch, das ist einfach schön.

Irgendwann wird man eben zu cool für Ziegen und Pferde. Dann hatte ich eine Zeit lang nichts mehr mit dem Abenteuerspielplatz zu tun. Ich habe bei der Stadt eine Ausbildung angefangen. Und erst dann habe ich mitgekriegt: Hey! Der Abenteuerspielplatz ist eine städtische Einrichtung.

Nach neun oder zehn Jahren bei der Stadt kam ich zum Gebäudemanagement, damals noch Hochbauamt. Ich war dann für die Nebenkosten-Abrechnung des Abenteuerspielplatzes verantwortlich. Schon da hatte ich das Gefühl, dass ich etwas zurückgeben kann. Nach einem Aufbaustudium habe ich mich auf eine Stelle beim Amt für Kinder, Jugend und Familie beworben. Hauptgrund: der Abenteuerspielplatz. Budgetverantwortung stand in der Stellenausschreibung. Das hat mich sofort gecatcht. Immer wenn es Ideen gab, wollte ich sie so schnell wie möglich umsetzen. Die haben offene Türen bei mir eingerannt.

Als mein Sohn und meine Tochter alt genug waren, habe ich sie natürlich auch zum Abenteuerspielplatz gebracht. Inzwischen wohne und arbeite ich in Gundelfingen, deshalb können wir leider nicht so oft kommen.

Es war eine schwere Entscheidung gewesen, den Abenteuerspielplatz abzugeben. Er hat mir richtig gefehlt das letzte Jahr, seit ich in Gundelfingen arbeite. In Zukunft will ich den Abenteuerspielplatz als Ehrenamtliche bei Feiern und Festen unterstützen. Beim nächsten Fest backe ich Pizza.

Als ich Kind war, stand einmal die Entscheidung im Raum, den Abenteuerspielplatz zu schließen. Dagegen haben wir protestiert. Ich wünsche mir, dass der Abenteuerspielplatz für immer und ewig bleibt. Im Zweifelsfall stehe ich wieder mit dem Schild da.“

Foto: © David Pister