Schummeln statt stechen: Impfpässe leicht fälschbar, digitaler Nachweis läuft an Gesellschaft | 16.06.2021 | Liliane Herzberg

Impfpass

Ein Flugzeug besteigen, essen gehen, die Haare schneiden lassen: Gefälschte Corona-Impfpässe eröffnen Zugang zu Aktivitäten, die aktuell nur tatsächlich Geimpfte, Genesene oder Getestete genießen. Oft sind die illegalen Dokumente nur ein paar Klicks entfernt – wie der Fall einer Impfskeptikerin zeigt. Die Freiburger Polizei schließt Betrug aus. Beim LKA liegen aber erste Hinweise auf Anbieter gefälschter Pässe vor.

Ein weißes DIN-A4-Papier mit dem Namen der geimpften Person, zwei Klebezettel mit der Chargennummer und ein Stempelabdruck einer offiziellen Impf-Stelle reichen derzeit, um schneller als andere die Grundrechte wiederzuerlangen. Maria Berger (Name von der Redaktion geändert) hat so ein Papier. Das hat sie vom Original einer anderen Person kopiert, den Namen retuschiert und ausgetauscht – mehr brauchte es nicht. „Ich habe den Impfpass noch nie benutzt, das traue ich mich nicht“, sagt Berger. „Aber ich will mich nicht impfen lassen, deshalb habe ich es als Absicherung bei mir.“

Spritze mit Corona-Impfstoff

Damit ist sie nicht alleine. Einschlägige Gruppen in der Telegram-App etwa haben Mitgliederzahlen von bis zu 46.839 Personen. Die Kosten liegen hier bei bis zu 250 Euro. Einzelne Hinweise auf Anbieter gefälschter Impfnachweise liegen den Ermittlungsbehörden in Baden-Württemberg auch schon vor, sagt Jürgen Glodek, Pressesprecher des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg.

Dabei ist die Fälschung von Coronavirus-Impf- oder Testdokumenten seit dem ersten Juni durch das zweite Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes explizit verboten. Mit einer Freiheitsstrafe von ein bis zwei Jahren oder einer Geldstrafe muss rechnen, wer die Fälschung ausstellt. Mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe, wer sie nutzt.

Bei Zweifel kein Zertifikat

Seit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes dürfen neben Ärzten auch Apothekerinnen die Papierform ins Digitale übertragen und Impfzertifikate ausstellen, etwa, wenn jemand am Tag der Impfung das gelbe Büchlein nicht zur Hand hatte. „Ein Impfpass kann nachträglich im Regelfall nur in räumlicher Nähe zum Ort der Impfung ausgestellt werden“, erklärt Parissa Hajebi, Pressesprecherin des Bundesgesundheitsministeriums. Wenn Ärzte oder Apotheker an der Echtheit eines Impfpasses oder den Angaben darin zweifeln, seien sie gehalten, kein Zertifikat auszustellen.

Seit dem 14. Juni könne sie freiwillig an der Maßnahme teilnehmen, sagt Marianne Nägele, Inhaberin der Zähringer Apotheke in Freiburg. „Kunden müssen den Impf- und Personalausweis sowie wenn möglich das Smart-phone mitbringen.“ Der QR-Code kann in die Corona-Warn-App oder die CovPass-App übernommen werden. Wer kein Handy hat, bekomme einen Ausdruck. 18 Euro gibts pro Eintrag für die Apotheken. Wie sie gefälschte Impfpässe erkennen solle, weiß die Apothekerin nicht. Sie wünscht sich dazu klare Vorschriften. „Bei Rezepten haben wir Tricks, aber bei Impfpässen weiß ich es nicht. Vielleicht ist die Papierart anders.“ Das ZIZ erstellt keine digitalen Nachweise von Impfungen, die vor dem 14. Juni gepikst wurden. 

Wie fälschungssicher die Übertragung in den digitalen Impfpass ist, bleibt offen. Bisher seien ihm keine Ermittlungsverfahren im Großraum Freiburg bekannt, bei denen es um gefälschte Impfpässe gehe, sagt -Michael Schorr, Pressesprecher der Polizei Freiburg. Stempel oder Chargennummern wurden auch nicht entwendet, weiß Daniel Strowitzki, Geschäftsführer der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM), die mit dem Uniklinikum für das ZIZ verantwortlich ist. „Sie sind genauso gut wie die Impfstoffe selbst gesichert.“

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