Heimspiel: Die Frau vom Roten Kreuz STADTGEPLAUDER | 24.08.2023 | Erika Weisser

Heimspiel

Mehr als 36 Jahre lang war Birgit Wiloth-Sacherer hauptamtliche Mitarbeiterin beim Deutschen Roten Kreuz; die letzten 20 ihrer Berufstätigkeit stand sie an der Spitze des DRK-Landesverbands Badisches Rotes Kreuz mit Sitz in Freiburg. Für die außerverbandlichen Partner·innen, mit denen sie in ihrer Funktion als Geschäftsführerin zu tun hatte, war sie in dieser Zeit einfach die Frau vom Roten Kreuz. Seit Mitte Juli ist die bald 66-Jährige, die in Gottenheim wohnt, nun im Ruhestand.

„Als ich mit 17 Mitglied im DRK-Ortsverein Gottenheim wurde, habe ich nie und nimmer damit gerechnet oder gar geplant, dass ich fast mein ganzes Berufsleben bei diesem Verband verbringen würde. Ein paar Freundinnen und ich haben damals einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht. Auf die Idee kamen wir, weil mein Cousin schon länger beim Roten Kreuz engagiert war. Mir hat der Verein, seine gemeinnützigen Ziele und vor allem der freundschaftliche innerverbandliche Umgang miteinander aber gleich so gut gefallen, dass ich dabeiblieb und ehrenamtliche Aufgaben übernahm.  Zunächst beteiligte ich mich beim Sanitäts- und dann auch beim Blutspendedienst.

Über die praktische Erfahrung hinaus lernte ich damals auch die sieben Grundsätze des Roten Kreuzes kennen und schätzen. Sie gelten international und beinhalten das Gebot, bei der Hilfe für Menschen in Not in allererster Linie Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit walten zu lassen, aber auch nach dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit, Einheit und Universalität zu handeln. Das heißt, die Menschen, um die es geht, unterschiedslos nach dem Maß ihrer Not und ohne Ansehen von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion oder Hautfarbe anzunehmen und sie gegebenenfalls vor einer aus derlei Gesichtspunkten resultierenden Verfolgung zu schützen. An diese Grundsätze habe ich mich stets gehalten, habe immer versucht, mein Handeln davon abzuleiten.

Sie waren auch während meines Studiums der Sozialarbeit an der Katholischen Hochschule Freiburg eine gute Richtlinie für mich, auch bei meiner darauffolgenden ersten ‚richtigen‘ Arbeitsstelle als Stadtjugendpflegerin in Rheinfelden. Dort war ich fünf Jahre, dann heiratete ich und wollte in die Nähe von Gottenheim zurück. Zufällig gab es ein passendes Stellenangebot beim DRK-Kreisverband Freiburg, und ab 1987 leitete ich dann die frisch eingerichtete Abteilung für Sozialarbeit. Diese Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht, zumal ich mit meinen Berufskolleg·innen einiges auf die Beine stellen konnte. Gerade im Bereich der Familien- und Flüchtlingsbetreuung oder später in der Schulsozialarbeit.

Meinen Wechsel zur Geschäftsführerin des Kreisverbands Freiburg und schließlich des Landesverbands Baden habe ich niemals bereut. Ich konnte mit meinen jeweiligen toll funktionierenden Teams viel bewegen, außerdem scheue ich auch keine Herausforderungen. Ob ich sie immer gut bewältigt, immer die richtigen Entscheidungen getroffen habe, kann ich nicht beurteilen. Doch gerade in den Krisensituationen der letzten Jahre hatte ich schon den Eindruck, dass es uns gelungen ist, diese zu meistern. Wir hatten in der Pandemiezeit ja die so wichtigen Pflege- und Rettungsdienste aufrechtzuerhalten und die schwierige Situation in den von uns betreuten Pflegeheimen und Flüchtlingsunterkünften zu bewältigen, zudem später etliche Test- und Impfzentren zu unterhalten. Und wir hatten keine Blaupausen.

Zwar lief in meiner ganzen Lebensarbeitszeit kein Jahr so, wie es geplant war, doch waren die drei letzten Jahre die am meisten fordernden. Da gab es für mich als Krisen- und Teammanagerin so manche schlaflose Nacht. Dennoch will ich diese Zeit nicht missen. Von heute aus gesehen, war sie vielleicht sogar die beste. Wir mussten den Weg Tag für Tag neu abstecken, dafür waren Teamgeist und gute Kommunikation nötig. Und Kolleg·innen, die sich aufeinander verlassen können. Zusammen haben wir es geschafft – und viel gelernt. Es ist ein guter Zeitpunkt, mich aus der hauptamtlichen Arbeit zu verabschieden.“

Foto: © Erika Weisser