Im Porträt: Freiburger Hutmacherin Antje Heitzler Land & Leute | 21.01.2022 | Pascal Lienhard

Antje Heitzler Wie mit einer Zeitmaschine: Die Hüte von Antje Heitzler wecken Erinnerungen an vergangene Epochen.

Sie kreiert seit vielen Jahren Hüte für die verschiedensten Personen. Lady Di, Sarah Ferguson und Luciano Pavarotti sind nur einige Personen, die Antje Heitzler im Laufe ihrer Karriere kennengelernt hat. Aktuell fertigt die Handwerkerin, die ihre Produkte unter dem Label „Antia“ vertreibt, in einer Werkstatt mit Showroom in March.

Wie wird man Hutmacherin? „Das ist eine normale Handwerksausbildung“, erklärt Heitzler. Drei Jahre dauert diese im Schnitt, man kann sie auch auf zweieinhalb Jahre verkürzen. Diese Ausbildung hat Heitzler in den 1980ern im Hutsalon „Ilona“ in der Freiburger Gerberau absolviert. Ihre Faszination für Hüte war schon früh geweckt worden. „Das war die ganz klassische Geschichte“, blickt sie zurück. Ihre Eltern seien berufstätig gewesen, deshalb sei sie eher bei der Großmutter aufgewachsen. Dort hat sie sich im Schrank der Oma umgeschaut und sich in deren Hüte verliebt. Ohnehin habe sie sich nichts aus dem Stil der Jugend gemacht und sei stets eine Flohmarktgängerin gewesen.

Diese Liebe für Kopfbedeckungen hat Heitzler durch ihre Ausbildung getragen – und das mit Bravour: Die Auszubildende ging als Bundes- und Landessiegerin hervor. Ein guter Startpunkt für eine erfolgreiche Karriere. Wie schnell es dann vom Breisgau in die weite Welt gehen würde, das konnte Heitzler gleichwohl nicht absehen. Eines Tages klingelte das Telefon, die Anfrage: Ob Heitzler als Hutmacherin am britischen Königshof arbeiten wolle? Obwohl die aus March stammende Handwerkerin sich selbst als echtes Landei bezeichnet und seinerzeit kaum Englisch sprach, ließ sie sich auf das Abenteuer ein und reiste nach England.

Alisha Maria Heitzler

Mit Kopfbedeckung und Hund: Heitzlers Tochter Alisha Maria führt die Mode vor.

Der erste Auftrag für den Buckingham Palace hatte es gleich in sich: Für den Ladies’ Day der Royal-Ascot-Rennwoche sollte die junge Breisgauerin Hüte für die Prinzgemahlinnen Diana Spencer, aka Lady Di, und Sarah Ferguson herstellen. Die Belohnung war unbezahlbar: Nach dem Ladies’ Day waren die prominenten Royals auf allen britischen Titelblättern zu sehen – natürlich inklusive Heitzlers Hut-Kreationen. „Das war richtig toll“, sagt die Hutmacherin heute über diese ganz besondere Erfahrung. In dieser Zeit entstand auch der Labelname Antia. Der Grund ist ein simpler: Ihren deutschen Namen konnten die Briten einfach nicht unfallfrei aussprechen.

Nach zwei Jahren und der Arbeit für die Königsfamilie wechselte Heitzler ihre Anstellung – illuster blieb ihr Umfeld. Von London ging sie nach Süddeutschland und lernte als Theatermodistin an der bayrischen Staatsoper in München Künstler wie den Opernstar Luciano Pavarotti kennen. Doch als Heitzler Zwillinge bekam, zog sie wieder in die Heimat, seit 1991 ist sie nun wieder im Breisgau aktiv.

Die Situation ist für Hutmacherinnen und Hutmacher keine einfache. Das große Sterben der Hutsalons habe schon in den 1980ern eingesetzt. Seit damals hätten viele Hutmacher aufgehört. Auch Heitzler war mal voll selbstständig in ihrer Profession aktiv, mal nur im Nebenerwerb. „Leider ist es schwer, nur von diesem Beruf zu leben“, berichtet die Handwerkerin. „Wenn es an Geld gefehlt hat, dann musste eben noch eine andere Verdienstquelle her.“ Beispielsweise arbeitete die Hutmacherin über die Jahre auch im Marketing und in der Verwaltung.

Heitzler hat sich mit ihren Hüten einen Namen gemacht. Dabei setzt sie sich dezidiert von den großen Firmen und Fabriken ab, die Hüte für eine breite Masse herstellen. „Ich bin eine leidenschaftliche Handwerkerin und habe mich für eine Unternische entschieden.“ Heitzler kreiert nämlich hauptsächlich Damenhüte im Stile der 1910er- bis 1980er-Jahre, vor allem haben es ihr die 1920er bis 1950er angetan. „In dieser Nische sind auch meine Kunden unterwegs, sie sind in der Vintage-Szene“, so Heitzler. Hier hat sich die Hutmacherin einen Namen gemacht, ihre Ware wird auch über ein Bekleidungsgeschäft in Berlin verkauft. Für einige Zeit hatte Heitzler auch einen Laden in Freiburg.

Wie viele Hüte Heitzler pro Jahr geschweige denn im Laufe ihrer gesamten Karriere geschaffen hat – das kann sie nicht sagen. Viele waren es auf jeden Fall. Dabei arbeitet sie stets parallel an mehreren Produkten, schließlich braucht es viele Schritte bis zum fertigen Hut. Kleine Hüte könne sie, es wenn es schnell gehen müsse, auch mal in drei Tagen schaffen. Auch wenn ihre Kundinnen und Kunden heute kein blaues Blut mehr haben und auch keine gefragten Stars der Oper sind – ihre Hüte erschafft Heitzler weiterhin mit viel Leidenschaft. Und ihre Erinnerungen an die vielen Menschen, die sie kennengelernt hat – die behütet sie.

Fotos: ©  privat; felix.risch