„Wie das Beichtgeheimnis“: beim Larvenschnitzer Land & Leute | 02.02.2023 | Philip Thomas

Hersellung einer Holzmaske in Handarbeit

Adrian Burger gibt der Fasnet nicht nur ein Gesicht: Mehr als 3000 Larven hat der Holzbildhauermeister schon geschnitzt. Beim Besuch in seiner Werkstatt in Elzach erzählt der 61-Jährige von Kunst und Tradition, Leidenschaft und Rügerecht.

Der Duft von Holz liegt in der Luft, auf dem Boden liegen Sägespäne. Durch die Werkstatt von Holzbildhauermeister Adrian Burger bimmelt das Telefon: Nein, leider keine Zeit, vielen Dank, auf Wiederhören. Zur fünften Jahreszeit herrscht in Elzach schließlich reger Betrieb – und der Terminkalender des Handwerkers ist voll. „Ab September ist bei mir Fasnet-Zeit. Außer Larven schnitzen ist nichts mehr geplant“, sagt der 61-Jährige.

Adrian Burger hält zwei seiner Masken

Mit Leidenschaft: „Larven schnitzen ist meine Passion“, sagt der Elzacher Holzbildhauermeister Adrian Burger.

Mehr als 3000 der kleinen Kunstwerke hat Burger in 33 Jahren aus Holz gehauen. 300 bis 1500 Euro kostet jedes Einzelstück. Zwischen sechs und zehn Stunden Arbeit stecken darin. „Larven schnitzen ist meine Passion, meine Leidenschaft“, sagt Burger. Handwerk und Fasnet wurden Burger quasi in die Wiege gelegt. „Schon als kleiner Bub stand ich bei meinem Onkel in der Werkstatt“, berichtet er. Damals half er noch beim Lackieren und Schleifen. Die Liebe zur Fasnet kommt wiederum vom Vater, einem „Vollblut-Narren“.

„Eine Larve verändert einen Menschen“

Mit 27 Jahren legt Burger die Meisterprüfung als Holzbildhauer ab. Ein Jahr später, 1989, macht er sich in der alten Werkstatt des bekannten Larven-Schnitzers Josef Tränkle in Elzach selbstständig. „Das war spannend, jede Ecke hat Holzbildhauermeister geatmet“, erinnert sich Burger an die Anfänge. Heute vertrauen rund 120 Narrenzünfte aus dem ganzen Land auf Burgers Dienste.

„Stelen für den Garten sind auch toll, aber eine Larve verändert einen Menschen“, sagt der Künstler. Mit der Stichsäge teilt er dazu getrocknetes, helles Lindenholz in grobe Stücke. Anschließend werden die Rohlinge in der Werkstatt eingespannt und mit Hammer und Holzbildhauerbeitel bearbeitet. „Alles wird weggehauen, das nicht nach Larve aussieht“, so Burger.

„Tradition wahren“

Ob Mundle, Langnase, Teufel, Fratz, Bartlarve, Lätsch oder Tier wie Bär und Fuchs: Die Larve ist das wichtigste Accessoire an Fasnet. „Ich versuche, Tradition zu wahren“, betont Burger, der sein Handwerk in den Dienst schwäbisch-alemannischer Bräuche gestellt hat. Fasnet sei nichts Starres und entwickle sich weiter, „ich muss aber nicht jedes Mal etwas Neues, Modernes entwerfen.“

Der Anfang einer Maske

Gut Ding will Weile haben: Sechs bis zehn Stunden Arbeit stecken in einer Maske.

Seit mindestens 200 Jahren ist Elzach an Fasnet fest in der Hand des „Schuttig“. Die Narrengestalt kommt mit Schalk im Nacken, rotem Zottelgewand, verdrehtem Dreispitz-Strohhut daher und ist oftmals „bewaffnet“ mit einer Schweinsblase. Natürlich schlüpft auch Burger sechs Tage im Jahr in diese Rolle. Die tollen Tage sind für ihn mehr als bloß Gaudi und Gerstensaft: „Fasnet wird oft reduziert auf Umzug und Auf-der-Straße-unterwegs- sein. Mittlerweile ist das so viel Party, als Narr kommst du gar nicht hinterher.“

Viele seiner Werke begegnen Burger an Fasnet wieder. Wer darunter steckt, wisse er in der Regel nicht mehr. Das sei auch gut so: Das Rügerecht des Narren ist für Burger ein hohes Gut und ohne Larve, lateinisch für Gespenst, nicht durchzusetzen. „Unbekannterweise die Wahrheit auszusprechen, nicht böse, aber schelmisch, ist ein wichtiger Teil von Fasnet“, erklärt er.

Der Schuttig zeigt sich laut Burger deswegen nie ohne Larve und Hut in der Öffentlichkeit. In Elzach lernen das schon die Kinder. „Da steht nichts drüber“, betont Burger. Nie würde der Maskenmacher einen anderen Narren „entlarven“: „Das ist wie das Beichtgeheimnis.“

Fotos: Philip Thomas