Literaturhaus startet im Hybrid-Format in die Frühjahrssaison STADTGEPLAUDER | 23.02.2021 | Erika Weisser

Frau vor Livestream Livestream aus dem Literaturhaus: Roman Ehrlich liest aus seinem Roman Malé und kommt darüber mit Frederik Skorzinski ins Gespräch. Für die Übertragung aus dem ansonsten leeren Saal in private Wohnzimmer sorgt die neue Literaturhaus-Mitarbeiterin Hanna Hovtvian (rechts).

Martin Bruch lässt keinen Zweifel daran, dass das Literaturhaus Freiburg „ein leidenschaftlich analoger Ort“ ist. Und bleiben soll: Auch wenn derzeit noch nicht absehbar sei, wann wieder direkter Austausch, persönliche Begegnungen stattfinden können, setzt der Leiter dieser normalerweise gut besuchten und aus dem Kulturetat des Freiburger Rathauses geförderten Institution „mit vorsichtigem Optimismus“ auf die Möglichkeit eines Präsenz-Programms ab Mitte März.

Doch nach der „bitteren Erfahrung“ des Literaturgesprächs 2020, das als Face-to-face-Festival konzipiert war und dann, zum ersten Mal in 34 Jahren, komplett abgesagt werden musste, gehen Bruch und seine neue Kollegin Hanna Hovtvian dieses Mal flexibel vor: Die Veranstaltungen werden nun sowohl digital als auch analog geplant. Das gilt auch für die Eröffnung mit Lutz Seiler, der schon 2020 eingeplant war. „Zur Not“, sagt Bruch, wird „halt gestreamt“, live, mit Gästen, aus dem Literaturhaus.

Mit diesem hybriden Format seien in den vergangenen Wochen schon gute Erfahrungen gemacht worden: Als er und seine Kollegen feststellten, dass die Leute „zwar kulturhungrig, aber zoom-müde“ seien, hätten sie wieder Autoren zu Lesungen und Gesprächen eingeladen. Natürlich jeweils einzeln. Mit einem Moderator saßen sie auf der Bühne des publikumsfreien Saals und diskutierten, manchmal auch mit zugeschalteten Kollegen. Und diese literarischen Unterhaltungen wurden mit selbst produzierten Livestreams in die Wohnzimmer derer übertragen, die sonst bei solchen Gelegenheiten ins Literaturhaus strömen. Mit Erfolg: Die Anzahl der verkauften Livestream-Tickets, erzählt Bruch, „entsprach in etwa der Anzahl der vorhandenen Stühle“.

Das große Interesse und die vielen positiven Rückmeldungen stimmen das Team für die Zeit nach der Präsenz-Pause „leise zuversichtlich“. Und diese soll bald beginnen: Zwar geht Bruch davon aus, dass der nächste „Freiburger Andruck“ am 18. Februar zur Präsentation von Marie T. Martins neuem, von der FAZ als „womöglich epochaler Gedichtband“ eingestuftem Buch „Rückruf“ noch ohne Besucher stattfindet. Und auch das Gespräch der Freiburger Autoren Iris Wolff und Kai Weyand über „Das Leichte und das Schwere“ nicht nur in ihrer Literatur am 4. März werde noch hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Doch die Literaturhaus-Macher hoffen, dass es für die ab dem 9. März geplante Ausstellung über Schweizer Buchkunst schon anders aussehen könnte: Sie kann so organisiert werden, dass bei zeitlich und zahlen-mäßig kontrolliertem Einlass gut Abstand gehalten werde kann, außerdem sei der Raum mit einer Luftaustauschanlage ausgestattet. Die von drei Schweizer Schriftstellern bestrittene Lesung „Dunkelkammern – Geschichten vom Entstehen und Verschwinden“ am 11. März sei in beiden Formaten machbar. Ebenso die Lesung mit Sharon Dodua Otoo: Sie stellt am 23. März ihren Roman „Adas Raum“ vor. Wenn es nach dem Literaturhaus-Team geht, gibt es bis dahin wieder „ein offenes Haus“.

Foto: © Marc Doradzillo