Milliarden für Marodes: Das Freiburger Rathaus schiebt Sanierungsstau vor sich her STADTGEPLAUDER | 23.07.2021 | Lars Bargmann

Rathaus in Freiburg

Etwa 230 Millionen Euro will das Freiburger Rathaus in diesem und dem kommenden Jahr investieren. Und dafür bis zu 150 Millionen neue Schulden aufnehmen Um den Doppelhaushalt überhaupt genehmigungsfähig zu bekommen, fielen nicht nur das Außenbecken am Westbad, sondern etwa auch die Sanierung der Max-Weber-Schule oder die Erweiterung des Berthold-Gymnasiums von der Agenda. Die Liste des aufzulösenden Sanierungsstaus ist mittlerweile so lang, dass sie auch 2030 längst noch nicht abgearbeitet sein wird.

Nach einer „sehr, sehr groben Schätzung“, so Rathaussprecherin Martina Schickle auf Anfrage, stehen allein in den Schulen und Gewerbeschulen Investitionen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro an. Schulbürgermeisterin Gerda Stuchlik hatte in ihrer Amtszeit eine halbe Milliarde in die Schulen gesteckt – in 24 Jahren.

Aber auch neben den Schulen gibt es zigmillionenschwere Baustellen: Seit nunmehr 30 Jahren stehen Turnhalle und Westflügel im Lycée Turenne leer. Für eine Sanierung wurden mal 14 bis 17 Millionen Euro genannt. Neuere Zahlen gibt es nicht. Das Rathaus habe eine Machbarkeitsstudie beauftragt, die dann dem Gemeinderat vorgelegt werde. Es ist nicht die erste. Frühere waren folgenlos.

Keine zündende Idee für die Stadthalle

Nur drei Steinwürfe entfernt steht die Stadthalle. Auch hier nannte die Verwaltung in einer Drucksache aus 2018 bis zu 17 Millionen Euro an nötigen Investitionen. Für das Gebäude gab und gibt es etwa so viele Ideen wie Einwohner in der Oberwiehre. Aber keine, die überzeugt hat. „Noch vor der Sommerpause“ werde das Thema „verwaltungsintern“ besprochen, anschließend die Gremien informiert.

Den – auch durch Corona – massiv angegriffenen Haushalt könnte das Rathaus dadurch entlasten, dass es städtisches Vermögen versilbert. Aber die Politik marschiert in die andere Richtung: So hat die Stadt gerade das Rotteckhaus für 6,8 Millionen Euro gekauft. „Zur Deckung von Haushaltslücken kann diese Immobilie entweder verkauft oder langfristig vermietet werden“, heißt es im Entwurf zum Doppelhaushalt. Doch ein Verkauf ist gar keine Option mehr. Stadtspitze und Gemeinderat wollen dort Räume an die Landeszentrale für politische Bildung vermieten und ein NS-Dokumentationszentrum unterbringen – letzteres ein Zuschussgeschäft. Wie viel der Steuerzahler dafür in die Hand nehmen muss, stehe noch nicht fest, so Schickle.

Es gibt auch einen Gemeinderatsbeschluss, wonach das Haus zum Herzog mit dem Stadtarchiv veräußert und der Erlös, etwa 4,5 Millionen Euro, in die Finanzierung des 25 Millionen Euro teuren Neubaus an der Messe gesteckt wird. „Es gibt bislang keine Beschlusslage, dass das Haus zum Herzog nicht verkauft werden soll“, sagt Schickle. Oberbürgermeister Martin Horn will es aber am liebsten behalten.

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