»Kein Kampf gegeneinander« – Kommt Uber nach Freiburg? Taxiunternehmer rüsten auf – und ärgern sich Mobilität | 22.02.2024 | Till Neumann

In Ländern wie den USA oder Frankreich ist Uber längst Standard. Auch in Deutschland ist der alternative Taxianbieter auf dem Vormarsch. In 19 Städten kann man Uber fahren – auch in Mannheim, Stuttgart und Heidelberg. Und Freiburg? Uber liebäugelt mit dem Breisgau, kann aber noch kein Startdatum nennen. Die lokalen Taxiunternehmen geben dennoch bereits Vollgas, um konkurrenzfähig zu bleiben. Uber betont: Sie wollen partnerschaftlich zusammenarbeiten.
Uber auf dem Vormarsch
Wer in Paris Taxi fahren möchte, kramt sein Handy raus, ordert über die Uber-App einen Fahrer und wird meist innerhalb von Minuten aufgelesen und zum Wunschort gebracht. Der Vorteil: Auf dem Smartphone sieht der Kunde, wann das Auto da ist, was die Fahrt kosten wird, wer der Fahrer ist – und kann am Ende bargeldlos bezahlen. Dinge, die bei herkömmlichen Taxen bisher oft so nicht möglich sind.
Auch in Deutschland ist Uber auf dem Vormarsch: In 19 Großstädten hat sich der Anbieter aufgestellt. In Freiburg ist Uber noch nicht. Doch das könnte sich ändern: „Wir haben immer Interesse daran, unseren Vermittlungsservice auf weitere Städte auszuweiten, auch Freiburg ist natürlich grundsätzlich attraktiv“, betont Oliver Mattutat, Pressesprecher von Uber Deutschland. Da das US-Unternehmen keine eigenen Fahrer·innen beschäftigt, braucht es vor Ort einen lokalen Partner. Der ist noch nicht gefunden. „Im Moment können wir noch nicht sagen, wann es so weit ist“, sagt Mattutat.

Bündeln ihre Kräfte: Die Spitzen von „Taxi Freiburg“ Martin Wohlleber (Mitte) und Kai Schröder-Klings (rechts) mit dem Geschäftsführer des Taxi-Landesbranchenverbands Tobias Lang.
Wechsel zum Marktführer
Allein die Möglichkeit, dass Uber im Breisgau aufkreuzt, macht den lokalen Taxianbietern Druck. Auch deswegen wollen sie ihre Kräfte bündeln. Bis Ende Februar wollen sie eine aufwendige Fusion vollziehen: Die Taxizentrale 55 55 55 (circa 115 Taxen) ist mit dem Unternehmer Mladen Zivkovic verschmolzen. Er betreibt circa 40 Taxen in Freiburg und rund 20 in Emmendingen. Gemeinsam kommen sie fortan auf 150 Taxen in der Stadt. 220 sind insgesamt in Freiburg zugelassen.
Die beiden Betriebe werden nun über eine Nummer erreichbar sein, ihre Buchhaltung zusammenlegen und eine neue Vermittlungssoftware nutzen: „Wir wechseln zum europäischen Marktführer aus Österreich, der Firma FMS mit der bekannten App taxi.eu“, erklärt Taxizentralen-Geschäftsführer Kai Schröder-Klings. So soll der Service moderner werden. „Damit können wir zukünftig technisch all das, was Uber auch kann“, betont der 40-Jährige.
„Keine Taxi-Millionäre“
Rund 500.000 Euro kostet der Umstieg. Kein Leichtes: „Wir sind eine Branche, die in einem Niedriglohnsektor operiert mit geringen Margen“, sagt Schröder-Klings. „Es gibt keine Taxi- Millionäre.“ Doch ein Update war notwendig: „Wir mussten feststellen, da ist ein Innovationsstau und es ist auch das Thema Uber.“ Ein „Schreckgespenst“ nennt er den US-Giganten. „Man muss klar sehen: In den Großstädten, wo Uber hingegangen ist, nehmen die natürlich einen erheblichen Umfang an Geschäft weg“, berichtet Schröder-Klings. Gerade dessen App schätzt er als Service-Plus. Auch wenn bei der Taxizentrale noch mehr als 95 Prozent der Bestellungen telefonisch laufen. Von der VAG kommen sogar noch Faxe, um Fahrten zu ordern.
Das Geschäft der Taxizentrale beruht nur noch in kleinen Teilen auf Privatkunden. „Das sind bei uns schätzungsweise 20 Prozent des Umsatzes“, sagt Martin Wohlleber, Aufsichtsratsvorsitzender von Taxi Freiburg. Hauptgeschäft sind Fahrten für Kliniken, Ärzte, Krankenkassen und Co. Und die bringen den Taxiunternehmen wenig Gewinn, doch viel bürokratischen Aufwand, so Schröder-Klings: „Wir unterhalten hier eine Abteilung mit fast zehn Mitarbeitern und rechnen ein Volumen von annähernd 400.000 Euro monatlich an Rechnungsfahrten ab“, erklärt der Geschäftsführer.
„Nur die Rosinen“
In den wenigen Privatfahrten sieht Martin Wohlleber einen Vorteil: „Für Städte mit der Grundstruktur wie Freiburg ist Uber nicht so eine Gefahr wie zum Beispiel eine Großstadt, wo es noch viel Cash-Kundschaft gibt.“ Uber sei schließlich auf Privatkunden ausgelegt. Sein Kollege Schröder-Klings blickt da anders drauf: „Uber, diese disruptiven Anbieter in manchen Bereichen, suchen sich ja nur die Rosinen raus.“ Ein Taxiunternehmen sei jedoch verpflichtet, auch zu unattraktiven Zeiten zu fahren. Zudem werde der Fahrpreis von der Kommune festgelegt. Uber wolle das umgehen.
Für ihn ist klar: „Das ist etwas Negatives.“ Der US-Anbieter zerstöre den Markt mit Dumpingpreisen und lasse den Rest dann runterfallen. Gelinge das, könne eine Uber-Taxifahrt an Silvester Hunderte Euro kosten.
Kampf gegen Windmühlen
Ubers Geschäftsmodell beruht darauf, ohne eigene Fahrer zu arbeiten. Schröder-Klings hält auch das für fragwürdig: „Die finden arme Säue, die scheinselbstständig mit ihrem eigenen Auto rumfahren müssen und 25 Prozent oder ähnliche Margen an Uber abdrücken müssen.“ Davon könne bei den geringen Margen in der Taxibranche keiner sinnvoll leben. Für ihn bringt Uber die Gefahr, dass das bestehende Gefüge „in sich zusammenbricht“.
Die Taxiunternehmer wünschen sich mehr Aufmerksamkeit für ihre Lage und eine größere Wertschätzung für ihr Mobilitätsangebot. „Im öffentlichen und im politischen Fokus steht dieses ganze Thema nicht“, konstatiert Schröder-Klings. Es sei ein Kampf gegen Windmühlen, sich Gehör zu verschaffen. Dabei sei die Taxibranche ein schützenswertes öffentliches Gut. Man stehe als kleine Branche einem Milliarden-Weltkonzern gegenüber. Zwei Forderungen stellt er in den Raum: einen Mindestpreis für Taxifahrten einzuführen – und einen Festpreis zu ermöglichen. So wie Uber ihn auch anbietet. Beides sei gesetzlich möglich, werde aber in Deutschland kaum gemacht. Von 294 Landkreisen hätten lediglich drei einen Mindestpreis für Taxifahrten eingeführt. Darunter Lörrach.
„Ein großes Taxisterben“
Vom Freiburger Rathaus fühlen sich die Unternehmer vergessen. Im Juni 2022 habe es ein Gespräch gegeben. Man habe sich auf einen jährlichen Austausch verständigt, seitdem aber nichts mehr gehört. Ein Punkt für solche Gespräche wäre auch die Zahl der Taxikonzessionen. Schröder-Klings fordert, die Zahl von 220 auf 190 zu reduzieren. Man kannibalisiere sich sonst. Der Effekt wären bessere Verdienstmöglichkeiten für die Unternehmer.
Ob Uber für die Taxizentrale eine Bedrohung ist? „Mir ist nicht bange“, betont Wohlfahrt. Das Potential durch wenige Privatfahrten app-affiner Menschen fehle. Doch Schröder-Klings sieht das anders: „Es wird ein großes Taxisterben geben.“
„Kein Kampf, ein Miteinander“
Bei Uber bleibt man gelassen: „Wir arbeiten partnerschaftlich mit Taxiunternehmen zusammen“, betont Pressesprecher Oliver Mattutat. Das klappe in vielen deutschen Städten und verhelfe den Taxiunternehmen zu einer höheren Auslastung. Das sei „kein Kampf gegeneinander, sondern ein Miteinander“. Uber setze sich für einen Mobilitätsmix ein, zu dem auch der ÖPNV gehöre. Der gemeinsame Gegner sei ein anderer: der Privat-Pkw.
Fotos: © Till Neumann