Nostalgie mit Pep: Die Freiburger Stückgut Manufaktur STADTGEPLAUDER | 02.04.2022 | Reinhold Wagner

Reisekoffer-Tisch mit Hut, Kamera und Pflanze obendrauf

So ein Koffer hält nicht ewig: Endstation Flohmarkt, Sperrmüll oder Dachboden? Lorenz Buchholz und Dominikus Probst retten wertige Koffer und andere gute Stücke wie Kommoden, Klaviere oder Stühle und schicken sie auf eine stilvolle Reise in ein zweites Leben.

Sie zaubern aus altem Ausgangsmaterial etwas völlig Neues, ebenso Ansehnliches wie Nützliches, gern mit einer Portion Extravaganz: „Wir haben angefangen mit Koffertischen, nachdem wir auf Flohmärkten, bei privaten Wohnungsentrümpelungen und auf unseren Reisen viele interessante Dinge entdeckten,“ erinnert sich Lorenz Buchholz, „später wollten wir besondere Funktionen integrieren, zum Beispiel eine Bar in einem ausgedienten Klavier.“ Dass sie die Freude am Sammeln und Tüfteln, handwerkliches Geschick und eine große Portion künstlerische Kreativität verbindet, haben Buchholz und Probst vor einigen Jahren entdeckt. Ersterer ist vielen bekannt als Musiker der Band „The Brothers“, Letzterer seit mehr als 30 Jahren Filmemacher. Unabhängig voneinander fertigten sie aus Nostalgischem außergewöhnliche Einzelstücke. Dominikus Probst bevorzugt Koffer als Ausgangsmaterial, Lorenz Buchholz liebt Kommoden, Tische und Stühle, von denen er manche mit alten Heiligenbildern bezieht. Und als bereits zwei erste kleine, halb private Test-Ausstellungen zeigten, dass ihnen die pfiffigen Möbel geradezu aus den Händen gerissen wurden, stand der Beschluss fest: Es musste eine gemeinsame Werkstatt her.

Stückgut Manufaktur Werkstatt Dominikus Probst

Von der Werkstatt in die Galerie: Auf dem Ganter-Gelände fertigen Dominikus Probst und Lorenz Buchholz (u.) die Unikate, die sie dann am Schwabentor verkaufen.

Als Werkstatt und Lager für ihre Fundstücke fanden die zwei Räumlichkeiten auf dem Gelände der Brauerei Ganter. Heute entsteht hier in der Stückgut Manufaktur schon mal aus einem ehemaligen Tischkickerspiel und den kunstvoll bemalten Schubladen eines alten Bauernschranks ein schicker Schreibtisch. „Gerade ist das erste Möbelstück fertig, das aus Teilen einer Apotheken-
auflösung entstand“, erzählt Buchholz. „Jeder von uns hat seine eigene Baustelle und arbeitet selbstständig für sich. Aber wir tauschen uns gerne aus und teilen uns die Werkstatt und die Galerie“, beschreibt Dominikus Probst die offene, lockere Zusammenarbeit im Team.

In der kleinen Galerie, ebenfalls auf dem Ganter-Areal, setzt Buchholz’ Partnerin Britt Schilling die fertigen Stücke in Szene und fotografiert sie für Kataloge und die Internetseite. Auf Besuch ist man hier ansonsten nicht eingerichtet. Die Präsentation der Möbel-Unikate findet stattdessen in der nahe gelegenen Galerie am Schwabentor statt. Dort hat der befreundete Künstler Frederik Bollhorst neben seinen eigenen Kunstwerken Platz für die ausgefallenen Stücke, die sich harmonisch ergänzen. Ein weiterer Verkaufsort findet sich im Untergeschoss des Künstler-Kollektiv-Shops „Die Nische“ in der Grünwälderstraße. Dort können es sich Kunden und Besucher anschließend noch bei einem Kaffee und kleinen Snacks im „Café Hinterzimmer“ in der Passage bequem machen.

Stückgut Manufaktur Lorenz Buchholz

Je nachdem, wie verfügbar die gewünschten Materialien sind, kann die Fertigstellung insbesondere von Auftragsarbeiten wenige Tage bis mehrere Wochen dauern. Denn eines wird es bei Lorenz Buchholz und Dominikus Probst nie geben: namenlose Einheitsware und Serienfabrikate. Mal wird in eine Schublade ein versteckter Spiegel eingebaut, mal liegt darin noch ein vergessenes Schriftstück vom einstigen Besitzer, das zum festen Bestandteil wird. Es sind Möbelstücke mit Charakter und Geschichte, die in ihr zweites Leben starten.

INFO:
Stückgut Manufaktur
www.stueckgut-manufaktur.de

Galerie am Schwabentor
Oberlinden 25, 79098 Freiburg
Öffnungszeiten nach Absprache
unter Tel. 0178/7900555 (Möbel) oder 0151/40330008 (Kunst)

Die Nische / Café Hinterzimmer
Grünwälderstraße 23, 79098 Freiburg
www.die-nische.com
www.cafe-hinterzimmer.de

Fotos: © Britt Schilling, Reinhold Wagner