Punkrock-Ikonen in der Altstadt: So war’s beim Rudelhören des neuen Green-Day-Albums STADTGEPLAUDER | 15.01.2024 | Pascal Lienhard

Green Day im Fokus: In Freiburg war das neue Album des Trios am Samstag eine Woche vor Release zu hören.

Verzerrte Gitarren ballern durch einen Laden an der Freiburger Schiffstraße. Dann erklingt eine markante Stimme. Wer die vergangenen 30 Jahre in Sachen Rockmusik nicht hinterm Mond verbracht hat, weiß: Hier lärmen Green Day. Zwar haben die Kalifornier der Breisgaumetropole nicht persönlich die Aufwartung gemacht. Dafür war im Freiburger „Plattenladen“ eine Woche vor offiziellem Release die neue Platte des Trios zu hören. Chilli-Volontär und selbsternannter Green-Day-Fachmann Pascal Lienhard war dabei.

„Basket Case“, „American Idiot“, „Good Riddance (Time of your Life)“: Die Liste an Green-Day-Evergreens ist lang. 1994 waren die Musiker mit dem Album „Dookie“ eine der wichtigsten Vertreter des Punkrock-Revivals, zehn Jahre später setzten sie mit der Rock-Oper „American Idiot“ ein Ausrufezeichen. Der folgende Output war mal großartig („21st Century Breakdown“), mal solide („Revolution Radio“) und mal komplett vermurkst („Father of all Motherfuckers“).

Unterstützung für Indie-Plattenläden

Zieht ein neues Album der alten Herren noch? Green Day gehen mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion auf Nummer sicher. Am vergangenen Samstag war „Saviors“ eine Woche vor Release weltweit in ausgewählten unabhängigen Plattenläden zu hören: ein Win-Win für Band und teilnehmende Shops. In Deutschland haben 19 von ihnen den Zuschlag bekommen, einer davon ist der Freiburger Plattenladen an der Schiffstraße.

Eine Listening-Session ist für das Freiburger Team kein Novum. „Wir veranstalten jeden ersten Montag im Monat Listening-Sessions“, erklärt Tom Lissy. Auf diesen stellen die Kenner zu verschiedenen Themen Platten zusammen, die gemeinsam gehört werden. Doch eine Vorpremiere ist für sie neu. „Wir haben auch selbst noch nicht reingehört“, versichert Lissy. „Das wollen wir mit den Gästen machen.“

Mit rund 30 Fans ist der kleine Laden gegen 18 Uhr gut gefüllt. Die Wände sind mit Postern geziert, als Einstimmung läuft „Dookie“. Zum größten Teil sind die Gäste in ihren 30ern, doch sind auch jüngere sowie einige ältere Fans gekommen. Eine Person ist extra aus Frankreich angereist. Als Schmankerl gibt’s für alle Gäste kostenlose Buttons und Poster der Kalifornier. Und wer die Platte vorbestellt, bekommt ein limitiertes, für die Shows entworfenes Shirt oben drauf.

Die Etikette muss erst verhandelt werden

Bevor das Album auf angenehm hoher Lautstärke aus den Boxen donnert, ertönt ein Grußwort von Frontmann Billie Joe Armstrong. Er spricht von der bisher stärksten Platte seiner Band. Ein paar skeptische Gesichter sind zu sehen, andere schmunzeln. Was soll er auch sonst sagen? Und schon startet das Album mit der bereits bekannten Single „The American Dream is killing me“.

Die Stimmung im Laden ist familiär, wenn auch etwas steif. Die Etikette muss erst noch verhandelt werden. Hält man es wie auf einem Konzert und singt die vier vorab veröffentlichten Stücke mit, bewegt sich zur Musik? Oder vertieft man sich in die Tracks, versucht die Texte auszumachen? Nutzt man die Zeit gar, um ausführlich durch die Vinyl-Sammlung des Ladens zu stöbern? In den folgenden rund 45 Minuten ist ein wenig von allem auszumachen, auch wenn größere Gefühlsregungen und lautes Mitgrölen ausbleiben. „Nice!“, verkündet Lissy nach dem rockigen „Living In The ’20s“.

Es ist schwer, ein Album beim ersten Hören zu bewerten. Doch sicher ist, dass „Saviors“ mit vielen straight rockenden und ohrwurmträchtigen Tracks den Vorgänger „Father of all Motherfuckers“ locker in den Schatten stellt. Doch das beste Green-Day-Album? Da war Armstrong erwartungsgemäß arg voreilig. Dennoch könnte „Saviors“ als beste Platte des Trios seit dem 2009er „21st Century Breakdown“ in die Punkrock-Annalen eingehen.

Die Freiburger Hörer*innen haben Green Day überzeugt. Lissy und Kollege Markus Muffler nehmen am Samstag Vorbestellung im guten zweistelligen Bereich entgegen. Vergangenes Jahr gehörten die neuen Outputs von Dota, den Rolling Stones sowie Element of Crime zu den Bestsellern an der Schiffstraße. „Natürlich wurden aber auch sehr viele Klassiker gerne mitgenommen“, sagt Lissy. Green-Day-Platten gingen ebenfalls stets gut über die Theke. „Alles in allem können wir nicht klagen.“

Info

„Saviors“ erscheint am 19. Januar. Die nächste Listening-Session im Plattenladen läuft am 5. Februar unter dem Motto „Na, ihr Zwei – habt ihr noch einen mitgebracht?“ (Trios mit und ohne Gäste).

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