Schafe statt Glyphosat: Studie kritisiert Zustand des Schlossbergs / FWTM zeigt sich kooperativ STADTGEPLAUDER | 15.12.2017 | Isabel Barquero

Zwei Türme, Panoramablick auf die Stadt und viel Wald. Der Schlossberg ist Freiburgs Visitenkarte und ein beliebtes Ausflugsziel. Doch eine Studie der Uni Freiburg schlägt Alarm, viele Schlossbergbewohner seien in schlechtem Zustand: Der Wald ist zu weit vorgerückt, dadurch seien viele geschützte Tierarten gefährdet und auch das Offenland werde nicht optimal gepflegt. Doch die Autoren sehen eine Lösung: Rinder und Schafe. Freiburgs Tourismus-Chefin gibt sich gesprächsbereit.

Die Aussicht vom Schlossberg begeistert: im Vordergrund das Schwabentor, rechts das Münster, links das Martinstor und die Universität. Doch auf dem geschichtsträchtigen Berg ist nicht alles Gold, was glänzt. Eine Studie der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen zeigt jetzt, dass der Naturschutz dort noch viel Luft nach oben hat. Dabei ist gerade am Schlossberg auf Wiesen und Weiden viel Potenzial vorhanden, so die Autoren.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich die Vegetation auf dem Schlossberg drastisch verändert. „Das ist auf eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung durch den Menschen zurückzuführen“, erklärt Nicolas Schoof, Erst-Autor der Studie und Ökologe. Bis 1750 sei der Schlossberg fast komplett waldfrei und beweidet gewesen. Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren dort viele Orchideen und die Gottesanbeterin, eine Heuschreckenart, beheimatet. Mittlerweile gibt es diese am Schlossberg nicht mehr.

Der Freiburger Hausberg steht seit 1954 unter dem Schutz eines Landschaftsschutzgebiets. Doch die Pflege ist „ein wenig stiefmütterlich behandelt worden. Man muss mehr tun, um artenreiches Offenland zu erhalten“, fordert Schoof.

Die Konsequenz: Der Berg wird insgesamt dunkler und schattiger, der Lebensraum vieler Arten wie Schlingnattern und Mauereidechsen wird dadurch eingeschränkt. Das Streuobst, auf das die Tiere angewiesen sind, wird durch fehlende Baumpflege reduziert. Außerdem verdrängt die Bewirtschaftung der Weinberge, durch den Einsatz von Glyphosat und Mulchgeräten, viele Lebewesen.

Die Studie von fünf Wissenschaftlern bringt aber auch Lösungsvorschläge: Zum einen könnten Schafe – anstelle von Glyphosat – dafür sorgen, dass zwischen den Reben kein Unkraut mehr wächst. „Außerdem könnten andernorts Rinder weiden und das Gelände offenhalten“, so Schoof. „Hier könnte man mit einem Landwirt oder einem Verein kooperieren, für die Stadt wäre das für einen niedrigen vierstelligen Betrag realisierbar.“

Bedroht: Schlingnattern und Mauereidechsen geht’s auf dem Schlossberg nicht mehr gut.

Diese Aktionen würden sich rentieren – auch für die Stadtverwaltung, ist sich der Ökologe sicher. Der Schlossberg lasse sich touristisch und für die Naherholung gut vermarkten. „Die Aufwertung der touristischen Infrastruktur auf dem Schlossberg wird im Rahmen des Tourismuskonzepts als prioritäre Aufgabe vorgeschlagen“, äußert sich Tourismus-Chefin Franziska Pankow von der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM). Der Schlossberg sei ein Hotspot für Bürger und Gäste. „Bei der Infrastrukturplanung sind viele unterschiedliche Interessen, darunter auch der Naturschutz, zu berücksichtigen“, betont sie. Die Maßnahmen müssten aber nicht zuletzt auch finanziert werden.

Schoof setzt auf das Schwarzwald-Feeling: „Wir können zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Eine Rinderweide wäre eine Attraktion, man kann auch Naturschutzinfotafeln anbringen und alles miteinander verbinden.“ Das fördere den Tourismus, der Naturschutz profitiere davon und der Geldsack der Stadt könne von mehr zufriedenen Touristen gefüllt werden.

Der erste Schritt ist getan: Seit vergangenen April leben Ziegen und Schafe zu Forschungszwecken auf Wiese und Wald am Schlossberg – ein Projekt betreut Schoof selbst (wir berichteten).

Offiziell hat sich die FWTM noch nicht zu der Studie geäußert, sie liege ihr bislang nicht vor. „Die in der Presse veröffentlichten Vorschläge finden wir jedoch interessant und würden diese in die Gesamtplanung einbeziehen“, so Pankow. Ihr Vorschlag ist, nach der Verabschiedung des Tourismuskonzepts im kommenden Jahr, gemeinsam mit der Stadtverwaltung ein „Gesamtkonzept Schlossberg“ auszuschreiben.

Fotos: © Lisa Gollent