10.000 Kilometer fürs Klima: Britin joggt in die Mongolei Sport | 04.12.2019 | Paulina Henning von Lange

Rosie Watson will 10.000 Kilometer von England bis in die Mongolei joggen. Fürs Klima. Startschuss war am 17. August in ihrer Heimat „Lake District“. Beim Zwischenstopp in Freiburg hat Paulina Henning von Lange die Britin zum Interview getroffen. Sie erzählt von Krämpfen, Bergen und Geburtstagspfannkuchen.

f79 // Du bist endlich in Freiburg angekommen. Wie fühlt sich das an?

Watson // Mir geht es wunderbar. Ich habe jetzt vier Tage „frei“, das ist die längste Pause seit dem Start meiner Reise. Das habe ich gebraucht, weil ich die letzten zehn Tage durchgerannt bin. Ich habe gar nicht gemerkt, dass es so viele waren. Meine Beine krampfen seltsamerweise öfter, wenn ich nicht mehr renne. Deshalb muss ich mich jetzt viel dehnen, Yoga machen und so. 

f79 // Wie ist es, nur zu Fuß unterwegs zu sein? 

Watson // Eine Reise zu Fuß zurückzulegen, ist die schönste Art zu reisen meiner Meinung nach. Du kriegst viel mehr von dem Land mit, das du besuchst. Man könnte die gleiche Strecke mit dem Auto zurücklegen, aber es wäre etwas komplett anderes. So abgetrennt von der Außenwelt in einer kleinen Box. Ich liebe es, in der Natur zu sein, das Wetter zu fühlen und den Ablauf der Jahreszeiten zu erleben. 

f79 // Was hat dich zu deiner Reise inspiriert? Hast du ein Idol?

Watson // Ich wollte so etwas schon seit langer Zeit machen. Inspiriert haben mich Bücher von Abenteurern wie „Around the world by bike“ von Alastair Humphreys. Eins meiner absoluten Vorbilder ist Kate Rawles. Sie hat damals ihre Reiseroute durch Südamerika mit dem Fahrrad zurückgelegt, um auf Umweltprobleme aufmerksam zu machen – sehr cool. Solche und noch viele andere Geschichten haben mich letztendlich hierher gebracht. Nur war in meinem Fall von Anfang an klar, dass ich die ganze Strecke zu Fuß zurücklegen möchte, immerhin laufe ich schon mein ganzes Leben.

f79 // Warum genau die Mongolei?

Watson // Ich wusste, dass ich Osteuropa durchqueren wollte – Georgien, Kasachstan … Und ich wollte schon immer in die Mongolei. Es war zum einen einfach persönliches Interesse – die Berge, die Landschaft, das hat mein Joggerherz höherschlagen lassen.

f79 // Was war dein schönstes Erlebnis?

Watson // An meinem Geburtstag im September war ich zu Besuch bei einem Nachhaltigkeits-Wohnprojekt von Studenten. Das war so ein hoffnungsvoller und schöner Ort, mit vielen interessanten Dingen, die die Bewohner selbst hergestellt hatten. Am Morgen haben sie mir Geburtstags-Pfannkuchen gemacht und eine von ihnen ist den ganzen Tag mit mir gejoggt. Einer der eindrucksvollsten Orte war der Hambacher Forst. Ich habe viele tolle Leute getroffen. Aber es war ein Schock, die Grube zu sehen und von der Macht der Kohleindustrie erzählt zu bekommen.

f79 // Wie reagieren die Leute, die du auf deiner Reise triffst?

Watson // Jeder, den ich bis jetzt getroffen habe, war unglaublich freundlich – ohne Ausnahme. Die Leute erstaunen mich immer wieder. Wenn sie von meiner Reise hören, wollen sie mir auf alle erdenklichen Arten helfen. Mir wurde schon oft in Cafés die Rechnung erlassen. Ich habe Verpflegung geschenkt bekommen. Einmal hat mir eine Dame einen Gutschein für eine Sportmassage geschenkt, oder ich habe einen Schlafplatz mitsamt trockenen Klamotten und Abendessen bekommen.

Über Stock und Stein: Rosie Watson zieht es auch in die Berge. Ihr Gepäck hat sie reduziert.

f79 // Was stellst du für Erwartungen an den weiteren Verlauf deiner Reise?

Watson // Der Winter wird die nächste große Challenge. Manchmal ist er recht mild und wird dann sehr schnell sehr kalt. Das abzuschätzen, wird schwierig. Das ist der Grund, warum ich die Route nur sehr vage geplant habe. So bleibe ich flexibel und kann mich an das Wetter anpassen, denn ich werde auf jeden Fall weiter campen. Außerdem steht die Alpenüberquerung an, dafür habe ich zwei Routen geplant: die eine ist die optimistische, falls es nur wenig Schnee gibt. Außerdem gibt’s es einen Plan B, falls es zu kalt wird und ich weiter runter muss.

f79 // Wie setzt sich deine Ausrüstung zusammen?

Watson // Am Anfang der Reise hatte ich noch einen Buggy, in dem ich meine Sachen transportiert habe. Den musste ich aber gegen einen Rucksack eintauschen, sobald ich meine geliebten Berge erreicht habe. Darin sind um die zehn Kilo an Campingausrüstung, ein Sportoutfit, Klamotten, die ich versuche trocken zu halten, eine Kamera und so was. Über die Reise hinweg habe ich ein paar Sachen nach Hause geschickt, die ich letztendlich doch nicht gebraucht habe. Ich muss die Ausrüstung natürlich immer an die unterschiedliche Bedingungen anpassen. Es wechselt also je nachdem, wo ich gerade bin und welche Jahreszeit herrscht. Jetzt im Winter muss mir meine Familie ein paar warme Sachen zurückschicken. 

f79 // Hast du eine tägliche Routine? 

Watson // Naja, ich habe nicht wirklich eine feste Zeit, ich finde Schlaf ist das Wichtigste, wenn es darum geht, deinen Körper gesund zu halten. Also stehe ich einfach auf, wann immer ich aufwache. Dann laufe ich für circa zwei Stunden, mache ein Pause, esse etwas und laufe dann in dem Rhythmus weiter, bis es Abend ist. Ich baue mein Zelt auf bevor es dunkel wird. Dann dehne ich mich, esse zu Abend und lese noch etwas, bis ich einschlafe. Zu meiner Routine gehört mittlerweile auch zehn Minuten mit den Beinen an einem Baumstamm auf dem Rücken zu liegen. Das hilft ungemein bei der Erholung. 

f79 // Wie bleibst du motiviert?

Watson // Mir hilft es sehr, in Kontakt mit anderen Menschen zu treten. Eine einfache Begegnung, wenn ich zum Beispiel bei jemandem meine Flasche auffülle, macht mir wieder gute Laune – einfach weil alle so freundlich sind. Und ansonsten: Musik! Vor allem Abba (lacht). Neulich habe ich den ganzen Tag über Waterloo gesungen, während es in Strömen geregnet hat.

Die Klimajoggerin

Rosie Watson will mit ihrem Lauf Aufmerksamkeit schaffen für den Klimawandel. Sie will insbesondere das Bewusstsein für einen nachhaltigen Reisestil fördern. Auf ihrer Website New Story Run veröffentlicht Rosie Berichte über Umweltprojekte, Klimaaktivisten und ihren weiten Weg gen Osten.
Mehr auf: newstoryrun.wordpress.com & instagram.com

Fotos: © privat