Halbierte Etats und desinfizierte Bälle Sport | 23.08.2020 | Philip Thomas

Volleyball

Corona hat die großen Ballspielvereine der Stadt ordentlich ins Schwitzen gebracht. Zwar half das Virus hier und da, die Klasse zu halten, unterm Strich fehlen Freiburgs Clubs aber wichtige Einnahmen. Nach einer annullierten oder unterbrochenen Spielzeit bereiten sich nun alle auf eine Saison mit vielen Fragezeichen vor.

Basketball
Basketball„Wir waren fast durch“, ­erinnert sich Uwe Stasch, Vorsitzender der Eisvögel Freiburg, an den Abbruch der Damen-Basketball-Bundesliga am letzten Spieltag. Statt zum Auswärtsspiel ins nordrhein-westfälische Herne ging es für die drei Amerikanerinnen des Teams im März zurück nach Hause in die Vereinigten Staaten. „Wir haben den Spielerinnen schnell rübergeholfen“, so Stasch. Danach habe der Verein Finanzhilfe beantragt und auch die Trainerin Hanna Ballhaus in Kurzarbeit geschickt.

Nach acht Spielen ohne Niederlage hatten sich die Korbwerferinnen für das Bundesligafinale und die Playoffs eigentlich noch etwas ausgerechnet. „Die Tragweite hat uns dann allerdings überrascht“, sagt er. Nach der meister- und abstiegslosen Spielzeit habe der Verein früh Maßnahmen gegen das Virus ergriffen und im Training Bälle desinfiziert. Die Abstandsregeln ließen ein normales Basketballspiel allerdings kaum zu. „Defense war nicht möglich“, sagt Stasch. Angreifen möchte er nun in Sachen Saisonvorbereitung.

Eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen, sei schon in den vergangenen Jahren kein Leichtes gewesen: „Alles, was nicht Fußball oder Mann ist, ist schwer aufzustellen.“ Obendrein müsse der Verein nun mit „elementaren Einschnitten“ klarkommen. Durch die Pandemie sei der Etat grob um 150.000 Euro halbiert worden. Der 43-Jährige muss sein Vertrauen nun in junge Spielerinnen aus der Region setzen. „Die bekommen jetzt viel Verantwortung auf einmal“, sagt er. Die neue Spielzeit soll am 24. Oktober starten. Stasch ahnt: „Das wird tough.“

 

Eishockey
EishockeyFür EHC-Präsident Michael Müller kam Corona zur Unzeit. Seine Wölfe wirbelten gerade ins Viertelfinale der DEL-2-Playoffs, als die Saison gecancelt wurde. „Wir waren auf einem Höhenflug und hätten sehr gerne weitergespielt“, sagt der 53-Jährige. Durch den Abbruch fehlten dem ohnehin klammen Eishockeyclub nun Einnahmen im sechsstelligen Bereich.

Glück im Unglück: Sparen sei der Verein ohnehin gewohnt. Für die 15 festangestellten Mitarbeiter sei teilweise Kurzarbeit angemeldet worden. „Wir haben eine kleine Überbrückungshilfe der Bundesregierung in Anspruch genommen“, berichtet er. Beim Kader müsse der EHC indes keine Einschnitte machen: „Wir halten alle.“ Auch die Sponsoren seien dem EHC in der Krise treu geblieben. Für die kommende Saison seien es sogar mehr geworden.

Beim Bau des neuen Stadions sei die Lage schwieriger. Noch wenige Tage vor Abbruch der Saison hatte der Präsident dem chilli-Magazin erklärt, dass der Verein um seine Existenz kämpfe und dafür eine neue Eishalle brauche. „Die Situation ist durch Corona nicht besser geworden“, sagt er heute. Den Kontakt zur Stadtspitze, die Grundstück und Finanzierung sichern soll, sei in der Pandemie aber nicht abgerissen: „Wir sind hart in der Sache, aber immer respektvoll im Ton.“

 

Fußball
FußballIn der Bundesliga-Unterbrechung standen auch die Besserverdiener vom SC Freiburg unter Beobachtung. Und tatsächlich: Die erste Mannschaft, das Trainerteam um Christian Streich, Sportdirektor Klemens Hartenbach sowie die beiden Vorstände Oliver Leki und Jochen Saier verzichteten auf Teile ihres Gehalts. Die geringer entlohnten SC-Frauen wurden laut Holger Rehm-Engel, dem Referenten des Vorstands, von dieser Kürzung ausgenommen. Hilferufe wie aus Gelsenkirchen oder Bremen waren im Breisgau indes nicht zu hören.

Angesichts eines Eigenkapitals von knapp 83 Millionen Euro und rund elf Millionen Euro Gewinn aus der Saison 2017/2018 hatte Sportvorstand Oliver Leki den SC auf der Mitgliederversammlung im Oktober als „kerngesunden Verein“ bezeichnet. Die vollen Kassen seien dem Club nun zugute gekommen. Kurzarbeit habe er nicht anmelden müssen. Wie stark der Sportclub vom Virus wirtschaftlich genau durchgeschüttelt wurde, möchte Rehm-Engel nicht beantworten.

Das Virus hat auch Auswirkungen auf den Transfermarkt. Viele Vereine würden, auch wegen der bis zum 5. Oktober verlängerten Wechselperiode, vorsichtiger agieren als sonst. Nicht jeder Bundesligist scheint diese Zurückhaltung zu teilen: Hertha BSC Berlin sicherte sich jüngst die Dienste des nun EX-Freiburger Keepers Alexander Schwolow. Medienberichten zufolge für acht Millionen Euro.

Und auch der Stadionbau sei von der Pandemie betroffen. Statt zum Saisonstart wird der Ball im neuen SC-Stadion wohl erst nach der Winterpause rollen. Insider berichten indes, dass der Zeitplan auch ohne Corona gar nicht einzuhalten war. Corona durfte dann für die Verzögerung herhalten. Der Vorstand wünscht sich nun zum Re-Start eine Auslastung von 20 bis 30 Prozent und hofft – je nach Infektionsgeschehen – auf eine sukzessive Steigerung. Von den 34.700 Plätzen am Wolfswinkel könnten also viele Sitzschalen lange leer bleiben.

 

Handball
HandballMitte März wurde die Saison für Freiburgs stärkste Handballerinnen nach 22 von 30 Spieltagen abgebrochen. Die Red Sparrows von der HSG Freiburg standen in der zweiten Bundesliga auf dem vorletzten Tabellenplatz. „Es sah nicht gut aus“, erinnert sich die Sportliche Leiterin Gisela Schoritz. Die Annullierung kam den Sparrows daher nicht ungelegen. „Im Grunde profitieren wir von dem Abbruch“, verrät sie. Dass die Spatzen in ihrer Spielklasse laut Schoritz mit dem geringsten Etat auskommen müssen, sei auf dem Platz natürlich ein Nachteil. Im Corona-Sommer habe das aber seine guten Seiten: „Wir haben keine allzu hohen Fixkosten, die meisten arbeiten ehrenamtlich. So konnten wir den Sommer gut überstehen.“ Soforthilfe und Kurzarbeit, etwa für Trainer Ralf Wiggenhauser, habe die Abteilung nicht beantragen müssen. Auch die Sponsoren hätten den Sparrows die Stange gehalten.

Einbußen habe der Verein trotzdem hinnehmen müssen. „Wir haben normalerweise einen Zuschauerschnitt von 400 bis 450“, sagt die 57-Jährige. Ein Hygienekonzept für einen Saisonstart am 10. September limitiert maskierte Fans auf maximal 250. 2020 ließe sich so noch durchhalten, „weiter möchte ich allerdings erst mal nicht denken.“

 

Volleyball
Auch Freiburgs Vorzeige-Volleyballer aus der zweiten Bundesliga konnten Covid nicht abschmettern. Die Saison wurde vier Spiele vor Schluss annulliert, die Freiburger Turnerschaft von 1844 stand in der Tabelle auf Rang 11 und damit nur knapp über den Abstiegsrängen. Auch sonst gab es bei Südbadens drittgrößtem Sportverein mit rund 6500 Mitgliedern und 19 Abteilungen viel Rotstift im Kalender.

„Finanziell hat der Verein natürlich Einbußen erlitten“, kommentiert Anja Herr aus dem Marketing. Der FT fehlten nach wie vor nicht nur Eintrittsgelder oder Mieteinnahmen, von März bis Juli gab es keine Ferienfreizeiten. Dazu habe der Kampf gegen Covid 19 auch organisatorisch Geld gekostet. Welche Zahl unterm Strich steht, lässt sich laut Herr noch nicht seriös beziffern.

Zu den Sommerferien sei der Sportbetrieb ­wieder ­hochgefahren worden. Bis Juli herrschte bei den Volleyballern noch Abstandspflicht: Ballaktionen am Netz wurden untersagt, Blocken war verboten. Um mögliche Infektionsketten nachzuvollziehen und Gruppengrößen zu kontrollieren, habe die FT außerdem eine eigene Software zur Registrierung eingerichtet. „Es muss nachvollziehbar sein, wann wer wo war“, sagt Herr.

Durch die Maßnahmen sei es der FT bisher „ganz gut gelungen“, die schwierige Situation mit allen Einschränkungen zu meistern. Herr weiß um die wieder steigenden Infektionszahlen in Deutschland: „Wir hoffen sehr, dass wir von einer zweiten Welle, die wir definitiv fürchten, verschont bleiben.“

 

Fotos: © Paloma Gonzalez – FIBA , Stephan Eckenfels, pt, patrick seeger, Red Sparrows Freiburg, clipdealer, Pixabay