»Von Grenzen befreien«: Warum Mirna Paunovic einfach nicht aufhört Sport | 24.05.2024 | Till Neumann

Ein Bild von Mirna Paunovic beim Basketball. Nicht zu stoppen: Mirna Paunovic hat sich von Rückschlägen nicht ausbremsen lassen.

Mit 47 in der 1. Basketball-Bundesliga: Mirna Paunovic ist eine Dauerbrennerin. Mit den Freiburger Eisvögeln ist sie aufgestiegen und Deutscher Meister geworden. Die Bosnierin hat aber auch Tiefschläge weggesteckt. Im Interview mit ­chilli-Redakteur Till Neumann erzählt sie von Logistik-Schlachten, dem schönsten Moment und der Kraft des Geistes.

chilli: Frau Paunovic, Sie haben Ihr mutmaßlich letztes Spiel für die Eisvögel im März gegen Keltern gespielt. War es wirklich das Letzte?

Paunovic: Ja, das ist immer so eine Frage. Ich tue mich schwer mit Abschied­nehmen. Das war ein sehr emotionales Ende der Saison. Und abgesehen vom Basketball war sehr viel los zu dem Zeitpunkt. Da habe ich gesagt: So geht das nicht mehr, ich spiele nicht mehr weiter. Aber Basketball never stops.

chilli: Sie haben ja schon mal eine überraschende Rückkehr gefeiert …

Paunovic: Ja, 2018, nachdem ich 2012 dem Profi-Basketball einfach Tschüss gesagt hatte. Da kamen die Kinder und so weiter. Das war ein Neustart. Jeder Tag von 2018 bis zu dieser Saison war einfach ein Geschenk.

chilli: Wie ist es jetzt, einfach mal kein Basketball mehr zu haben?

Paunovic: Also das Team trainiert weiter. Ich bin mit dabei. Im Sommer habe ich vor, an ein paar Turnieren teilzunehmen. Ich spiele auch für die deutsche Mannschaft 45 plus. Wir sind amtierende Europameisterinnen.

chilli: Never stop ist Ihr Motto? Viele fragen sich: Wie machen Sie das? Mit 47 noch auf Profilevel …

Paunovic: Es gibt einen Satz: „The Body achieves what the Mind believes.“ Davon bin ich fest überzeugt. Ich zwinge mich zu gar nichts. Ich tue viel dafür, dass ich fit bleibe, achte drauf, was ich esse. Und mein Körper ist einfach gesund. Ich habe mich davon befreit zu denken: Schaffe ich das? Mein Alter ignoriere ich nicht. Aber ich will mich von diesen Grenzen befreien. Natürlich erfordert das wahnsinnig viel Organisation. Was die Arbeit angeht, das Training, die Kinder und deren Verpflichtungen.

Ein Bild von Mirna Paunovic.

chilli: Ich habe gelesen, Sie sind zu Hause besser ausgerüstet als so manche Physio­praxis.

Paunovic: Ja. Ich mache gerne Sport. Selbst wenn jetzt im Sommer alle Trainings vorbei sind. Athletik- oder Konditionstraining. Auch Yoga mache ich viel. Das hat mir geholfen nach der besonderen Situation 2016. Meine erste Brustkrebsdiagnose hatte ich 2015. Nach der rund einjährigen Behandlung war ich ein komplett anderer Mensch. Physisch, aber auch mental. Mein Muskelgewebe war komplett von der Chemo zerfressen. Ich hatte 25 Kilo zugenommen, war nicht mehr zu erkennen.

chilli: Haben Sie die Rückschläge besser gemacht?

Paunovic: Stärker auf jeden Fall. Solche Situationen zeigen einem, wozu man in der Lage ist. Wenn es zu schaffen die einzige Alternative ist, dann lernst du viel über dich selbst.

chilli: Das Verrückte ist: Sie waren sechs Jahre weg, sind 2018 zurückgekommen und dann ging es steil: Ihr seid aufgestiegen und 2022 Deutscher Meister geworden.

Paunovic: Ja, wobei ich muss sagen: Der Aufstieg 2018 und seine Goldmedaille, das war für mich fast wichtiger. Zwei Jahre zuvor war ich noch in der Chemo und lag dreieinhalb Stunden leblos in der Therapie. Dann stehst du auf dem Feld und feierst. Diese Erinnerungen sind Geschenke, die mir für immer bleiben.

chilli: Parallel haben Sie zwei Töchter, sind alleinerziehend und stemmen einen Vollzeitjob in der JVA Freiburg. Logistisch quasi unmöglich.

Paunovic: Es gibt immer so ein kleines Prozent, das es möglich macht. Meine Kinder sind einfach super. Die machen sehr viel mit. Ich achte darauf, dass sie nicht zu kurz kommen. Und Arbeit muss sein. Allein vom Basketball kann man nicht leben.

Fotos: © privat