Kreativ im Keller: Verein schafft undergroundiges Kulturzentrum „huji maja“ Szene | 28.10.2022 | Till Neumann

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Proberaummangel ist ein Dauerbrenner in Freiburg. In der September-Ausgabe hat das chilli die „Unendliche Geschichte“ erzählt. Daraufhin hat sich der Musiker Ben Krahl gemeldet: Der 38-Jährige hat mit Kollegen beim Hauptbahnhof ein Kulturareal mit Proberäumen und Co-Working-Flächen aufgebaut. Auch das Kulturamt ist von „huji maja“ angetan.

Gefunden über ebay

Nicht meckern, selber machen. Mit dem Ansatz hat Ben Krahl mit seinem Verein huji maja an der Friedrichstraße 58 ein mehrere hundert Quadratmeter großes Kulturareal auf zwei Etagen geschaffen. Er kontert damit auch die „Grundhaltung, die Stadt soll uns was hinstellen oder Kohle geben“. Das mache es erfahrungsgemäß nur komplizierter und träger, so die Meinung des HipHop-Produzenten und Bassisten.

Co-Worker: Musiker Ben Krahl hat das Areal mit seinem Verein „huji maja“ aufgebaut.

Als seine Band 2020 auf Proberaumsuche war, stießen die Musiker über ebay Kleinanzeigen auf eine Freifläche an der Friedrichstraße 58. Da der Raum zu groß und teuer für sie war, fragten sie Freunde und Bekannte. Schnell waren Mitstreiter gefunden, die 140 Quadratmeter gefüllt.

„Nicht in die Quere gekommen“

15 Musiker·innen und 12 bildende Künstler sind mittlerweile in dem Under-ground-Co-Working-Space huji maja aktiv. Auch ein Fotostudio und eine Töpferwerkstatt sind Teil davon. „Priorität sind Kreativität und Vernetzung“, betont Krahl. Für 60 Euro im Monat bietet der Verein einen Arbeitsplatz. „Wir berechnen das nicht auf den Quadratmeter“, erklärt Krahl. Er selbst hat eine Ecke als Studio eingerichtet. Dort produziert er Lofi-Beats, arbeitet für sein Label und nimmt Basssessions auf.

Der Raum versprüht kreativen Kellercharme: Ein Videokünstler hat Röhrenfernseher aufeinandergestapelt. An den rauen Wänden hängen Bilder, Gitarren und Sticker. Die Mitte dient als Proberaum. Einen Belegplan gibt es nicht. „Bisher sind wir uns nicht in die Quere gekommen“, berichtet Krahl. Und das trotz mehrtägiger Albumrecordings.

„Unfassbares Potenzial“

Auch Julius-Martin Humpert arbeitet dort. „huji maja ist für mich ein Ort, an dem ein unfassbares Potenzial von Künstler·innen verschiedener Sparten zusammenkommt“, sagt der 29-Jährige. Er nutzt den Arbeitsplatz für Malerei, Druckgrafik und Digital Art. Verschiedene Bereiche wie bildende, visuelle und digitale Kunst bis zu Live-Musik und Producing könnten sich gegenseitig befruchten. 

Das Huji maja in der Friedrichstraße 58

Im Verborgenen: Im diesem Gebäude ist huji maja.

Die Freifläche neben dem Gebäude wird neuerdings auch für Events genutzt. Mit der Reihe „Beats & Bilder“ gab es zuletzt vier Veranstaltungen. Das Kulturamt Freiburg hat sie unterstützt: „Wir sehen die Entwicklung des Vereins sehr positiv“, teilt Rathaussprecher Sebastian Wolfrum mit. Huji maja sei in einem Feld unterwegs, in dem Handlungsbedarf bestehe, die Stadtverwaltung aber kaum Optionen habe: das Erschließen von Flächen für Kunstschaffende und Veranstaltungen im Bereich Streetart und Popkultur. 

Viel erreichen mit „Spirit“

Genau das möchte Ben Krahl fortführen. Aus einem Untergeschoss sind in diesem Jahr zwei geworden. Im oberen Teil haben sich bildende Künstler eingerichtet. Für das Areal gibt es mittlerweile eine Warteliste. Krahl, der sich 2017 als Popbeauftragter Freiburgs beworben hatte, könnte sich vorstellen, weitere Flächen zu akquirieren und für Kreative anzubieten. Er ist sicher: „Mit Eigeninitiative, innovativen Denkansätzen und Spirit kann man viel erreichen.“

Warum huji maja?

Band, Verein und Location tragen alle den gleichen Namen: huji maja. Mitgründer Ben Krahl erklärt, was es damit auf sich hat: „Der Name kommt von den Kindern von Flo (Florian Trittmacher), sozusagen Gründungsmitglied. Sie haben draußen gespielt und als sie gefragt wurden, was sie spielen, sagten sie „huji maja“ (hutschi maja). Als Flo dann fragte, was das für ein Spiel sei, meinten sie: Sie wissen nicht genau, was das ist, aber es geht nur „zusammen“. Das fanden wir genau unserem Spirit entsprechend – daher haben wir es übernommen.“

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Fotos: © Till Neumann

Unendliche Geschichte: Seit Jahren warten Bands auf eine Lösung für den Proberaum-Mangel