Rolle rückwärts am Pergolaplatz – Freiburgs Drogenszene könnte dauerhaft an die Stefan-Meier-Straße umziehen Szene | 19.02.2025 | Philip Thomas

Verwaist: Aktuell herrscht Ebbe auf dem Pergolaplatz. Verwaist: Aktuell herrscht Ebbe auf dem Pergolaplatz.

Knapp 2,2 Millionen Euro hat der Pergolaplatz für suchtkranke Menschen an der nördlichen Seite des Freiburger Colombiparks gekostet. Nachdem sich die Ecke zum Brennpunkt entwickelt hatte, errichtete die Stadtverwaltung rasch eine zweite Location an der Stefan-Meier-Straße. Aus der Notlösung könnte schon bald eine dauerhafte werden: Rathaus, Polizei und Anwohner favorisieren den neuen Standort. Offen ist, was aus dem mittlerweile verwaisten Platz an der Rosastraße wird.

„Der Pergolaplatz hat sich als zu klein erwiesen. Wir dachten, dass die unmittelbare Nähe zum im Februar des vergangenen Jahres eröffneten und von den Suchtkranken gut angenommenen Drogenkonsumraum den kleinen Pergolaplatz ergänzt und kompensiert“, sagt Anca Rosler-Koslar, Vorsitzende vom Lokalverein Innenstadt.  „Der Platz wurde mit viel Respekt geplant und mit guten Absichten geschaffen, aber es hat nicht gepasst“, so die Freiburgerin. „Wir haben uns alle geirrt.“

Die Stadtverwaltung möchte das zumindest noch nicht unterschreiben. Laut Rathaussprecher Toni Klein wird der im vergangenen Juni eröffnete Pergolaplatz vereinzelt genutzt. Die Entwicklung wolle man über die Frühlings- und Sommermonate weiter beobachten. Verwaltung, Vollzugsdienst, Drogenhilfe, Polizei sowie die umliegenden Gewerbeschulen stehen im Austausch.

Mit dem Ende August ins Leben gerufenen Aufenthaltsort für suchtkranke Menschen an der Stefan-Meier-Straße ist das Rathaus derweil zufrieden: Der umzäunte Platz ist rund dreimal so groß, bietet Unterstellmöglichkeiten, eine Toilette und ist im Gegensatz zum Pergolaplatz rund um die Uhr zugänglich. Auch die Freiburger Polizei ist glücklich mit dem neuen Platz. Wie viele Vorfälle von Juli bis September bei den Ordnungshütern eingingen, kann das Präsidium aus erfassungstechnischen Gründen nicht sagen.

Klar ist: Zwischen Juli und September wurde die Ecke Rosa-/Colombistraße zum Brennpunkt. Eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, berichtet: „Die Lage war wirklich bedrohlich, viele Menschen waren nicht ansprechbar oder bei vollem Bewusstsein, auf offener Straße wurde gedealt und verabreicht. Geschlafen wurde in den Häusereingängen oder in Tiefgaragen.“

Das Verhalten der Konsumenten habe sich geändert. Früher dominierte sedierendes Heroin die Szene, mittlerweile ist es aufputschendes Kokain. Auf lautes Geschrei habe die Freiburgerin irgendwann nicht mehr reagiert.

Seit der Eröffnung des neuen Rückzugsorts für Suchtkranke habe sich die Lage an der Rosastraße beruhigt. „Die Stadt hat schnell reagiert. Ich hoffe, dass das eine dauerhafte Lösung wird“, sagt sie.

Der Pergolaplatz sei seit dem Umzug verwaist. Auch in der aktiven Drogenszene kam der Ort nicht gut an. „Das Pissoir war ständig verstopft mit Spritzen und Papier“, sagt ein Mann auf dem Weg zur Stefan-Meier-Straße. Auch er findet den neuen Aufenthaltsort besser: „Viel mehr Platz.“

Fälle von Belästigung oder Hehlerei an den anliegenden Gewerbeschulen sind der Polizei dort nicht aktenkundig. Das Gebiet sei kein zweiter Hotspot für Kriminalität geworden. „Die Lage auf dem Schulgelände ist ziemlich ruhig,“ bestätigen Konrad Mollweide, Leiter der Richard-Fehrenbach- sowie Renate Storm, Leiterin an der Walther-Rathenau-Gewerbeschule. Zurückzuführen sei das auch auf einen engagierten Sicherheitsdienst am Abend.

Die AWO, Träger der Freiburger Drogenhilfe, hält sich bedeckt und möchte keine Fragen beantworten – aktuell wird ihre Arbeit vom Freiburger Rathaus evaluiert. Ob aus dem von Verwaltung, Polizei, Anwohnern und Suchtkranken favorisierten Provisorium an der Stefan-Meier-Straße eine dauerhafte Lösung wird, entscheidet der Freiburger Gemeinderat am 1. April. Was mit dem 2,2 Millionen Euro teuren Pergolaplatz beim Colombipark wird, ist offen.

 

Fotos: © Philip Thomas