Welturaufführung im Kommunalen Kino – Bodo Kaisers „Freiburger Meilenstein“ STADTGEPLAUDER | 27.09.2019 | Erika Weisser

Kartause Freiburg mit UWC

Dort, wo vor mehr als 100 Jahren der Pfarrer und Schriftsteller Heinrich Hansjakob in der Zurückgezogenheit des Klosters die meisten seiner mehr als 70 volks- und landeskundlichen Bücher über die Region am Oberrhein verfasste, herrscht heute reges Leben: Vor genau fünf Jahren, am 23. September 2014 wurde hier das United World College der Robert-Bosch-Stiftung eröffnet; seither leben und lernen hier 200 Jugendliche aus der ganzen Welt zusammen.

Zwischen 16 und 19 Jahre alt sind die jungen Menschen, die nicht nur aus aller Welt, sondern auch aus allen sozialen Schichten stammen. Und die in dieser in Deutschland bisher einzigen und in ihrer Art einmaligen Oberstufenschule in zwei Jahren eine weltweit anerkannte Hochschulberechtigung erlangen. Wobei es den Schulträgern, den Pädagogen und der Schulleitung nicht nur darum geht: Das auf den Prinzipien von Kurt Hahn basierende Bildungskonzept vereint internationale Verständigung, soziales Engagement und innovative Unterrichtsformen, die über das Klassenzimmer hinausgehen.

Voraussetzung für die Aufnahme ist lediglich Eignung und Begabung; Jugendlichen aus prekären Verhältnissen steht die Schule durch ein umfassendes Stipendienprogramm der Stiftung ebenso offen wie Kindern wohlhabender Familien: 70 Prozent der derzeitigen Schüler sind Stipendiaten. Durch das Zusammenleben mit Menschen aus vielen Kulturen und unterschiedlichen Gesellschaftsschichten in einem von Toleranz geprägten Umfeld sollen die Schüler  auf eine globalisierte Welt vorbereitet und befähigt werden, für deren Probleme Lösungen gemeinsam zu finden – auf der Grundlage von Völkerverständigung, Frieden, Gerechtigkeit, Ökologie und Nachhaltigkeit.

Dieses Konzept – und vor allem seine Umsetzung – hat den Freiburger Filmemacher Bodo Kaiser so sehr überzeugt, dass er jetzt einen Film über das im ehemaligen und inzwischen hochmodernisierten Kartäuserkloster untergebrachten UWC einen Film gedreht hat. Darin kommen Schülerinnen und Schüler zu Wort – nicht nur in Interviews, sondern auch während ihrer vielfältigen außerunterrichtlichen Tätigkeiten wie etwa der Pflege des alten Klostergartens, dem von Eva-Maria Schüle angelegten und gehegten Herzstück der Anlage.

Zu Wort kommen auch verschiedene Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulleiter Laurence Nodder, der in der allgemeinen und verbindlichen Unterrichts- und Umgangssprache Englisch mit großer Begeisterung von den Eleven und der Einrichtung erzählt.  Zu Wort kommt aber auch Historisches: Den zuweilen höchst unterhaltsamen und sehr anschaulichen Sequenzen über das Heute stellt Kaiser Aufnahmen gegenüber, in denen Joachim Scheck von „Vistatours“  vom Leben der Mönche und den Veränderungen erzählt, denen die Kartause im Laufe ihrer 700jährigen Geschichte unterworfen war.  

Der Film gibt einen ausgezeichneten Einblick in diese Geschichte, dokumentiert und verknüpft Vergangenheit und Gegenwart sehr schön miteinander – im Hinblick auf die  Zukunft, die dieser ungewöhnliche Ort und seine derzeitigen Bewohner möglicherweise vor sich haben. Etwa ein Jahr hat Bodo Kaiser daran gearbeitet. Dabei konnte er auf Aufnahmen zurückgreifen, die er bereits während der langwierigen Umbauzeit machte – damals allerdings mit einer ganz anderen Idee: Er wollte kritisch dokumentieren, wie „dieser wunderbare Ort durch bauliche Veränderungen zerstört“ werde, wie Großbaubauprojekte durch ihre Erdbewegungen „die Landschaft verschandeln“. Heute findet er, dass sich letztlich alles gut zusammengefügt hat – und dass das United World College „genau das richtige Projekt für Freiburg ist“.

Von der Mönchsklause zum UWC, Freiburg 2019
Idee, Regie, Kamera & Montage: Bodo Kaiser
Dokumentarfilm: 90 Minuten
Premiere im Kommunalen Kino: Mo, 30. September, 20 Uhr, mit anschließendem Filmgespräch mit dem Filmemacher
Weitere Vorstellung: Mi, 2. Oktober, 21:30 Uhr, auch im KoKi

https://www.koki-freiburg.de/freiburgerfenster

Foto: © Andreas Schwar