Selbstversuch: Jana Hamberger verzichtet zwei Wochen auf Süßes STADTGEPLAUDER | 16.10.2022 | Jana Hamberger

ein Paar teilt sich eine Pizza im Wohnzimmer

Satte 35 Kilo pro Jahr nehmen wir an freiem Zucker durchschnittlich zu uns. Zu viel – laut den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Was passiert, wenn man darauf verzichtet?Das wollte Jana Hamberger rausfinden. Sie hat fürs f79 zwei Wochen ohne Zucker gelebt – und dabei manche Überraschung erlebt.

In den sozialen Medien locken große Versprechungen: fitter und leistungsfähiger werden, ein ausbleibendes Mittagstief und ein geringeres Risiko an Diabetes oder Adipositas zu erkranken. Der Verzicht auf Industriezucker scheint eine super Sache. In der Buchhandlung meines Vertrauens reiht sich ein Zuckerfrei-Ratgeber an den anderen. Und auf Instagram gibt es zahlreiche zuckerfreie Inspiration. 

Ich probiere es für die nächsten zwei Wochen aus: Was bedeutet es, auf zugesetzten Zucker zu verzichten? Ich würde von mir behaupten, mich in meinem Alltag nicht allzu ungesund zu ernähren. Ich achte darauf, keine übermäßig gezuckerten Produkte zu mir zu nehmen, und Lebensmittel wie Fertigpizza kommen bei mir so gut wie nie auf den Tisch. Ich habe allerdings das Gefühl, dass zuckerfreie Ernährung mehr bedeutet, als nur auf Fast-Food zu verzichten. 

Das zeigt mir ein Blick auf die Inhaltsstoffe meiner Lebensmittel. In mir macht sich das Gefühl der Frustration breit. Ob in der Hafermilch, der Tomatensoße oder dem Frischkäse – Zucker ist fast überall enthalten. Bislang habe ich nie aktiv darauf geachtet, ob meiner Tomatensoße oder den Brotaufstrichen extra Zucker zugesetzt wurde. Ich wusste zwar, dass Fruchtsäften, Cornflakes oder Dosenobst fast immer Zucker zugesetzt wird, bei anderen Lebensmitteln war mir das aber nie so bewusst. 

Nach einiger Recherche weiß ich: Zuckerfreie Ernährung bedeutet nicht zwangsläufig, komplett auf jegliche vorkommende Zucker zu verzichten. Viele Menschen streichen ausschließlich den freien Zucker, auch als Industriezucker bekannt, aus ihrer Ernährung. Dieser wird Lebensmitteln künstlich beigesetzt. Ich beschließe, für mein Experiment darauf zu verzichten. Der in Lebensmitteln natürlich enthaltene Zucker hingegen ist in Ordnung. 

Jana Hamberger mit einer Kiste Obst und Gemüse

Viele unverarbeitete Lebensmittel sind nicht frei von Zucker. Obst enthält Fruchtzucker, auch Fruktose genannt, und bleibt ebenfalls auf meinem Speiseplan. Ich esse Obst deshalb weiterhin, da die darin enthaltenen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente wichtig sind und Fruktose, anders als Industriezucker, nicht zu einem sprunghaften Anstieg des Blutzuckerspiegels führt. 

Mein Alltag ohne Zucker: Tag Eins des Experiments startet mit dem Frühstück. Meine Porridge-Mischung hat den Zuckerfrei-Test überraschenderweise bestanden. Auch die Nüsse und das Obst kann ich wie gewohnt essen. Nur bei der Hafermilch bin ich auf die Version ohne Zuckerzusatz umgestiegen. Geschmacklich merke ich davon aber nichts. Das erste Frühstück war schon mal ein Erfolg. 

Im Laufe der ersten Tage merke ich aber, dass ein zuckerfreies Leben viel Planung bedarf. Normalerweise esse ich unter der Woche in der Uni-Mensa. Das ist nun nicht mehr möglich. Zwar erhalte ich Auskunft zu Allergenen und Zusatzstoffen im Essen, jedoch wird in der Mensa nicht explizit auf zuckerfreie Ernährung geachtet. So lecker sich die Gerichte auch anhören, für mich heißt es in den nächsten zwei Wochen, selbst Mitgebrachtes essen. Statt Soja-Bolognese oder Linsen mit Spätzle esse ich Couscous, einen Curry-Nudelsalat oder Sommerrollen mit Gemüse. 

Meine wichtigste Erkenntnis der ersten Tage: Den zugesetzten Zucker finde ich auf der Zutatenliste, den natürlich vorkommenden in den Nährwertangaben. Mit diesem Wissen im Hinterkopf geht es jetzt auch im Supermarkt um einiges schneller.

Das Essen schmeckt mir in diesen Wochen gut, aber die Organisation fällt mir oft schwer. Und ganz ehrlich: Teilweise nervt es mich auch. Wenn ich mit Freunden in der Stadt ein Eis essen oder im Café Kuchen essen gehen will, würde ich manchmal gern eine Ausnahme machen. Aber ich bleibe hart, ich will das Experiment schließlich ehrlich durchziehen.

Mir fällt aber auch auf, dass ich meine Ernährung nicht grundsätzlich umstellen muss, sondern lediglich auf die zuckerfreie Alternative ausweichen brauche. Mein Highlight der zwei Wochen: Datteln als Zuckerersatz sind super. Ich mische sie mir probeweise in meinen Frühstücks-Porridge und bin begeistert. Das werde ich auf jeden Fall beibehalten!  

Mein Fazit nach zwei Wochen: Der Selbstversuch fiel mir leichter als gedacht. Anfangs war es mit einigem Aufwand verbunden, die zuckerfreien Lebensmittel im Supermarkt aufzuspüren. Doch als ich den Dreh raus hatte, war auch der Einkauf kein Stressfaktor mehr. Körperlich ging es mir in den zwei Wochen super – mein Mittagstief ist tatsächlich verschwunden. Ob das ausschließlich an der zuckerfreien Ernährung lag, weiß ich nicht. Ich kann es mir aber durchaus vorstellen.  

Einiges werde ich auch weiterhin in meinem Alltag beibehalten. Die ungesüßte Hafermilch war für mich keine große Umstellung und wird weiterhin Platz in meinem Kühlschrank finden. Aufstriche, die ich bis jetzt im Supermarkt gekauft habe, möchte ich in Zukunft vermehrt selbst machen. Ein weiterer Nebeneffekt: Ich habe in den zwei Wochen viel mehr neue Rezepte und Gerichte ausprobiert und dadurch mein Repertoire erweitert. 

Das ein oder andere Stück Schokolade oder ein Eis in der Sommerhitze gehören für mich nach wie vor aber einfach dazu. In Zukunft möchte ich aber einen bewussteren Umgang damit pflegen. Ein kurzer Blick auf die Zutatenliste ist dabei schon die halbe Miete.

Fotos: © iStock.com/MilosDimic, privat