Neue Tarifverträge sollen Arbeitgeber attraktiver machen Politik & Wirtschaft | 22.05.2018 | Tanja Senn

Die Gewerkschaften greifen durch. Jüngster Verhandlungserfolg ist die Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst: Im Schnitt steigen die Gehälter in den nächsten zweieinhalb Jahren um 7,5 Prozent. Die Kommunen kostet das 7,5 Milliarden Euro.

Im Freiburger Rathaus zeigt man sich trotzdem zufrieden, denn die neuen Tarifverträge bringen auch einen Strukturwandel mit sich. So kämpfen die Gewerkschaften aktuell nicht einfach für mehr Gehalt, sondern vor allem gegen den Fachkräfte- und Azubi-Mangel.

Müllwerker, Erzieher oder Ingenieure: 2,3 Millionen Beschäftigte des Bundes und der Kommunen profitieren vom aktuellen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Über die gesamte Entgelttabelle hinweg gibt es ein durchschnittliches Gehaltsplus von 7,5 Prozent. Für die Kommunen wird das teuer: Allein in Freiburg fallen zusätzliche Kosten von 16,75 Millionen Euro an.

Gerechnet hatte das Finanzdezernat eigentlich nur mit einem Plus von 14,5 Millionen Euro. Die zusätzliche Million in diesem sowie die 1,25 Millionen im kommenden Jahr könne die Stadt allerdings gut verkraften, heißt es aus dem Haupt- und Personalamt. Meist plane die Stadt drei bis vier Millionen Euro Spielraum ein. Eine Gebührenerhöhung sei daher nicht nötig.

Stattdessen will die Stadt die Chance nutzen, sich attraktiver für Bewerber zu präsentieren. Denn der neue Tarif bringt auch strukturelle Veränderungen mit sich. So steigen durch den neuen Tarifabschluss die Einstiegsgehälter am stärksten: Sie werden bis 2020 um rund zehn Prozent angehoben. Der Einstieg für junge Beschäftigte wird damit lukrativer.

Auch für Fach- und Führungskräfte, Techniker, Ingenieure, IT-Fachleute und Beschäftigte in sozialen Berufen gibt es hohe Zuwächse. Der Tarifvertrag begünstigt damit vor allem die Bereiche, in denen der öffentliche Dienst die größten Personalprobleme hat. Durch das deutliche Plus soll die Konkurrenzfähigkeit gegenüber der freien Wirtschaft gesichert werden.

Auch das Friseurhandwerk in Baden-Württemberg ist momentan in Feierlaune: Nach zehn Jahren Stillstand sind die Gehälter für angestellte Friseure dank zweier neuer Tarifverträge im Mai zwischen 9,4 und 16,5 Prozent gestiegen. Vor allem Azubis profitieren von der Einigung, die Ver.di und der Fachverband Friseur- und Kosmetik Baden-Württemberg erreicht haben: Denn die erhalten zum September im Schnitt 30 Prozent mehr Geld. Wie auch im öffentlichen Dienst dürfen sich vor allem Berufsanfänger über eine prallere Lohntüte freuen. So steigt in der untersten Lohngruppe das Gehalt vom Mindestlohnniveau (8,84 Euro) in zwei Stufen auf zehn Euro pro Stunde.

Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) will Ver.di ebenfalls an die Gehälter der Azubis ran. Um 150 Euro pro Monat sollen die Vergütungen steigen. Für die anderen Beschäftigten will die Gewerkschaft ein Plus von 7,5 Prozent und eine Mindestanhebung um 200 Euro. Um den Druck zu erhöhen, gab es in Südbaden bereits erste Warnstreiks.

Die hatte es auch in der Bau-Branche gegeben. Doch nun haben die Vertreter von Arbeitgebern und IG Bau nach einem Schlichterspruch einem Kompromiss zugestimmt: So sollen die Beschäftigten im Westen rückwirkend zum 1. Mai eine Lohnerhöhung um 5,7 Prozent erhalten. Ein Plus, das dringend nötig ist, meint Lukas Oßwald, Bezirksvorsitzender der IG BAU Südbaden. Denn: Mitten im Bauboom herrsche in Freiburg eine „Azubi-Ebbe“. So sei es höchste Zeit, die Jobs auf dem Bau attraktiver zu machen, fordert der Bezirkschef: „Das fängt bei der Lohntüte an. Und das hört da auf, wo jungen Menschen die Perspektive von einer modernen Job-Zukunft auf der Baustelle gegeben werden muss.“

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