Das „bierernste“ chilli-Horoskop: Die Finanz-Edition von Hobby-Astronaut Philip Thomas 4Literatur & Kolumnen | 11.10.2024 | Philip Thomas

Vor lauter Scheinen sieht chilli-Orakel Philip Thomas schon Sterne. Nach mehr oder weniger fokussiertem Studium der Himmelskörper verrät er, wie es um unsere Zukunft so steht.
Fast jeder Fünfte in Deutschland hält mindestens eine Aktie. Kein Wunder: Deine Eltern konnten ihr Geld noch auf die Bank bringen und den Scheinen beim Wachsen zusehen. Wer heute ein Sparbuch eröffnet, bekommt nicht mal ein Prozent Zinsen. Dagegen steht eine Inflationsrate von mehr als zwei Prozent. Du verlierst also auch Geld, wenn du nicht zockst.
Charme kann man nicht kaufen. Und niemand ist vor dir sicher: Die hübsche Kassiererin im Supermarkt, die Dame am Kiosk, auch dem Bibliothekar zwinkerst du gerne mal zu. Bei der Lady hinter dem Bank-Schalter beißt du dir allerdings die Zähne aus. Mit einer Person zu flirten, die deinen Kontostand kennt, ist auf jeden Fall was für Profis.
Eigentlich bist du nicht materialistisch und am schnöden Mammon liegt dir nichts. Du hast eben bloß ein Faible für Uhren aus der Schweiz, Sportwagen aus Italien und Steaks aus Argentinien. Aber Geld ist nicht alles im Leben. Manchmal braucht man nämlich auch Gold und Wertpapiere.
Mit Bitcoin millionenfach echte Euro zu scheffeln, hat bei dir leider nicht funktioniert. Nun verkaufst du deine Hypothek an irgendeinen Trader aus China. Der und 20 andere Fondsgesellschaften schließen jetzt Wetten darauf ab, ob du deine Schulden begleichen wirst. Das Finanzsystem ist dann doch etwas komplizierter, als du dachtest.
Hin und her macht Taschen leer. Der Markt hat immer Recht. Greife nie in ein fallendes Messer – Börsenweisheiten gibt es viele. Dein Favorit unter den Anlegerweisheiten: Ein Börsencrash ist schlimmer als eine Scheidung. Du verlierst die Hälfte deines Vermögens – aber dein Partner ist hinterher noch da.
Seit du den dicken Kredit aufgenommen hast, sitzt du auf einem hohen Schuldenberg. Und der wirft einen langen Schatten auf deine Psyche. Immerhin fragst du dich schon Dinge wie: Da du technisch gesehen weniger als gar kein Geld hast – kannst du dir dann nicht mal mehr kostenlose Dinge leisten?
„Wenn sie kein Brot haben, sollen sie Kuchen essen!“ Dieser Satz wird heute noch Marie-Antoinette angedichtet. Ob die letzte französische Königin vor der Französischen Revolution diesen Spruch wirklich gesagt hat, sei mal dahingestellt. Heute müsste er aber lauten: „Wenn sie keine Rente bekommen, sollen sie Aktien kaufen!“
Nachdem deine Aktien mittlerweile in Euro-Shops zwischen Socken, Hüten, Zahnstochern und Kerzen gehandelt werden, bist du gelinde gesagt knapp bei Kasse. Aufs Traden verzichten möchtest du allerdings nicht. Kann man eigentlich mit Minusbeiträgen handeln? Und sind das diese Shorts, von denen alle reden?
Donald Trump, René Benko, Elizabeth Holmes. In der Finanzwelt gilt oft mehr Schein als Sein. Du bist wenigstens ehrlich, genießt dafür in der Finanzwelt aber auch nicht den allerbesten Ruf: Hinter vorgehaltener Hand nennen deine Partner dein Konto IBAN der Schreckliche und Panic at the Dispo.
Gleich geht’s zur Bank, eine nicht unerhebliche Summe Geld abheben. Du bist ein bisschen aufgeregt, aber immerhin bist du dem Anlass entsprechend gekleidet. Noch ein letzter Check: Hemd und Hose sitzen perfekt. Aber um ein Haar hättest du den Strumpf falsch herum über den Kopf gezogen.
Würdest du sagen, dass du Wert auf die Sicherheit deines Vermögens legst? Ja? Aber ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass dein WLAN-Passwort satte 16 Stellen hat? Und der Login für deine Online-Games? Und dein Handy-Pin mindestens sechs? Während deine Geldkarte nur mit vier Zahlen gesichert ist?
In Zeiten steigender Preise wächst auch der Unmut in der Bevölkerung über Börsen, Kreditinstitute und eben alles, was damit zu tun hat. Du willst an dieser Stelle mal eine Lanze für die Anzugträger brechen, persönlich haben die dir nämlich nix getan. Und es heißt „Bankberater“ – nicht „Finanzwesen“, verdammt noch mal!
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